Vor einem Monat verwunderte eine ZDF-Dokumentation nicht nur die Leipziger Zuschauer. »Radikale von Links: die unterschätzte Gefahr« war insgesamt ziemlich unsauber gebaut. So wurde als Stichwortgeber und Experte für »Linksextremismus« ausgerechnet ein AfD-Politiker und in Kreisen der neuen Rechten umtriebiger Aktivist herangezogen, der im Film schlicht als »Politologe« bezeichnet wird.
Wie unsauber der Filmemacher Rainer Fromm vorging, zeigte der kreuzer exemplarisch an der Thematisierung der Leipziger Verhältnisse. Da wurde behauptet, etliche Naziaufmärsche hätten in Connewitz stattgefunden. Auch die Nazi-Demonstration vom 18. März 2017 wurde flugs in den Stadtteil verlegt. Eine Text-Bild-Schere – Polizisten zerren kurz an einem Transparent, während »Es kommt zur Eskalation« eingesprochen wird – suggeriert gewalttätige Gegendemonstranten. Der kreuzer schickte damals Fragen über das Zustandekommen der offensichtlichen Fehler in der Doku via ZDF an den Autor. Der Sender versprach, sie weiterzuleiten, sobald Rainer Fromm aus dem Urlaub zurück sei. Statt des Autors hat nun der ZDF-Pressesprecher geantwortet. Das vollständige Schreiben findet sich nachstehend in vollständiger Länge.
»Bitte haben Sie Verständnis, wenn die Doku für ein bundesweites Publikum nicht so tief in die Leipziger Stadtgeschichte eintauchen konnte, wie Sie das auf Ihrer Plattform sicher tun können. Autor Rainer Fromm ist ein versierter und erfahrener Berichterstatter für Extremismus und politische Gewalt in Deutschland. Seine Recherchen zu Connewitz fußen auf schriftlichen Dokumentationen aus der Antifa-Szene, auf Polizeiberichten, Zeitzeugengesprächen und den Archiven Leipziger Zeitungen. Dass die Route der Neonazi-Demo im März 2017 ursprünglich durch Connewitz führen sollte, schreiben Sie ja selbst in Ihren Fragen. Die Bilder, die vor Ort gefilmt wurden, ›suggerieren‹ keine Eskalation, sie zeigen sie! Immerhin werden 14 Menschen vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen und Steine fliegen durch die Luft. Mag ja sein, dass dies für die Leipziger Polizei eine vergleichsweise ›friedliche‹ Demo war. Normalität in deutschen Städten ist das nicht.
Bezüglich Ihrer letzten Frage müssen wir klar einen Fehler einräumen. In der Tat kam in der Erstausstrahlung des Berichts am 6.9. auf ZDFinfo der Politologe Carsten Dustin Hoffmann zu Wort, ohne dass seine Zugehörigkeit zur AfD benannt wurde. Das war ein ärgerliches Versäumnis, das wir sehr bedauern. Hoffmann ist ein junger Politologe, der 2011 über die ›Rote Flora‹ promoviert und sich als Mitglied der ›Forschungsgruppe Extremismus und Militanz‹ einen Namen gemacht hat. Dabei forscht er über linken und rechten Extremismus. Er hat u.a. für die Bundeszentrale für Politische Bildung und das SPD-nahe Portal ›Endstation rechts‹ Beiträge verfasst. Hoffman sitzt auch für die AfD im Kreistag von Rotenburg an der Wümme. Das wurde aufgrund eines Kommunikationsfehler bei der Erstausstrahlung unterschlagen. An den beiden Aussagen Hoffmanns in der Dokumentation ›Radikale von Links‹ gibt es inhaltlich nichts auszusetzen. In der ersten referiert er Ergebnisse der ›Forschungsgruppe Extremismus‹ über Publikationszahlen zu rechtem und linkem Extremismus, in der zweiten weist er darauf hin, wie viele kommerzielle Rockbands in der Roten Flora in Hamburg auftreten.
Für alle weiteren Ausstrahlungen und für das Online-Angebot der Dokumentation ›Radikale von Links‹ wurden Hoffmanns Aussagen im Film gelassen, seine Zugehörigkeit zur AfD allerdings im Text und per Insert kenntlich gemacht.«