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Stadtleben

»Landesregierung ist Integrationsverweigerer«

»Brückenfest 3.0« verbindet Kultur, Teilhabe und Politik

  »Landesregierung ist Integrationsverweigerer« | »Brückenfest 3.0« verbindet Kultur, Teilhabe und Politik

»Parallelgesellschaft« würde Jens Spahn (CDU) wohl die Sachsenbrücke nennen. Der Parlamentarische Staatssekretär warnte unlängst vor internationalistischen Enklaven, in denen er nicht mehr Deutsch sprechen könne. Hier kämen Menschen aus aller Welt zusammen, die sich nicht ins Weltbild des gebürtigen Ottensteiner fügten. Nun sollte man sich vor Leipziger Größenwahn hüten, aber im Sommer ist es schon ein buntgecheckter Haufen, der sich auf der Sachsenbrücke trifft. Mit dem Brückenfest wird der Ort einmal im Jahr auch politisch.

Denn hier sollen alle in der Stadt Lebenden zusammenkommen können. »Offenheit, Solidarität, gegenseitiger Respekt und Anerkennung« sind der programmatische Rahmen, in dem dies geschehen soll. Zu den Organisatoren gehören bekannte Akteure wie die Initiative Leipzig nimmt Platz und das Werk 2. Mit der Brücke ist ein schönes Symbol gefunden worden, steht diese Bauform doch beispiellos für das verbindende und übersetzende Element. Dabei fiel die Wahl des Ortes beim ersten Fest 2015 eher zufällig aus.

Es wurde ins Leben gerufen, als die Ernst-Grube-Halle am Sportforum zur Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete wurde. »In der Nähe wollten wir ein kulturelles Angebot schaffen«, sagt Initiatorin Christin Melcher. »Mit einem Fest wollten wir eine Begegnungssituation schaffen für die Neuankommenden und die Menschen, die schon länger in Leipzig wohnen. Und zeigen, was für kulturelle Angebote es in hier gibt, welche Leute was machen, wer sich wo engagiert und wo man sich beteiligen kann.« Auf einer Art Vorstellungsstraße werden sich auch in diesem Jahr Vereine und Initiativen präsentieren. Das Kulturprogramm gestalten unter anderem die Folklorebands Jaraneros de Saxonia und Kalinka sowie die Groove-Kombo Klezmer Muskelkater und Jacqueline Boom-Boom mit einer Love-live-Show.

Der politische Anspruch bleibt keine Behauptung. »Damals wollten wir aufmerksam machen auf den Rassismus von Legida & Co.«, sagt Melcher. Damals wurden die Menschenfeinde noch als »Asylkritiker« verharmlost. Und natürlich sind die mit Legida nicht verschwunden. »Dieses Zeichen gegen Rassismus bleibt wichtig«, so Melcher. »Die Landesregierung zeigt sich ja eher als Integrationsverweigerer. Auch deshalb gilt es, die Flüchtlingshilfe zu unterstützen.« Jedes Jahr wird ein Projekt mit beim Brückenfest eingeworbenen Spendengeldern gefördert. Dieses Mal ist es die Mission Lifeline aus Dresden, die gerade mit einem Schiff die Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer beginnt. Sie war vor einigen Wochen in den Schlagzeilen, weil eine Privatperson sie angezeigt und der Schleusung von Migranten bezichtigt hatte. Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Erstermittlungen alsbald wieder ein. »Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten ist eben keine Schlepperei«, sagt Melcher, »sondern humanitäre Pflicht. Das soll eine Botschaft des Brückenfestes sein.«


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