»Du visualisierst den puren Sex«, sagt Lara, die Azubine aus der Küche, zu Clemens, dem Masseur-Nachwuchs. Beide arbeiten in einem Luxushotel in Strandnähe. Die Gäste sind alte Leute. Wenn sie schlafen, ist der Massage-Bereich frei. Das kann man doch nutzen. Oder den freien Pool, schadet ja keinem, eigentlich.
Im Spa werden die Gäste massiert, dabei wird überschüssige Energie weggeschaufelt. Außer im Genitalbereich: Da ist die überschüssige Energie kein Thema. Einsame Herzen versuchen wohl deshalb, die Massage auszudehnen. Zwischen den Schichten gehen Lara und Clemens am Strand spazieren oder ziehen sich in irgendwelche Abstellkammern des Hotels zurück. Denn gute Stimmung entsteht, wenn sie durch Reibung aufgeladen wird. Sie macht ihm Fleisch, er isst aber keins. Er massiert sie und sie mag es. Dann führen sie ernsthafte Gespräche über den Unterschied zwischen Fleisch- und Blutpenis, während die Küche im Dunkeln liegt, spielen unerwachsene Doktorspielchen in der Kühlkammer, jagen sich nackt mit gefrorenem Fleisch durch die Gänge.
Hier knallt Aggression auf Leidenschaft, Unsicherheit lässt den einen still werden, die andere laut. Er versucht ein bisschen Esoterik-Kram, als er sich Sorgen macht wegen der Erkenntnis, dass vom Kochwein manchmal das meiste in den Koch reingeht. Also erzählt er rum, dass sie ein Alkoholproblem hat. Sie versucht, den Spieß umzudrehen, doch für Psychospielchen scheinen beide nicht gemacht. Denn: Das Schöne am Strand ist, dass man sich mit Sand bewerfen kann.
Das Team um Regisseur Jakob Lass hat gemäß des Fogma-Prinzips gearbeitet (ja, die begriffliche Ähnlichkeit mit dem dänischen Dogma ist beabsichtigt), welches unter anderem bedeutet, dass an einen Film semi-dokumentarisch und dennoch narrativ herangegangen wird. Die Schauspieler hatten so viel Freiheit wie möglich, es war nicht vorher festgelegt, wer wann wo steht, was gesagt und wie dabei die Arme gehalten werden. Das nennt sich Reduktion, und zwar Reduktion der Konzeption im Vorfeld. Ebenfalls zur Freiheit trägt bei, dass an Originalschauplätzen gedreht wurde. Das heißt einerseits, dass ein Luxushotel die Kulisse bildet und kein Studio, aber auch, dass einige der Akteure da gerade tatsächlich einen Hotelbetrieb aufrechtzuerhalten versuchen, sich sozusagen selber spielen im kollegialen Miteinander eines Hotelbetriebs, der vor allem harte Arbeit und professionelle Grenzziehungen bedeutet. Reduktion heißt auch, dass Maske und Scheinwerfer fehlen und dass die Dialoge ebenfalls improvisiert wurden. Dieser fast-dokumentarische und gleichzeitig Fantasie und Improvisationskunst verlangende Zugang sorgt für einige Wendungen, die auch die Beteiligten selber überrascht haben dürften. Vielleicht hat »Love Steaks« deshalb schon so manchen Festivalpreis abgeräumt.