Wurden Sie schon einmal von einer fleischfressenden Pflanze hinter die Fichte geführt? Oder hat Sie ein Guerilla-Gärtner mit allerhand Wissen bombardiert? Wenn nicht, dann aber ab in die Botanik! Denn der jüngste Grenzgang des Theaters der Jungen Welt (TdJW) führt geradewegs in Leipzigs Großstadtdschungel und beendet stilecht die Spielzeit (Motto: »Alles wächst?!«).
Allein die Kulisse ist sehenswert. Wer es immer noch nicht in den Botanischen Garten der Uni – trotz Citylage und freiem Eintritt – geschafft hat, der hat nun einen Grund mehr. Zwischen systematischer und geografischer Abteilung, in Gewächs- und Schmetterlingshäusern inszeniert das TdJW (Regie: Jürgen Zielinski) eine vielfarbige Stationenrevue. Von der Geburt das Gartenzwergs aus dem Geist Thüringens ist da zu erfahren und warum Adam nach dem Ausgang aus dem Paradies auch Fleisch essen durfte. Allerhand Ängste werden vorgeführt, ein Drogenrausch zieht als überzogene Tanznummer vorbei, depressive Pflanzen zittern wie Espenlaub unter den Blicken der Besucher. Und jeden Abend wartet ein neuer Überraschungsgast auf die Besucher. Burkhard Jung trat zur Premiere mit Klampfe auf, zwei Stunden später verweigerte sich Parzival dem Talk. Dafür drängte sich ein dahergelaufener Trinker auf die Bühne und konterkarierte mit gelallten Forderungen der Leistungsgesellschaft, Wachstumsimperativen und neoliberalen Neologismen den Zeitgeist.
Die TdJW-Idee, sich andere Orte für spezielle Inszenierungen zu suchen, geht auch in diesem Jahr auf. Skurrile Szenen spielen sich zwischen herrlichen Floravertretern ab und fügen sich zum wild wuchernden Pflanzenquatsch zusammen. Im nächsten Jahr wird das Sommertheater mit dem jüdischen Kultur- und Begegnungszentrum Ariowitsch-Haus einen neuen besonderen Ort bespielen.