Die Autorin Luise Boege, die bis vor Kurzem noch in Leipzig lebte und arbeitete, ist nominiert für den Literaturpreis »Text und Sprache« des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft.
Auch in ihrem Erzählband »Bild von der Lüge« zeigt sich, warum dieser Preis, der »vielfältige Formen von Text und Sprache« fördern und auszeichnen möchte, wie für sie gemacht scheint. Denn in ihren Texten geht es doch mitunter recht absurd zu: Leichen werden aufgeschnitten, um ihr Inneres zu »lesen«, ein Penis liegt auf einem Parkplatz herum – und das teilweise beinahe ohne Satzzeichen und mit sehr vielen Klammern.
kreuzer: Frau Boege, es gibt viele Worte, mit denen man Ihre Texte beschreiben könnte. »Klassisch« gehört sicher nicht dazu. Wie finden Sie zu den vielfältigen Formen, in denen Ihre Texte erscheinen?
LUISE BOEGE: Ich würde sagen, dass ich über sprachliche Probleme, Konstellationen und fixe Ideen schreibe. Die Texte entstehen oft aus einer Art abgeschnittenen Denkbewegung heraus, es sind vielleicht Erkenntnisspitzen – der manchmal etwas verbauten Protagonistinnen. Es gibt inzwischen aber auch eine Art Materiallager, viele über Jahre gesammelte Bausteine, die ich hin und her schiebe. Es würde mich interessieren, in und mit Text quasi performativ etwas Fixes, Sedimentiertes freizusetzen, das sich dadurch dann auch verändern kann, beispielsweise sich verselbstständigt habende sprachliche Muster. Darum geht es mir eher, als zu erzählen, zu beschreiben und zu vermitteln.
kreuzer: In Ihrem neuen Buch »Exorzismus in Polen Die Schönheit der Wüste.«arbeiten Sie mit Streichungen, die im Text sichtbar bleiben, also nicht gelöscht werden. Ist das ein Sichtbarmachen des Schreibprozesses?
BOEGE: Das mit den Streichungen kann man so sagen. Es ist vielleicht auch Ausdruck eines Nichtklarkommens, auf die Gegenwart oder etwas Anderes. Vielleicht geht es auch wirklich ums Löschen, um die Unmöglichkeit, etwas zu löschen – im Gegensatz zum Vergessen, oder Verzeihen, Abschließen, und im Gegensatz zum Erinnern, dem hier das copy & paste entgegensteht. Im Ansatz und unter anderem auch eine Reflexion der uns umgebenden Textwelt, der ihr entspringenden Umgangsweisen mit Geschriebenem, und wie wir damit umgehen.
kreuzer: Was werden Sie sich auf der Buchmesse anschauen?
BOEGE: Ich denke, dass ich am Donnerstagabend wohl ins »Noch Besser Leben« gehe zu »Auch dieser Raum entsteht durch Gebrauch«, der Lyriknacht zur Leipziger Buchmesse. Und ich wollte mir die tschechischen Verlage und Übersetzungen anschauen. Und am Wochenende dann zum »Millionaires Club«, im Conne Island. Und dann gibt's noch »it's a book«, da würde ich auch gern hin.