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Politik

Keine Schule auf der Focke80

Stadträte votieren für langfristigen Nutzungsvertrag mit Wagenplatzkollektiv

  Keine Schule auf der Focke80 | Stadträte votieren für langfristigen Nutzungsvertrag mit Wagenplatzkollektiv

Die CDU-Stadträte wollten den Wagenplatz Fockestraße loswerden und auf dem Grundstück eine Schule bauen lassen. Stattdessen bekommen die Wagenbewohner nun einen Nutzungsvertrag. Das Protokoll einer Blamage.

Die Gelegenheit schien günstig: Seit Jahren wollen Leipzigs Christdemokraten den Wagenplatz an der Fockestraße 80 loswerden. Nach den Krawallen in der Südvorstadt am 12. Dezember witterten die Konservativen eine Chance und nahmen im Stadtrat einen neuen Anlauf, die Weichen auf Räumung der Fläche zu stellen. Die Idee: Weil im Süden akuter Bedarf an neuen Schulen besteht, könnte man doch Eltern und Wagenbewohner gegeneinander ausspielen. Oberbürgermeister Burkhard Jung sollte also per Antrag dazu gezwungen werden, auf dem Gelände den Bau einer Schule zu starten.

Der Ratsplenarsaal im Neuen Rathaus am Mittwoch: Das Gremium testet heute ein neues Gerät. Mit einer Art Fernbedienung können die Ratsmitglieder ab sofort elektronisch abstimmen, so ist das Ergebnis immer genau und liegt viel schneller vor. Der CDU-Antrag ist einer der ersten, der auf diese Weise abgestimmt wird. Doch zunächst folgt die Debatte.

»Die Wagenburg hat unsere Solidarität erhalten, nun müssen wir sie zurückfordern«, argumentiert Ratsmitglied Michael Weikert und meint damit: Die Platzbewohner sollen sich ein neues Zuhause suchen und Platz für eine Schule machen. »Gerade im Süden brauchen wir grundsätzlich jede Möglichkeit zur Wahrung unserer Pflichtausgaben. Wagenburgen sind keine Pflichtaufgabe der Kommune.« Allerdings hat die CDU-Fraktion die Sache offenbar nicht ganz durchdacht: Ein Teil der Fläche ist offiziell als Überschwemmungsland ausgewiesen. Klettert der Pegel der Pleiße bei starken Regenfällen im Frühjahr, steht schnell Wasser auf dem Grundstück. »Die untere Wasserbehörde würde den Bau also gar nicht erlauben«, klärt Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos) auf.

Die Ämter zählen in einem Kommentar zum Antrag noch weitere Probleme auf: Etwa sei das Areal für das im Süden dringend benötigte Gymnasium viel zu klein. Würde stattdessen eine Oberschule gebaut, müssten die Schüler immer noch mit dem Lärm der nahen vierspurigen Bundesstraße zurechtkommen. An den öffentlichen Nahverkehr hingegen besteht kaum eine Anbindung. Zu Fuß sind es knapp zehn Minuten zur nächsten Haltestelle (Buslinie 89). Kurz und gut: Ein Schulbau ist hier quasi ausgeschlossen.

Aber der CDU geht es auch um etwas anders und das wird am Schluss von Weikerts Rede deutlich: »Baurechtliche Verstöße dürfen nicht als Bagatelle gehandhabt werden, und am Ende setzt man sich wieder zu Kaffee und Kuchen zusammen«, sagt er in Richtung Oberbürgermeister und wirft damit gekonnt alles in einen Topf. Kaffee und Kuchen – das war bei der Besetzung der Führerscheinstelle. Da ging es um ein »Social Center für alle« und Jung sprach mit den Besetzern, um sie zur friedlichen Beendigung ihrer Aktion zu überreden. Was die baurechtlichen Verstöße angeht, sind wohl die jüngsten Aktivitäten des Liegenschaftsamtes gemeint, das im Sommer auf dem Wagenplatz stehende Gebäude abreißen und so Flächen entsiegeln wollte. Doch da hat sich Weikert auf schwieriges Terrain begeben.

SPD-Stadtrat Christopher Zenker rückte die schiefen Vergleiche gerade. Erstens: Die Fockestraße 80 wurde nicht besetzt, sondern den Wagenbewohnern von der Stadt aus zugewiesen. Die bemühten sich beim zuständigen Liegenschaftsamt um einen Nutzungsvertrag, der dann auch den rechtlichen Rahmen gesteckt hätte. Das dem Ressort von Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) zugeordnete Amt allerdings rührte sich nicht, antwortete nicht auf Anfragen und ließ die Verhandlungen einfach brach liegen. Die von der CDU beklagten Missstände rund um den Platz gehen also peinlicherweise auch noch auf das eigene Konto.

Ende vom Lied: Der Stadtrat verwarf das CDU-Ansinnen. Stattdessen beantragte Juliane Nagel (Linke), das Liegenschaftsamt möge doch einen langfristigen Nutzungsvertrag mit dem Wagenplatz aushandeln. Sollte die Stadt das Grundstück dann in ferner Zukunft doch noch irgendwie für dringende kommunale Aufgaben brauchen, soll die Kommune den Wagenbewohnern dabei helfen, eine neue Fläche zu finden. Vorhang auf für die neue Abstimmungstechnik: Mit 42 Ja-Stimmen von Linken, SPD und Grünen, gegen 21 mal Nein von CDU, AfD und Fraktionslosen angenommen.


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