anzeige
anzeige
Filmkritik

Der Krieg ist hier

Zwei Filmemacher beleuchten die Rolle Leipzigs im Afghanistankrieg

  Der Krieg ist hier | Zwei Filmemacher beleuchten die Rolle Leipzigs im Afghanistankrieg

Der Dokumentarfilm »Deutschland is a good country« beleuchtet die Heimatfront des deutschen Einsatzes in Afghanistan. Im Zentrum des Films stehen Soldatenfamilien und afghanische Flüchtlinge. Am Freitag feiert er seine Premiere in Leipzig.

Es ist ein Jahr her, dass Bundespräsident Gauck eine »gewisse Ignoranz« der deutschen Zivilbevölkerung gegenüber dem Schicksal der Soldaten in Afghanistan beklagte. Nicht nur diese Neigung zum »Nicht-wissen-Wollen« nahmen die Dokumentarfilmerin Nina Mair und der Psychologe Robert Jahn zum Anlass, einen Doku-Streifen über die verdrängte Heimatfront zu inszenieren: »Für die meisten Menschen hier spielt der Krieg in Afghanistan im täglichen Leben keine Rolle, also waren wir Dutzende Male in der Leipziger Kaserne und an anderen Bundeswehrstandorten«, erzählen die Filmemacher.

Dabei zeichnet ihr unter anderem aus diesen Besuchen entstandener Dokumentarfilm »Deutschland is a good country« das Leben von vier Menschen am und im Frontabschnitt Leipzig nach. Die in der Stadt stationierte 13. Panzergrenadierdivision war mehrmals Leitverband des deutschen Einsatzes. »Überdurchschnittlich viele Soldaten, die dort im Einsatz sind, kommen aus Ostdeutschland. Gleichzeitig ist Leipzig für Flüchtlinge aus Afghanistan, die auf dem Landweg kommen, einer der zentralen Knotenpunkte«, sagt Jahn. Beiden Filmemachern sei es ein zentrales Anliegen, »Soldatenfamilien und Flüchtlinge ins Rampenlicht zu stellen«. Nina Mair führte die Kamera, Robert Jahn übernahm den Ton, die Regie wurde geteilt.

Mit harten Schnitten wird eingestiegen und gewechselt zwischen Wohnzimmern und Flughafengetümmel. Sonja und ihre Familie skypen mit Angehörigen in Afghanistan. Susann aus Leipzig-Meusdorf macht sich Sorgen um ihren Sohn. Zahoor ist Waise. Naemi bangt um ihren Mann. Der tröstet sie damit, dass in Afghanistan nur das Essen schlecht ist. Während Naemi und Susann auf ihre Angehörigen warten und sich mit Gartenarbeit oder Hochzeitsvorbereitungen ablenken, kämpfen Zahoor und Sonja mit den Fallstricken der Justiz. Sie deuten die bürgerliche Freiheit als Versprechen, nur werden ihre Vorstellungswelten vom Menschenglück durch die Wirklichkeit der Amtsgänge in die Georg-Schumann-Straße befleckt.

Dieses Kaleidoskop im Rahmen von Hoffen und Harren wurde vor allem durch die intime Arbeitsatmosphäre ermöglicht. Ob nun körperliche Unversehrtheit versus Eingewöhnungsschwierigkeiten, das Glück des Lebens versus bürokratische Tortur – Mair und Jahn sind nicht nur dabei, sondern tauchen in das Leben der Betroffenen ein und werden für eine gewisse Zeit Teil ihrer Gemeinschaft. Dadurch ist kein Film gegen den Krieg entstanden, sondern ein Film, der zeigt: Der Krieg ist hier.


Kommentieren


0 Kommentar(e)