Reinhard Rade setzt sich am Landgericht gegen NoLegida durch – die Facebookseite muss zwei Behauptungen über den politisch rechts eingestellten Unternehmer zurücknehmen. An der tiefbraunen Weste des Mannes ändert das wenig, wie eine kurze Google-Suche zeigt.
Das Ärgerliche gleich vorweg: Hätte der Kläger alle Beweise direkt vorgelegt, der Gerichtstermin wäre überflüssig gewesen. Aber vielleicht ging es den Herrschaften ja auch nur darum, auch mal zu gewinnen, Stärke zu beweisen.
Montagmorgen, 10 Uhr, Landgericht Leipzig, Zivilkammer: Marcel Nowicki und sein Anwalt Jürgen Kasek wollen erreichen, dass ein inzwischen gelöschter Text auf der Facebook-Seite von NoLegida wieder gezeigt werden darf. Hauptperson in diesem Post: Bauunternehmer Reinhard Rade, geboren 1964 in Innsbruck, Österreich. Mit der Wiedervereinigung kam der damals 26-Jährige nach Leipzig, um hier neue Sektionen der rechtsnationalen Partei Die Republikaner aufzubauen. Bei späteren Montagsdemonstrationen wurde er laut NoLegda im sogenannten braunen Block gesehen, zusammen mit Neonazis und Skinheads.
Wie so viele verschwunden geglaubte Rechtsextreme aus der Wendezeit tauchte auch Rade jüngst bei Legida wieder auf. Auf einem Video ist zu sehen, wie er energisch auf Polizisten einredet, direkt neben ihm stehen Legida-Anmelder Markus Johnke und Schatzmeister Arndt Hohnstädter. NoLegida bemerkt das prominente Gesicht in dem Film und widmet ihm einen kurzen Eintrag, garniert mit einigen der reichlich zu findenden Quellen über den Neurechten.
Von Anwalt Hohnstädter lässt sich Rade auch an diesem Montag vor Gericht vertreten. Per einstweiliger Verfügung haben der Unternehmer und sein Rechtsbeistand bereits erreicht, dass der fragliche Beitrag von der Facebookseite genommen wurde. Dagegen haben Nowicki und Kasek Widerspruch eingelegt. Für die getätigten Aussagen gibt es eigentlich reichlich Belege im Netz, darunter einen Beitrag der Zeitung Neues Deutschland aus dem Jahr 2013.
Rade, der persönlich erschienen ist, kommt schnell zur Sache. Mit seinem immer noch österreichisch klingenden Dialekt zählt er auf, welche Unterlassungserklärungen er schon gegen wen erwirkt hat. Es sind einige, auch das Neue Deutschland ist darunter. Rade klappt einen seiner Ordner auf und reicht ein Stück Papier an die Vorsitzende Richterin, darauf die Erklärung des ND, man werde nicht wiederholen, worauf sich NoLegida jetzt berufen hatte. Weil er das aber beim Briefwechsel vor dem Prozess nicht mitgeteilt hat, sind Nowicki und Kasek jetzt überrascht. Nach nicht einmal zwanzig Minuten ist das Verfahren vorbei. NoLegida muss den Widerspruch zurückziehen, der Bauunternehmer hat gewonnen.
Was dieser kleine Triumph am Montagmorgen nützt, ist allerdings fraglich. Wesentlich weißer ist die augenscheinlich braune Weste des Mannes dadurch nicht geworden. Eine kurze Google-Recherche mit dem Namen Reinhard Rade fördert eine ganze Liste antifaschistischer Artikel zu Tage. In denen werden ihm diverse Verstrickungen mit der teilweise militanten Neonazi-Szene unterstellt. Aber auch Nowicki nimmt die Niederlage sportlich. Kurz nach dem Gerichtstermin ist der fragliche Artikel wieder auf der Facebookseite, bereinigt um die beiden zu unterlassenden Behauptungen. An der generellen Aussage hat sich freilich nichts geändert.