Kurz vor der Mietenwahnsinn-Demonstration am kommenden Samstag verkündet das Peter K., dass es voraussichtlich bis 31.12.2019 den Laden räumen muss. Die dreizeilige Kündigung der Berliner Eigentümer bezieht sich auf Eigenbedarf.
Marcels Handy klingelt seit Montag ununterbrochen. Er hatte auf der Facebookseite des Peter K. bekannt gegeben, dass sie ein Kündigungsschreiben erhalten haben. Bis Ende des Jahres, »hilfsweise sofort«, muss die Gewerbefläche in der Ludwigstraße 81 geräumt werden. Das heißt, dass die Bar nach nicht einmal drei Jahren ihre Existenz verliert. Für Marcel und Jule, die den Laden leiten, und alle Angestellten ist das ein unerwarteter Schlag. Vor allem, da sich die Hausverwaltung, gleichzeitig Eigentümer des Gebäudes, nach langer Kommunikationspause erstmals wieder mit diesem Schreiben meldete.
Die Möglichkeiten im Viertel eine neue Gewerbefläche zu finden errechnet Marcel als gering, aber unabhängig davon, wo sie hingingen, »es fehle einfach an Manpower und Geld«. Seit 13 Jahren lebt er im Kiez, 2016 gründete er mit zwei Freunden die Bar. »Das, was wir damals aufgemacht haben, ging nur, weil unsere Freunde mit angepackt haben. Hätten das hier Handwerker gemacht, wär das unbezahlbar gewesen. Das einzig Gute in dem Laden war der Fußboden.« Das erste halbe Jahr im Osten lief schwierig. Man warf dem Peter K. vor, Grund der fortlaufenden Gentrifizierung zu sein, es gab kleinere Anschläge. Auch hier reagierte die Hausverwaltung nicht, war telefonisch schwer zu erreichen. Es ging um klare Kostenübernahme, die nicht geleistet wurde.
Die jetzt eingetroffene Kündigung ist durchaus rechtens – die Kündigungsfrist für ein Gewerbe ist ein halbes Jahr zum Jahresende. Zwar hatte das Berliner Unternehmen als Grund »eigene Zwecke« genannt, diese Nennung ist im Gewerbemietrecht aber nicht obligatorisch. Das Team des Peter K. hatte einen unbefristeten Mietvertrag unterschrieben, erzählt Marcel und ärgert sich. »Da waren wir naiv, denn im Gewerbemietrecht ist das natürlich der schlimmstmögliche Fall, weil dir jederzeit gekündigt werden kann.«
»Fakt ist: Wir wissen nichts, aber ich hab eine Theorie«, merkt Marcel an. »Ein Haus ist weniger wert, wenn eine Kneipe drin ist, der Kapitalismus ist halt dämlich. Die wollen sicher das Haus verkaufen« Die hinter dem Objekt stehende MHMI Immobilien-Verwaltungen GmbH, verweist in ihren Referenzen abgesehen der sechs Häuser in Leipzig nur auf Berliner Immobilien. Neubauwohnungen wie die »Rudower Parkterassen« werden zum Verkauf angeboten – knapp 334.000 Euro für eine 76 Quadratmeter große Zweiraumwohnung. Ein Preis, der im Rahmen des Mietspiegels liegt. Dennoch fallen die sanierten und teils denkmalgeschützten Häuser in der Leipziger Ludwigstraße aus dem Portfolio des Unternehmens. »Die verstehen den Kiez nich«, sagt Marcel. »Und auch nicht, welche Entwicklung der durchgemacht hat.« Die Entscheidung, der Bar zu kündigen, könnte wiederum auch genau das heißen: Dass man die Gewerbeeinheiten im Viertel mit dem höchsten Zuzug nach einer Sanierung teurer vermieten kann.
Das Unternehmen selbst äußert sich zu der Angelegenheit nicht. Am Telefon wird darauf verwiesen, dass man nur verpflichtet sei, den Mietern Auskunft zu erteilen. »Auf unsere Mail nach der Kündigung haben wir natürlich keine Antwort erhalten«, äußert jedoch Marcel. Jetzt hofft er durch den Druck der Öffentlichkeit auf eine Einigung.