Nach dem Schreck der Bundestagswahl: Völker, schaut auf Connewitz! Und Konservative, schaut auf Sachsen! Dort hat sich gezeigt, dass es nichts bringt, wenn die CDU immer rechter wird. Denn dann wird die AfD sogar die stärkste Kraft.
»Ganz Leipzig hasst die AfD«, rufen Hunderte Leute, die es am Wahlabend nicht mehr vor dem Fernseher aushalten. Also ziehen sie zum Neuen Rathaus, um ihren Unmut über das Wahlergebnis und vor allem den Erfolg der AfD lautstark kundzutun. Doch sie haben leider Unrecht. Ganz Leipzig hasst die AfD nicht. In Paunsdorf, Schönau, Grünau-Mitte, Grünau-Nord, Lausen und Mockau-Süd hat sie sogar gewonnen.
Kurz gute Laune dann trotzdem noch am späten Abend. Trotz oder gerade wegen des AfD-Erfolgs hat im Leipziger Süden der Linke-Kandidat Sören Pellmann den Direkteinzug geschafft und den Kandidaten der CDU Thomas Feist knapp hinter sich gelassen. Dass ihm die AfD entscheidende Stimmen klaute, ist bitter für Feist, der es wohl auch über die Landesliste nicht in den Bundestag geschafft hat (laut bundestag.de).
Scheinbar wurde gerade in Vierteln wie Connewitz, Südvorstadt, Plagwitz oder Schleußig taktisch gewählt. Um den CDU-Kandidaten zu verhindern, wählten auch Anhänger der Grünen oder SPD den Linken. Im Leipziger Süden also klappt es noch: Wenn die Linke zusammenhält, kann sie es schaffen gegen die Rechten und Konservativen, die sich gegenseitig die Stimmen wegnehmen. Ein kleiner Erfolg, an den man sich jetzt in der Hoffnung, es sei alles gar nicht so schlimm, halten kann. Völker, schaut auf Connewitz & Co.
Aber sobald man sich herausbewegt aus dem Leipziger Süden, muss man der Tatsache ins Auge sehen, dass die AfD die stärkste Kraft in Sachsen ist. Hier hat sie mehr als doppelt so viele Prozentpunkte als auf Bundesebene: Mit 27 Prozent ließ sie sogar die CDU mit 26,9 Prozent hinter sich und holte zudem drei Direktmandate. Eines davon übrigens Frauke Petry, der man ja auch schon fast Glück wünscht in ihrer »Ich verlasse jetzt den Raum«-Taktik gegen die wehrmachtsstolzen Gaulands.
Was es noch für Wege gibt, die AfD bis zur Landtagswahl zu entzaubern, außer der Hoffnung, dass sie es mit inneren Streitereien oder offensichtlich werdender Unfähigkeit selbst schafft, müssen jetzt alle anderen Parteien analysieren und diskutieren. Doch schon jetzt werden auf Bundesebene Rufe laut, die CDU müsse »die rechte Flanke schließen«, sie sei zu sehr nach links gerückt und habe daher erst Platz gemacht für die noch rechtere AfD. Das Beispiel Sachsen zeigt, dass diese Schlussfolgerung nicht stimmt. Ganz im Gegenteil sogar. Denn die sächsische CDU gibt sich rechter als die anderen Landesverbände. Oft machte sie den Eindruck, sie halte mehr zur CSU als zu Merkel in Berlin. Dadurch hat sie die AfD allerdings nicht geschwächt, sondern wurde von der AfD überholt. Und das kann auch die CDU nicht wollen.