Der Eingang zu »Le Petit Franz« in der Merseburger Straße wirkt so unscheinbar, dass man ihn leicht übersieht. Und doch lohnt es sich, diesen kleinen Laden zu entdecken, vor allem für Freunde französischer Lebensart.
Café – Vin – Épicerie steht auf dem Fenster. Innen fallen eine aufgemöbelte Tür, ein kleiner Holztresen, Feinkost- und Weinregale auf. Als ich da so sitze und Madame mit dem hochgesteckten Haar herbeischwebt, scheint das Leben draußen wie in einer Gasse in Lyon.
Die Frühstückszeit ist vorbei. Statt Baguettes mit Ziegenkäse und Honig oder Buttercroissants zu bestellen, sehe ich auf der Karte nach, was es sonst noch gibt: Salate und belegte Baguettes zum Beispiel, auch Käse- und Schinkenplatten oder eine Mischung aus beiden. Es gibt hier zwar keine offene Küche im Raum, aber die Tür zu ihr steht offen. Und so kann ich sehen, wie sie für meinen Salade des pommes de terre Pellkartoffeln und gekochtes Ei kleinschneidet, mariniert, alles vorsichtig mit Schinkenwürfeln und Cornichonscheiben mischt und dann in einem Schälchen zusammen mit getoasteten Baguettescheiben serviert. Das Dressing ist mit Dijonsenf gewürzt und schmeckt ausgezeichnet. Beim Warten auf das Essen entdecke ich Pâtés, Terrinen und Tapenaden, Oliven-, Walnuss- und Trüffelöl, auch Essige, Fleur du Sel, Schokoladentrüffel, Biscuits, Konfitüren und Honige, dazu Käse und Saucissons, Jambon de Bayonne und Schinken vom Porc noir de Bigorre. Wie mir versichert wird, kauft »Petit Franz« die Produkte vor Ort in verschiedenen Teilen Frankreichs ein, zur Saison besorgt er auch Trüffel aus dem Périgord. Franz Léon Eckhardt ergänzt das Trio mit Renate Kühn und Jürgen Eckhardt. Die beiden sind seine frankophilen Eltern. Er selbst hat nach eigenem Bekunden etwa zehn Jahre in Frankreich gelebt, sein Vater betreibt heute noch ein Geschäft im Périgord. Kein Wunder also, dass als »Wein der Woche« bei meinem Besuch gerade ein Bergerac der Domaine Clos des Verdots auf der Tafel steht. Beim Lesen der Weinkarte wird es richtig interessant. Nicht weil die großen Anbaugebiete wie Bordeaux, Languedoc-Roussillon, Alsace und Champagne dabei sind, sondern wegen der Abfüllungen aus dem Sud-Ouest mit kleineren, dafür nicht weniger anspruchsvollen Appellationen, zum Beispiel Gaillac, Jurançon, Monbazillac oder Cahors. Hinter jedem Wein stehen drei Preise auf der Karte, je nachdem, ob man ihn glas- oder flaschenweise bestellen oder mit nach Hause nehmen will.
Man fühlt sich hier schon ein wenig entrückt. Mein »Au revoir, Madame!« zum Schluss ist Renate Kühn dann wohl doch etwas albern. »Ciao!«, sagt sie lächelnd. Na dann, auf Wiedersehen.