Und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht…
2018 waren queere Themen erfreulich präsent im Kino. »Call me by your name«, »The Rider«, »Girl« oder »Bohemian Rhapsody« – es gab unzählige Auszeichnungen, begeisterte Kritiken und Zuschauer und für letzteren gerade gar zwei Golden Globes. In der Gesellschaft ist die Selbstverständlichkeit des Kinos derweil noch nicht angekommen. Auch deshalb ist es wichtig, queere Themen zu diskutieren und Toleranz zu propagieren. Die Kinobar und das UT gehen voran und zeigen eine Woche lang Filme zum Verlieben, zum Nachdenken und Diskutieren. Einen ausführlichen Blick ins Programm gibt es im aktuellen kreuzer (01/19). Alle Termine hier im Kalender.
»Queere Filmwoche«
: 10.–16.1., Kinobar Prager Frühling, UT Connewitz
Adam fährt. Er blickt aus dem Auto: Die Landschaft zieht an ihm vorbei. Fußball spielende Kinder, zwei rauchende Mädchen in blauen Kitteln vor einem Werkstor, ein Laster auf einem Feld – Kein Idyll, aber friedlich. So wird er die DDR in Erinnerung behalten. Es ist das Letzte, was Adam sieht, bevor er nicht zurückkehrt. Er folgt Evelyn, nachdem die ihn mit einer Anderen erwischt hatte und ins Auto nach Ungarn gestiegen war, mit dem Plan, ebenfalls nicht mehr zurückzukehren. Die Flucht endet für Adam und Evelyn in einer Pension hinter der österreichischen Grenze – und doch ist ihre Geschichte nicht zu Ende – sie fängt gerade erst an. Es ist der Sommer 1989, die Grenze ist offen, die Zukunft ungewiss.Ingo Schulzes Roman »Adam und Evelyn« erzählt die Ereignisse der Wendezeit aus einer persönlichen, alltäglichen Perspektive und setzt da an, wo viele Geschichten enden. Der Roman erzählt von den Wünschen und Sehnsüchten der Menschen im Jahre 1989, die in der Zeit danach nicht aufgehen. Andreas Goldstein adaptierte die Geschichte als stilles Roadmovie. Mit seinem Film möchte er sich abheben von den vielen Inszenierungen, die jene Zeit der Wende verklären. Das gelingt ihm zum Teil. Er fängt die Atmosphäre des Aufbruchs, in der sich Hoffnung, Angst und Ungewissheit vereinen, gut ein. Es tut gut, mal einen Wendefilm ohne zwielichtige Stasi-Funktionäre zu sehen, einen Film, der von den Menschen erzählt. Leider gelingt ihm die Umsetzung der inneren Monologe Adams und der Dialoge zwischen den Figuren weniger gut. Alles wirkt ein wenig steif. Auch die Handlung lässt einen teilweise ratlos zurück. Das Mittel der Auslassung, das der Leser mit seinen eigenen Gedanken füllt, geht in der filmischen Form nicht auf. So verliert man sich in der flirrenden Atmosphäre eines Sommers, der nicht wiederkehrt.»Adam und Evelyn«: Do–So, Schaubühne Lindenfels
Die Legende von Robin Hood geht weit zurück. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Bereits im 17. Jahrhundert wurde er zum Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit stilisiert, ein Status, der ihn bis heute zur vielzitierten Figur der Historie macht. Auch die Zahl der filmischen Adaptionen ist gigantisch. Die erste geht zurück auf das Jahr 1912. Seitdem war der »Rächer der Enterbten« als familienfreundlicher Trickfilm-Fuchs aus dem Hause Disney zu sehen (1973), er war ein Idol der Massen (»König der Diebe«, 1991) und eine Lachnummer (»Helden in Strumpfhosen«, 1993).
Die letzte Verfilmung der Legende kam 2010 in die Kinos und erzählte eine fiktive Vorgeschichte der bekannten Historie als grimmig-graue Action mit Russel Crowe in der Hauptrolle. Auch die neue Version von Otto Bathurst, der sich als Regisseur britischer Serien wie »Peaky Blinders« einen Namen machte, widmet sich dem Werdegang des Robin of Loxley zur Ikone der Unterdrückten.
Die Liebe des Adeligen Robin of Loxley (Taron Edgerton) zur holden Maid Marian (Eve Hewson) wird jäh auseinandergerissen, als er den Einzugsbefehl vom Sheriff von Nottingham (Ben Mendelsohn) erhält. Robin soll im Krieg gegen die Araber kämpfen, ein blutiges Gefecht unmenschlichen Ausmaßes. Er spielt nicht mit und bewahrt einen Araber (Jamie Foxx) vor der sicheren Enthauptung durch den sadistischen Guy of Gisbourne (Paul Anderson). Für Robin hat das lediglich zur Folge, dass er mit dem nächsten Schiff wieder zurück nach England geschickt wird. Doch es sind Jahre vergangen und Marian, die ihm einst ihre Liebe schwor, bevor er abreiste, ist nun an der Seite des Politikers Will Scarlet (Jamie Dornan). In seiner Verzweiflung trifft Robin auf den dankbaren Araber, der fortan auf den Namen „Little John“ hört und nicht mehr von seiner Seite weicht. Mit ihm schmiedet Robin einen Plan, um sich an dem Sheriff für ihr beider Schicksal zu rächen und das Volk aus der Unterdrückung zu befreien.
Die Geschichte der Revolution von unten hat auch heute nichts an Sprengkraft verloren. Man kann gut verstehen, warum die Produzenten um Leonardo DiCaprio Interesse an einer zeitgemäßen Adaption hatten. Leider geht die Vision von Regisseur Bathurst und Drehbuchautor Ben Chandler nicht weit genug. Lediglich die visuelle Gestaltung geht neue Wege, bedient sich aber auch reichlich an bereits Dagewesenem. Die retrofuturistische Ausstattung erinnert an »Die Tribute von Panem«, der kontrastarme Look an »King Arthur«, die Action überdeutlich an »Assassin's Creed«. Unterm Strich siegt der Stil über die Substanz: »Robin Hood« sieht cool aus, ist aber ziemlich hohl. Auch schauspielerisch bleibt die Neuauflage blass: »Kingsman« Taron Edgerton fehlt es an Charisma, Eve Hewson erfüllt ihre Marian ebensowenig mit Leben und Jamie Foxx bekommt zu wenig zu tun. Da ist es schade, um die zeitgemäßen Ansätze: Wenn die Soldaten des sinistren Sheriffs (Ben Mendelsohn im »Star Wars«-Modus) den Aufständischen gegenüberstehen, hat das überdeutliche Parallelen zu aktuellen Nachrichtenbildern.»Robin Hood«: ab 10.1., Cineplex, CineStar, Regina Palast
Sie wollen einfach nur raus. Weg von ihrem festgefahrenen Leben. Das Angebot ist reizvoll: Ein mysteriöser Typ im Internet bietet einen Ausweg, einen Pfad zurück zu den Wurzeln. So treffen sich fünf Wildfremde im Wald. Alle sind um die zwanzig. Was sie zurücklassen, darüber schweigen sie. Das ist eine der Regeln, die der Fremde aufgestellt hat. Lediglich die letzten 24 Stunden im Leben von Glocke (Matti Schmidt-Schaller) erleben wir zu Beginn mit. Wie er einen Luxuswagen in die Luft jagt, vor der Polizei flieht, von seinen Freunden verraten wird und fliehen muss. Er ist unser Einstieg in die Reise mit ungewissem Ausgang. Zu Beginn sind die Fünf vorsichtig, folgen den Hinweisen des Fremden und legen schließlich ihre Schutzmauern ab. Da ist Judith (Milena Tscharntke), in die sich Glocke verliebt, Steffi (Matilda Merkel), deren Tattoos, das blaue Auge und ihre Einstellungen von einer Flucht aus der rechtsextremen Szene zeugen, der finanziell besser gestellt Elias (Tom Gronau) und Paule (Enno Trebs), die gute Seele der Gruppe. Sie genießen die Freiheit, das unbeschwerte Leben im Wald, doch als sich herausstellt, dass einer von ihnen nicht die Wahrheit sagt, kehrt sich die Stimmung um.
Der schnell geschnittene Auftakt zieht uns in die Story, die gesellschaftskritische Rede, die Glocke den Polizisten hält, legt die Haltung des Regisseurs und Co-Autors Philipp Hirsch dar. Er hat eine Message und erreicht damit viele, die mit der Welt in der wir leben nicht mehr klarkommen. Doch dann kippt sein Film. Offensichtlich hat er sich für sein Debüt zu viel Vorgenommen. Motive des Horrorfilms tauchen auf, die Parallele zu »Herr der Fliegen« ist überdeutlich, die Handlungen der Figuren werden dagegen immer unschlüssiger. Zudem sind die jungen Darsteller bisweilen selbst überfordert von der Situation. Ein Film der guten Ansätze, von denen wenige aufgehen.»Raus«: 16.1., Schaubühne Lindenfels, öffentliche MDM-Premiere in Anwesenheit des Filmteams
Weitere Filmtermine der Woche
Heavy TripTuro, Pasi, Lotvonen und Jynkky werden in ihrem kleinen finnischen Dorf als Freaks verlacht und absolut nicht ernst genommen. Ein Auftritt auf dem Northern-Damnation-Festival in Norwegen soll das nun ändern und den lang ersehnten Durchbruch für die vier Freunde bringen. Schräge Metal-Komödie.- Metal Comedy-Special10.1., 20 Uhr, 12.1., 22.30 Uhr, Cineplex10.1., 20 Uhr, 11.1., 22.45 Uhr, Cinestar
Sprengbagger 1010
Karl Hartmann entwickelt einen gigantischen Bagger, mit dem in kurzer Zeit große Mengen von Braunkohle gefördert werden können. Doch das zerstörerische Werk der Maschine hat auch Konsequenzen für das Leben des jungen Ingenieurs.- mit Live-Begleitung durch das MDR-Sinfonieorchester10.1., 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Ein Herbstnachmittag
Der letzte Film des Meisterregisseurs Yasujirô Ozu begleitet einen alternden Witwer dabei, die Hochzeit seiner Tochter zu arrangieren.- Poetika Kino: Primat der Einstellung, Farbe als Raum11.1., 19 Uhr, Hochschule für Grafik und Buchkunst
Astrid Lindgren Wochen:> Karlsson auf dem Dach:
Kinder-Klassiker nach dem Buch von Astrid Lindgren.12.1., 15 Uhr, Schaubühne Lindenfels
> Michel in der Suppenschüssel:
Was kann Michel denn dafür, dass sein Kopf
einfach im Topf stecken bleibt, als er den Rest der Suppe auslecken wollte? Kinder-Klassiker nach Astrid Lindgrens Büchern.13.1., 15 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Juliet, Naked
Der jahrelang verschwundene Folkrocker Tucker Crowe taucht wieder auf und lernt in dieser souveränen Nick-Hornby-Romanadaption ausgerechnet die Frau seines größten Fans kennen und lieben.- Sonntagsfilm13.1., 17 Uhr, Regina Palast (OmU)
Russisches Kino »VIP Polizist«
Russisches Kino im Original ohne Untertitel - diesmal mit »VIP Polizist«, einer Geschichte über den jungen Ermittler Grischa.13.1.,17.30 Uhr, Cineplex, 17 Uhr, Cinestar, Regina Palast
CabaretFantastisch choreografiertes Musical über eine Sängerin und einen englischen Studenten in Berlin Anfang der dreißiger Jahre. - Gewandhaus spielt Kino, Filmabend mit konzertantem Entree15.1., 19 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Der Himmel ruft
Der Wettlauf zweier Nationen zum Mars: Utopischer Science-Fiction aus der UdSSR, Auftakt der Reihe »KosmOst - Science-Fiction-Filme aus Osteuropa 1959-1989«, mit Einführung15.1., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Rosa LuxemburgBiografie der Pazifistin und couragierten Revolutionärin Rosa Luxemburg. - mit thematischer Einführung, anlässlich des 100. Jahrestages ihrer Ermordung15.1., 19 Uhr, Frauenkultur, 15.30 Uhr, 16.1., 16.30 Uhr, Kinobar Prager Frühling,
Belladonna of Sadness
Jeanne schließt einen Pakt mit dem Teufel und erhebt sich gegen die Knechtschaft des Fürsten. Ein einzigartiger Rausch der Bilder und Sinne in fast statischen Aquarellen. Der erotische Kunstfilm formte das Anime-Genre maßgeblich und wurde 2017 frisch restauriert.16.1., 21 Uhr, Ost-Passage Theater
Die Gezeichneten
Jüdisches Leben in den Jahren vor und während der Russischen Revolution von 1905. Stummfilmkino von Carl Theodor Dreyer nach dem Buch von Aage Madelung.- Ballet Mécanique16.1., 20 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Kibbutz
Racheli Schwartz begleitet verschiedene Mitglieder der Kibbutz-Gemeinde Hulata, nachdem die Gemeinschaft, die sie selbst über 30 Jahre geprägt hat, auseinanderbrach. - im Rahmen der Ausstellung »Together! Die Neue Architektur der Gemeinschaft« im Grassi- Museum für Angewandte Kunst16.1., 20 Uhr, Cinémathèque in der Nato