Seit Herbst vergangenen Jahres schon schien die Eröffnung des neuen Ladens am Südplatz ihre Schatten vorauszuwerfen. Eine rote Leuchtschrift nährte die Frage, was sich hinter »Rote Soße« wohl verbirgt. Großformatige Schwarz-Weiß-Bilder von jungen Menschen legten nahe, dass das – was auch immer es sei – bestimmt Spaß macht.
In Halle gibt es bereits seit einigen Jahren eine Rote Soße. Im Leipziger Ableger wurde lange renoviert, Mobiliar hinein-und wieder hinausgetragen. Pünktlich zum WM-Start in diesem Sommer erschienen auf dem zum Freisitz umfunktionierten Fußweg davor knallrote Holzbänke und dazwischen großformatige Bildschirme. Die Bildschirme sind freilich längst wieder abgebaut, die Tische und Stühle stehen immer noch, darauf Töpfe mit bunten Blumen, außerdem Besteck und Servietten, Letztere ebenfalls rot. Rot findet sich auch drinnen wieder, und zwar in Kombination mit Weiß und Schwarz und ohne viel Schnickschnack. Zusammen mit den hohen Fenstern bewegt sich die Rote Soße stilistisch irgendwo zwischen edlerem Bistro und rustikaler Trattoria – die sich aufs Pizzabacken verlegt hat.
Der Karte zufolge sind das nicht irgendwelche Pizzen. »Klassiker haben wir nicht«, ist dort zu lesen – und dass die Gäste sie dennoch bestellen können. Das versuchen wir bei unserem Besuch nicht. Immerhin ist die Auswahl an Nicht-Klassikern weder klein noch uninteressant. Die Margherita 2.0 bietet neben Tomate, Mozzarella und Basilikum Olivenöl und Pfeffer, Eggstreet Boys ist mit Carbonara-Sauce, Bacon und Ei belegt und die Mafia-Torte mit Parmaschinken. Mr. Burns erhält ihren Namen von den Jalapeños, Ikea von Würstchen, Gurken, Zwiebeln und dänischer Remoulade. Frisch aus dem Ofen kommen die Pizzen an den Tisch. Sie sind von üppiger Größe, aber nicht allzu beladen belegt, der Teig ist schön dünn und knusprig. Ebenfalls üppig sind die Portionen für die hübsch angerichteten Salate. Wer zuvor noch mit einem Nachtisch geliebäugelt hatte – ja, es gibt tatsächlich Schoko-Pizza –, muss dies leider auf später verschieben. Deshalb können wir das Tiramisu nicht testen. Platz ist dagegen noch für einen kleinen Caramellino-Likör aus eigener Herstellung, eine Empfehlung der aufmerksamen und überaus freundlichen Bedienung. Etwas klassischere Begleitung bilden die Weine, darunter einige aus der Region. Oder die hausgemachte Heidelbeer-Limo. Immerhin ist klassisch hier das Anti-Motto.