Nicht nur bei zahlreichen mutmaßlichen Beteiligten des Angriffs auf Connewitz finden sich Verbindungen in die organisierte rechte Szene. Seit August 2018 traten bereits zwei Anwälte als Verteidiger auf, die aus dem NSU-Verfahren bekannt sind.
Sein Unbehagen angesichts des als links geprägt geltenden Südens von Leipzig, in dem sich auch das Amtsgericht befindet, drückt Rechtsanwalt Dirk Waldschmidt in drastischen Worten aus. So bedauere er, mangels Ortskenntnissen unbewaffnet angereist zu sein. »Man weiß manchmal nicht wo man hinkommt«, schließt er. Dass man zuweilen nicht wisse, wo man am Ende des Tages lande, scheint an diesem Tag auch wesentlicher Bestandteil seiner Verteidigungsstrategie zu sein. Am Leipziger Amtsgericht vertritt er den Thüringer Hobby-Kampfsportler Kevin K., dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, am »Sturm auf Connewitz« während des ersten Jahrestags von Legida am 11. Januar 2016 beteiligt gewesen zu sein. Die Polizei kesselte damals 216 der Angreifer in einer Seitenstraße, darunter den mit Quarzhandschuhen ausgerüsteten K. sowie seinen Trainingspartner Sven H. Beide müssen sich heute gemeinsam mit zwei weiteren Männern wegen besonders schwerem Landfriedensbruch verantworten. Alle vier verweigern die Aussage zum Geschehen. Daher ist die in den letzten Prozessen zum Connewitz-Angriff übliche Verfahrensabsprache, nach der die Angeklagten im Falle einer »geständigen Einlassung« Bewährungsstrafen zugesichert bekommen, diesmal nicht möglich.
Erneut werden daher Zeugen gehört. Bei deren Befragung sorgt vor allem Verteidiger Waldschmidt immer wieder für Verwunderung im Saal und Augenrollen bei der Staatsanwaltschaft. Mehrfach fordert Richterin Höhme ihn auf, er möge bitte Fragen stellen, die zur verhandelten Sache beitragen oder überhaupt einmal klare Fragen formulieren. Mehrfach klingt an, als lege er die Möglichkeit nahe, dass sein Mandant deshalb in Connewitz vor Ort war, weil man auf dem dortigen Netto-Parkplatz als Ortsunkundiger einen vor »linksextremistischen Zerstörungen« sicheren Abstellort für sein Auto vermuten könne. Oft weist Waldschmidt an diesem Tag auf das »hochgradig gewaltbereite linke Potential« in Leipzig hin. Er selbst lebt in Hessen, wo er 2008 bei der Landtagswahl für die NPD kandidierte. In den letzten Jahren vertrat Waldschmidt zahlreiche militante Neonazis aus dem Umfeld der Freien Kräfte und der Autonomen Nationalisten. Im NSU-Verfahren trat er als juristische Vertretung für einen mutmaßlichen Unterstützer des Trios auf.
Seit August 2018 haben insgesamt acht Verhandlungen zum Connewitz-Angriff am Leipziger Amtsgericht stattgefunden. Waldschmidt ist nun bereits der zweite Verteidiger, der aus dem NSU-Verfahren bekannt ist. Vor ihm trat Olaf Klemke, der als rechter Szeneanwalt gilt und am OLG München den als wichtigsten NSU-Unterstützer verurteilten Ralf Wohlleben vertreten hat, als Verteidiger in der Causa Connewitz auf. Auch Klemke zeichnete bereits ein Bild, in dem Leipzig von linksextremer Gewalt beherrscht schien.
Neben einer eindeutigen Verbindung in die rechte Szene durch den anwesenden Verteidiger finden sich heute auch erstmals wieder mehrere offenkundige Unterstützer der Angeklagten im Publikum ein – darunter mindestens ein weiterer mutmaßlicher Tatbeteiligter. Ein Polizist, der als Zeuge zum Tathergang in Connewitz befragt wird, weist sogar namentlich auf besagten Besucher hin, den er der rechten Klientel zurechne. Nach dem Angriff wurden die Zerstörungen mehrfach als Ausschreitung von Fußballklientel ohne politischen Hintergrund kategorisiert.