Die Tour International Danubien (TID) führt über 2.500 Kilometer die Donau entlang. Der Leipziger Historiker Daniel Weißbrodt ist mitgefahren und hat einen Dokumentarfilm daraus gemacht.
kreuzer: Wie fühlen sich 2.500 Kilometer Paddeltour in den Armen an?
DANIEL WEISSBRODT: Das geht eigentlich, anfangs hat die Donau doch noch gut Strömung. Es gibt zwar am Anfang recht viele Schleusen und dazwischen steht das Wasser, aber insgesamt fließt es da gut. Man kommt also rein und die Tagesetappen von durchschnittlich 50 Kilometern sind auch nicht so lang, dass man da völlig groggy ankommt. Und man baut auch Muskeln auf.
kreuzer: Was trieb Sie an, die Donau in elf Wochen zu befahren?
WEISSBRODT: Ich bin die Donau schon einmal gefahren, aber in drei Etappen. Das hat sich so ergeben. Ich habe einfach angefangen und bin bis Budapest gekommen. Das nächste Mal bin ich bis Bulgarien weitergefahren und im dritten Jahr ans Meer.
kreuzer: Sie waren also vorher schon ein begeisterter Kanute?
WEISSBRODT: Überhaupt nicht. Ich habe auf dem Dachboden ein altes Faltboot gefunden. Und da dachte ich mir: Boot, Sommer, Urlaub, das ist eine gute Mischung. Die Donau habe ich gewählt, weil ich mich sowieso für Osteuropa interessiere und gern dort bin. Die Donau ist für mich der exotischste Fluss der Welt, kein anderer hat zehn Anrainerstaaten. Dann hatte ich von der TID gehört, die seit 1969 über den Eisernen Vorhang hinwegfahren. Die ignorierten den einfach. Das reizte mich und auch, als Gruppe unterwegs zu sein.
[caption id="attachment_35697" align="alignleft" width="195"] Daniel Weißbrodt[/caption]
kreuzer: Und die Kamera haben Sie einfach mitgenommen?
WEISSBRODT: Ich dachte, das könnte ein schöner Film werden. Da habe ich die Teilnehmer angeschrieben und gefragt, wer Lust hat, vor der Kamera zu erscheinen. Und mit denen, die sich das vorstellen konnten, habe ich unterwegs, mit den meisten erst ab Kilometer 1.000, Interviews geführt. Die mussten mich ja auch erst einmal kennenlernen. Das hat dann gut geklappt.
kreuzer: Sie hatten vorher schon Filmerfahrung?
WEISSBRODT: Überhaupt nicht. Aber ich wollte das mal ausprobieren. Ob ich das schaffe, war natürlich unklar.
WEISSBRODT: Ich wollte irgendwie das Gefühl dieser Reise vermitteln, habe daher viele Detailaufnahmen und schöne Landschaftsbilder gesucht. Für die Kanuperspektive habe ich die Kamera vorn aufgeschraubt. So sind 42 Stunden Material zusammengekommen. Beim Schneiden bin ich der Dramaturgie von Texten gefolgt. Ich habe aber auch mit einer befreundeten Dramaturgin gesprochen, mich an Filmästhetiken orientiert und viel Fachliteratur gelesen, um nicht jeden Anfängerfehler zu machen.
kreuzer: Warum haben Sie auf einen Sprecher aus dem Off verzichtet?
WEISSBRODT: Ich wollte die Interviews nicht kommentieren oder konterkarieren, sondern sie für sich stehen lassen. Stattdessen setzte ich auf Musik als Stilmittel.
kreuzer: Die ist ja – zwischen sphärischem Pop und Folk – ein wesentlicher Protagonist. Wie haben Sie diese ausgewählt?
WEISSBRODT: Teilweise sind es Originalaufnahmen aus Serbien und Bulgarien. Die TID ist in einigen Orten eine Tradition. Und da gibt es dann einen Empfang mit Dorfbürgermeister und Kulturprogramm. Je weiter südlich man kommt, desto besser wird nicht nur das Essen, sondern auch das Programm, es ist lebendiger und bunter. In Österreich gibt eher Blasmusik und Schnitzel. Die andere Musik habe ich nach persönlichem Geschmack ausgewählt und Musiker gezielt angeschrieben.
kreuzer: Sie sind eigentlich Wissenschaftler. Wie kommt man dazu, das auszusetzen und zu sagen, jetzt mache eine Reisedokumentation? Das klingt schon etwas wahnsinnig.
WEISSBRODT: Das freut mich zu hören. Ich habe bis letztes Jahr im Mai an einer Edition gearbeitet. Die Gelder bei diesem Drittmittelprojekt liefen aus und ich dachte mir, einen so langen freien Sommer bekomme ich nie wieder, und habe einen Gründerzuschuss beantragt. Anfang dieses Jahres habe ich dann eine Crowdfunding-Aktion gestartet, um die Zeit bis zur Premiere für Schnitt et cetera zu finanzieren. Das hat gut funktioniert.
kreuzer: Randnotiz: Warum ist die Durchfahrt durchs Dreiflüsse-Eck Passau nicht zu sehen, die ein Reisender im Film als schönste Stelle beschreibt?
WEISSBRODT: Das wollte ich ja. Ich bin 2013 erst kurz hinter Passau eingestiegen und habe die deutsche Etappe in diesem Jahr nachholen wollen. Das Problem ist nur, ich bin insgesamt 4.600 Kilometer auf der Donau gefahren, und alles ohne Probleme. Aber nach 500 Metern Regensburg hat es mich ausgehebelt. Ich bin gekentert, die Kamera war kaputt. Die Steinerne Brücke ist aber auch ein fieses Ding – und ich hatte viel Publikum. Leider habe ich bei Youtube & Co. keinen Clip mit meinem Kentern gefunden.