Aus Protest gegen aktuelle Klimapolitik und für eine Senkung des Wahlalters bei der Europawahl hatten sich am Samstag fünf Jugendliche am Leipziger Rathaus angekettet. Ihre Botschaft: »Wir müssen für eure Politik den Kopf hinhalten.« Die Schlüssel waren Leipziger Parteibüros zugestellt worden. Während andere Parteien umgehend reagierten und vier der Schüler befreiten, schickte die CDU erst nach mehreren Stunden einen Vertreter des Parteinachwuchs. Robert Clemen, Vorsitzender der Leipziger CDU antwortet auf Kritik.
Symbolträchtig haben am letzten Samstag um fünf nach zwölf die Schlösser vor dem Leipziger Rathaus geklickt. Fünf junge Menschen hatten sich dort angeschlossen und ihr Schicksal in die Hände der fünf großen Parteien CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP gelegt. Ihre Botschaft: »Wir können am Tag vor der Wahl nur hilflos zuschauen, wie uns insbesondere die Hälfte aller Wahlberechtigten (über 52) weiter in die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte stürzt: Die Klimakrise!«
Noch innerhalb der ersten Stunde reagierte die lokale Parteispitze der Grünen und befreite die erste Schülerin. Wenig später folgten SPD und Die Linke. Knapp zwei Stunden nach Beginn der Protestaktion erschien auch ein Vertreter der FDP samt Schlüssel. Lediglich Schüler Gregor, dessen Schlüssel in der Geschäftsstelle der Leipziger CDU deponiert worden war, musste weiter ausharren.
Viel Zuspruch für »kreativen Protest« – Kritik, weil CDU auf sich warten ließ
Zwischenzeitlich fand die Aktion, die von der Jugendinitiative Extinction Rebellion ausging, im Internet viel positiven Zuspruch: Als »geniale Idee« oder »hochinteressante und kreative Art des Protests« wurde es gewertet, die Politik auf ihre Verantwortung für die nächste Generation hinzuweisen. Mehrere Kommentare kritisierten die CDU und deren jüngsten Umgang mit Kritik seitens jüngerer Generationen. Auch gehässige und abwertende Stimmen gegenüber den Jugendlichen wurden laut.
Etwa fünf Stunden nachdem er sich am Rathaus angeschlossen hatte, wurde letzten Endes auch Schüler Gregor befreit. Lucas Schopphoven, Sächsischer Vorsitzender des Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS), erschien mit dem Schlüssel der CDU. Auf Twitter wies er mehrfach darauf hin, als CDU-Vertreter anschließend auch »von allen Parteien am längsten geblieben« zu sein, wofür er wenig Zuspruch fand.
Ein Mitglied der Protestgruppe Extinction Rebellion kritisierte auch den Leipziger CDU-Vorsitzenden Robert Clemen. Er habe »extrem ungehalten« reagiert, als er über die Situation des letzten Verbliebenen informiert worden sei.
Leipziger CDU-Chef: »Bei uns waren alle im Wahlkampf«
Diese Darstellung weist Robert Clemen auf Nachfrage des kreuzer zurück, wenngleich er deutlich sagt, dass er die Protestaktion nicht nachvollziehen könne und sie äußerst unvernünftig finde. Er selbst sei am Samstag ab 14 Uhr an einem Wahlkampfstand eingebunden gewesen, wo ihn eine junge Frau auf die Aktion aufmerksam gemacht habe, schildert er. Angerufen oder über Whatsapp kontaktiert habe man ihn nicht, dies könnten auch die anderen Personen am Wahlkampfstand bezeugen, betont er.
Ausgerechnet am Vortag der Wahl auf eine schnelle Reaktion zu setzen, nennt er angesichts von acht Wahlkampfständen, die zu dem Zeitpunkt in Leipzig besetzt waren, unverantwortlich: »Bei uns waren alle im Wahlkampf. Da ist es natürlich schwierig, jemanden abzuziehen, weil sich irgendwo jemand angekettet hat.« Freiwillig habe sich dann der 22-jährige Schopphoven bereit erklärt »da jetzt hinzufahren«.
Mögliche Arbeitszeitüberschreitung wegen Protest: »Wer ist dann verantwortlich?«
Kritik daran, dass die CDU sich gegenüber politisch engagierten Jugendlichen vom Parteinachwuchs vertreten lässt, während die Konkurrenz teils mit der lokalen Parteispitze vor Ort war, sieht Clemen als unbegründet. Ebenso, dass die CDU als letzte Partei vor Ort war: »Ich gehe davon aus, dass die anderen Parteien vorher informiert waren. So schnell wie die Grünen da waren.«
Letztlich stelle eine solche Form des Protests aus seiner Sicht »eine Art von Nötigung dar«. Gegenüber dem kreuzer stellt er die Frage nach der Verantwortung bei etwaigen Folgen in den Raum: »Wer ist denn verantwortlich, wenn unser Geschäftsführer wegen sowas seine Arbeitszeit überschreitet, weil er nochmal in die Geschäftsstelle muss und dann gegen das Arbeitszeitgesetz verstößt? Da muss man auch mal nachdenken!«