Neben der Kinobar Prager Frühling und dem Luru Kino in der Spinnerei geht es nun auch wieder mit dem 2cl Sommerkino los: Nach der Eröffnung des Open Air-Kinos der Cinémathèque mit Ridley Scotts Klassiker »Alien« gibt es nun bis September eine handverlesene Mischung aus aktuellen Highlights, Diskurskino und popkulturellen Klassikern auf dem Freisitz am Conne Island zu sehen. Mitte Juli folgt dann noch das Sommerkino im Scheibenholz. Ab 19.7. ist dort vornehmlich Popcornkino zu sehen, aber auch den ein oder anderen Klassiker gibt es auf der größten Leinwand der Stadt zu erleben.
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Film der Woche: In den USA des Jahres 1889 begibt sich die verwitwete Malerin Catherine Weldon vom großstädtischen New York ins karge North Dakota, um den legendären Lakota-Häuptling Sitting Bull zu porträtieren. Ihr Vorhaben stößt bei den Menschen dort jedoch auf wenig Gegenliebe: Die quasi besiegten Ureinwohner wissen nicht, was sie von dieser Frau zu halten haben, und die weißen Eroberer hassen ganz unverhohlen Weldons liberale Ideen. Zumindest zu den Indianern findet die Idealistin irgendwann doch Zugang und freundet sich mit Sitting Bull und seiner Familie an. Angesichts der bevorstehenden Landenteignung, zu der der Kongress die Urbevölkerung der sogenannten »Neuen Welt« zwingen wird, bringt sie das jedoch in höchste Gefahr. Die Lebensgeschichte der echten Mrs. Weldon, die eigentlich Caroline hieß, geschieden und nicht verwitwet und noch ein ganzes Stück emanzipierter war als ihre Filmversion, spiegelt »Die Frau, die vorausgeht« nur in Grundzügen. Das Drehbuch nimmt sich massive Freiheiten, obwohl eine noch streitbarere, tragischere und gleichzeitig historisch korrektere Hauptfigur dem Westerndrama keineswegs geschadet hätte. Trotzdem überzeugt der Film, der in Teilen wie ein Komplementärwerk zum noch etwas stärkeren »Feinde – Hostiles« mit Christian Bale, Rosamund Pike und Wes Studi wirkt, der Ende Mai in die Kinos kam, durch seine Ruhe und die heute unmissverständliche Versöhnungsbotschaft. Ausführliche Kritik von Peter Hoch im aktuellen kreuzer.
»Frau, die vorausgeht«: ab 5.7., Passage Kinos
Mittelalte Erwachsene, die nicht erwachsen werden wollen, gibt es viele im amerikanischen Komödienkino. Während die Männer – wie Luke Wilson, Vince Vaughn und Will Ferrell in »Old School« – sich wieder an der Uni einschreiben, nur um es noch einmal richtig krachen zu lassen, ist es Deanna Miles (Melissa McCarthy) wirklich ernst: Als sie gerade ihre Tochter Maddie tränenreich ins künftige Studium verabschiedet hat, offenbart ihr ihr Mann Dan (Matt Walsh) auch schon, dass er fortan mit einer anderen Frau zusammenleben will und die Scheidung einreicht. Bei Deanna folgen Schock und Selbstmitleid und schließlich die Erkenntnis, verpasste Chancen nachzuholen.
So schreibt sie sich erneut an der Uni ein, um ihr Archäologie-Studium abzuschließen, dass sie damals, mit der Geburt ihrer Tochter aufgeben musste. Und damit sie ihr näher sein kann, muss es dann auch gleich Maddies Fakultät sein. Die ist zunächst nicht gerade begeistert, dass sich ausgerechnet ihre Mutter in ihrem Wohnheim breit macht. Allerdings versteht sich Deanna bestens mir Maddies Freundinnen und geht mit vollem Selbstbewusstsein in den Uni-Alltag, der sich offensichtlich auch nicht großartig von dem vor zwanzig Jahren unterscheidet – inklusive den Partys.
Dabei lässt die Mittvierzigerin natürlich kein Fettnäpfchen aus, steigt mit dem wesentlich jüngeren Mitstudenten Jack ins Bett, punktet aber auch bei einem unvergesslichen Retro-Partyauftritt, bei dem sie noch einmal ihre Tanzschritte aus den Achtzigern hervorkramen kann. Alkoholeskapaden und Kiff-Erfahrungen darf man selbstverständlich ebenso erwarten wie allerlei schlüpfrigen Humor, den die US-amerikanischen Studentenkomödien eben so mit sich bringen. Regisseur Ben Falcone (»The Boss«, »Tammy«), der das Drehbuch erneut im Erfolgsduett mit seiner Frau Melissa McCarthy schrieb, erfindet das Genre nicht neu, sondern setzt auf Bewährtes. McCarthy wiederum setzt auf die von ihr seit dem Hit „Brautalarm“ bekannte physische Komik und trägt die herrlich geschmacklosen Katzen-Pullis aus »Spy: Susan Cooper Undercover« auf.
Peinlichkeit ist Trumpf bei »How to Party with Mom«. Sie sorgt für allerlei Momente zum Fremdschämen – aber eben auch für die meisten Lacher. Wobei der Humor von Falcone/McCarthy immer liebenswert harmlos bleibt und die Figuren nie verrät. So hat Deanna schnell ein Stein im Brett bei Maddies Freundinnen und die Schwesternschaft hält zusammen, komme was wolle. Das wirkt natürlich reichlich überzeichnet und geradegebogen, der Humor bleibt stets brav und der Plot weitgehend konfliktfrei. Das trübt aber kaum den Spaß, den man an dieser doch recht unterhaltsamen Sommerkomödie haben kann. Auch wenn Deannas Hochschulkarriere stets vorhersehbar bleibt und der Auftritt von Pop-Sternchen Christina Aguilera am Ende reichlich deplatziert wirkt.
»How to Party With Mom«: ab 5.7., CineStar, Cineplex, Regina Palast
Weitere Filmtermine der Woche
303Die Studenten Jule und Jan begegnen sich zufällig auf einem Rastplatz. Der Beginn einer Reise in einem alten Mercedes Camper in den Süden Europas, gefüllt mit Gesprächen voller Kapitalismuskritik und tiefen Blicken. Das romantische Roadmovie gibt es heute in Anwesenheit von Regisseur Hans Weingartner (»Die fetten Jahre sind vorbei«), der einen Einblick in die über zehn Jahre dauernde Entstehung des Films geben wird.5.7., 20 Uhr, Passage Kinos
Montags in DresdenSabine Michel begleitet in ihrem umstrittenen Dokumentarfilm Pegida-Mitläufer über ein Jahr hinweg. – anschl. Podiumsgespräch mit der Schriftstellerin Jana Hensel und der Regisseurin Sabine Michel5.7., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum
A DayIm dem südkoreanischen Drama begeht ein Vater eine unethische Tat, um seine Tochter zu retten. Drei Jahre später holt seine Entscheidung ihn von Neuem ein und hält ihn in einer Zeitschleife gefangen. – Asia-Night6.7., 22 Uhr, Cineplex
Bambule»Bambule« – das Trommeln der Gefangenen an den Gitterstäben: Der Fernsehfilm von 1970 kritisiert die autoritären Methoden der Heimerziehung, der sogenannten »Fürsorgeerziehung«, in einem Mädchenheim. Die Insassinnen lehnen sich gegen die unterdrückenden Strukturen auf, was auch als Parabel auf die gesellschaftlichen Zustände der Zeit verstanden werden kann. Ulrike Meinhof schrieb das Drehbuch.8.7., 21.30 Uhr, 2cl-Sommerkino auf Conne Island
IuventaBerliner Jugendliche gründeten im Herbst 2015 »Jugend rettet«. Über eine Crowdfunding‐Kampagne kauften sie einen alten Fischkutter. Im Frühjahr startete das Schiff zu seiner ersten Mission und schloss sich dem Such- und Rettungsprogramm verschiedener NGOs vor der libyschen Küste an. Der Dokumentarfilm folgt über ein Jahr lang dem Leben der jungen Protagonisten, beginnend mit ihrer ersten Mission bis zu dem Punkt, an dem ihr Traum mit der politischen Realität kollidiert. Im Anschluss Filmgespräch.10.7., 18 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Deutsch-polnische Culture-Clash-RoadmoviesDas Polnische Institut zeigt den wunderbar schrägen Roadtrip »Najbrzydszy samochód ?wiata / The ugliest Car« (PL 2017; OmeU) und »Pan Rudnicki i samochody / Herr Rudnicki und die Autos« (PL 2016; OmU) mit Einführung.11.7., 20.30 Uhr, Cinémathèque in der Nato
The CleanersWer kontrolliert die Kontrolleure? Moritz Riesewieck und Hans Block gehen der Zensur in sozialen Netzwerken auf den Grund und fördern Erschreckendes zutage.11.7., 21 Uhr, Ost-Passage Theater