Am Sonntagnachmittag treten die Handballer des SC DHfK gegen die SG Flensburg-Handewitt an. Gegen den Ligazweiten aus dem hohen Norden möchten die Siebtplatzierten aus Leipzig ihre Heimstärke ausspielen.
Beim SC DHfK stehen mit dem Kapitän Lukas Binder, dem Rückraumspieler Franz Semper und Rechtsaußen Lucas Krzikalla Spieler auf der Platte, die sich hier von der Nachwuchshoffnung zum Bundesligaspieler entwickelten. Das ist nicht nur eine Einstellung, die sich aus dem schmalen Budget gegenüber anderen Ligakonkurrenten speist, sondern ein wichtiger Teil der hiesigen Handballphilosophie. Und die kann nur aufgehen, wenn der Nachwuchs dementsprechende Leistungen abliefert.
Gleich im Anschluss an das Bundesligaspiel kämpfen die A-Junioren des SC DHfK gegen GWD Minden im Viertelfinalhinspiel um die Deutsche Meisterschaft. Für den Co-Trainer der Bundesligamannschaft und Cheftrainer der A-Junioren André Haber bedeutet das eine Doppelschicht. Er interpretiert es als »positiven Stress«, wenn er wie vor jedem Bundesligaspiel zwischen der Erwärmung auf der Platte kurz beim Hallensprecher vorbeischaut, um die Fragen zur Mannschaftsstimmung zu beantworten. Nach 60 Minuten Bundesligaspiel hält er die Traineransprache für die A-Junioren und nimmt vor dem Anwurf um 17.15 Uhr noch an der technischen Nachbesprechung der ersten Mannschaft teil.
Sieht man Haber am Spieltag bei der ersten Mannschaft, dann wirkt er rein äußerlich als Gegenpol zum gestikulierenden und an der Seitenlinie entlang tänzelnden Chefcoach Christian Prokop. Während die Spieler jubeln, schreibt er Notizen auf oder sitzt ruhig auf der Bank. Doch der Eindruck täuscht. Haber ist ein sehr emotionaler Mensch – wie er selbst sagt. Allerdings baumelt während des Spiels das Schild mit dem »A« um seinen Hals, was ihn als ersten Mannschaftsoffiziellen auszeichnet. So ist er nicht nur für die Disziplin auf der Bank verantwortlich, sondern steht im engen Kontakt mit der Spielleitung. Als Juniorentrainer ändert sich der Eindruck dann grundlegend. Der Positionswechsel in kurzer zeitlicher Folge am Wochenende fällt Haber nicht schwer, sagt er vorab.
Mit Christian Prokop arbeitet er seit 2013 zusammen. Wenn Prokop zum Saisonende als Bundestrainer zur Männernationalmannschaft wechselt, übernimmt André Haber bis Januar die erste Mannschaft als Cheftrainer. Im neuen Jahr assistiert er dann dem neuen Cheftrainer Michael Biegler. Er unterstrich bei seiner Vorstellung vor zwei Wochen, dass er die hier praktizierte Integration von Nachwuchsspielern in den Bundesligakader weiter voranbringen möchte und erklärte die Nachwuchsarbeit als das Aushängeschild des Leipziger Handballs.
Biegler und Haber kennen sich. André Haber begann 2012 als Co-Trainer von Uwe Jungandreas beim SC DHfK. Als der Abstieg drohte, half Biegler als Übergangscoach, bevor Christian Prokop nach Leipzig kam und die Mannschaft den Aufstieg in die 1. Bundesliga schaffte.
In der ersten Bundesliga spielt auch das A-Juniorenteam und gewann 2015 und 2016 den Meistertitel. Nach dem ersten Titelgewinn erhielt Haber die Auszeichnung »Trainer des Jahres 2015« vom SC DHfK. Er sieht dies als Anerkennung gegenüber der gesamten Handballabteilung, was alle Spieler und Betreuer einschließt.
Der Weg vom Juniorentitel zum Bundesligaspieler ist »extrem schwer«, weiß Haber. Daher gilt es kleine Schritte zu gehen, um das Ziel der Handballakademie – Bundesligaspieler auszubilden – zu erreichen. Der SC DHfK vergab in dieser Saison zwei Zweitspielrechte, sodass Franz Semper und Sebastian Naumann aus der A-Meistermannschaft der vergangenen Saison sowohl hier als auch beim Dessau-Rosslauer HV 06 in der zweiten Liga bzw. Naumann bei der SG LVB Spielpraxis sammeln können. Andere jungen Spieler – wie Gregor Remke oder Philipp Jungemann – spielen diese Saison in der zweiten Liga beim EHV Aue.
Wie viele Spieler aus dem aktuellen A-Team diesen Weg schaffen werden, darauf will sich Haber nicht festlegen. Zudem bremst er für das Sonntagsspiel die Euphorie im Umfeld. Denn dass die A-Junioren nach den Titel der vergangenen Jahre wieder ganz oben mitspielen, war zu Saisonbeginn so nicht vorhersehbar. Durch den Generationsumbruch sah das Trainerteam als Saisonziel den sicheren Einzug in die nächste Bundesligasaison vor und den hätte bereits der 6. Platz in der Liga garantiert. Der Plan wurde übererfüllt und so sieht Haber seine Mannschaft vor dem Viertelfinale nicht chancenlos gegenüber Minden. Auch wenn es sich beim Viertelfinale um die vielbeschworene »Kür« handelt, die sicherlich niemanden schaden wird.