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Sport

Fußball ist politisch

Buch und Ausstellung über die gesellschaftspolitischen Ausmaße des Fußballs

  Fußball ist politisch | Buch und Ausstellung über die gesellschaftspolitischen Ausmaße des Fußballs

Im Herbst erschien das Buch »Gesellschaftsspielchen« von Ronny Blaschke, in dem er nach der gesellschaftspolitischen Verantwortung des Fußballs fragt. Denn die Sportart benötigt keine passiven Eventfans, sondern eine große Aufmerksamkeit gegenüber engagierten Projekten, wie auch die Ausstellung »Strafraum Sachsen 2.0. Fußball zwischen Ressentiment und Integration« zeigt.

Fußball bildet bekanntermaßen die Gesellschaft ab. Daher besitzen Vereine eine nicht zu unterschätzende Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und sollten Fans nicht als zu kontrollierende Masse abtun, die sich lediglich im Fanshop austoben darf.

Engagierter Fußball

Mit der Nachhaltigkeit von Fußball und den darum herum existierenden Strukturen setzt sich Ronny Blaschke in seinem Buch »Gesellschaftsspielchen« auseinander. Der Autor von Büchern wie »Angriff von Rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen« oder »Versteckspieler. Die Geschichte des schwulen Fußballers Marc Urban« führte drei Jahre lang achtzig Interviews mit Akteuren und Initiativen, die sich unter anderem mit Integration, Klimaschutz und der Gleichberechtigung der Frau auseinandersetzen.

Er beschreibt »wirkungsvolle Ansätze« und »konstruktive Projekte, die den Kern des Sports verändern können«. Dafür studierte Blaschke die Zahlen zur Wirtschaftssituation der Bundesliga, die Broschüren des Deutschen Fußball-Bundes wie auch Menschen im Ehrenamt, die die Sportart und die Fußballkultur im Kleinen mit großer Wirkung organisieren.

Er interviewte Per Mertesacker über dessen Stiftung, die sich um die soziale Integration von Kindern kümmert. Auch mit Dietmar Hopp sprach er und war überrascht, wie bescheiden der Mäzen der TSG 1899 Hoffenheim – im Unterschied zu seinem in den Medien gezeigten Abbild – auftrat. Hopp fordert beispielsweise, dass jeder Bundesligaverein mindestens drei Prozent seines Jahresumsatzes für soziale Initiativen ausgeben muss, um eine Lizenz zu erhalten.

So zeigt Blaschke in seinem Buch deutlich auf, dass eine bloße konsumistische Haltung im Fußball nicht sehr zeitgemäß ist.

Feind und Freund in Sachsen

Die Initiative für mehr gesellschaftliche Verantwortung im Breitensport-Fußball stellte unterdessen eine engagierte Ausstellung auf die Beine: »Strafraum Sachsen 2.0. Fußball zwischen Ressentiment und Integration« war letzte Woche im Werk 2 und ist nun bis Freitag im Hörsaalgebäude am Augustusplatz zu sehen.

Es handelt sich dabei um die zweite Ausgabe nach 2010, die anhand von inhaltlichen Schwerpunkten den Amateur- und Profifußball vorstellt. Zu den beleuchteten Facetten gehören: Sexismus, Homophobie, Rassismus, Antisemitismus, Neonazismus und Rechtspopulismus.

Weitere Tafeln erklären einzelne Projekte wie United FC Leipzig oder Fußballfans gegen Homophobie. Ziel der Initiative wie der Ausstellung ist es, den Spaß am Fußball »unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung« aufrecht zu erhalten und da herrscht bei all den positiven Veränderungen in den letzten Jahren noch Luft nach oben.

So erklärte die Demokratietrainerin beim Landessportbund Heike Säuberlich zur Auftaktveranstaltung am vergangenen Dienstag, dass Stigmatisierungen von Frauen im Fußball nach wie vor auf der Tagesordnung stehen und freute sich daher um so mehr, dass die Initiative »Kicking Girls« an drei Standorten im Leipziger Westen und Osten startete. Dabei spielen Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund unter der Anleitung von Trainerinnen Fußball.

Ebenfalls auf der Veranstaltung war zu erfahren, dass von den 84 Fußballvereinen in Leipzig derzeit 30 integrativ arbeiten. Allerdings bedarf es noch mehr Vereine, denn wie im »Sportprogramm 2024 für die Stadt Leipzig« geschrieben steht: »In der Willkommens- und Aufnahmekultur spielen die Sportvereine als lebendiges Sozialsystem, als institutionelle Garanten, als zivilgesellschaftliche Gruppe und als Schule der Demokratie eine zentrale Rolle.« Und das gelingt nicht nur mit viel gutem Willen. 


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