»Einer für alle, alle für einen« so das Motto der berühmten drei Musketiere von Dumas. Mit ähnlichem Ideal versucht nun ein Zusammenschluss von Leipziger Spielstätten die Zukunft ihrer Profession trotz COVID-19 zu ermöglichen. Dazu präsentieren sie den sogenannten Musketier-Plan.
»Die Stimmung bei uns ist angespannt bis perspektivlos. Ständig werden die Verbote verlängert, ohne Angaben, wie es weitergehen soll«, erzählt Pierre Gehrmann vom Veranstalter Mawi Concerts. Dabei sieht die Situation bei anderen Veranstalterinnen kaum anders aus: Die Zukunft der Kulturlandschaft hängt in der Schwebe, dazu gehört auch die Existenz der Leipziger Spielstätten. Keine Kultureinrichtung, die momentan nicht um jeden Euro bangen muss – unabhängig von Größe, Tradition und Bekanntheitsgrad des Veranstaltungsorts. Als Resultat haben sich nun 16 private Spielstätten von Felsenkeller bis Westbad zusammengefunden. Mit dem Musketier-Plan wollen sie in Zukunft eine neue Richtung einschlagen. Das scheint bitter nötig: »Termine werden von A nach B, von B nach C und von C nach D verschoben. Es ist kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Wir sitzen alle im selben Boot«, meint Roland Bergner, Programmleiter vom Werk 2.
Die Fakten sprechen für sich: Mawi Concerts bespielen die Parkbühne und Haus Auensee in Leipzig und berichten von mehreren Hundert verschobenen Konzerten. Anstatt den ursprünglichen 2500 Menschen, sei in der Parkbühne unter den aktuellen Hygienemaßnahmen nur noch Platz für ein Fünftel der Besucherinnen. Dabei sei es allerdings schwer, allein die vorhandenen Plätze zu füllen. Eine ähnliche Situation beschreibt Dieter Richter, Leiter der Leipziger Pfeffermühle: »Zwischen März und August haben wir über 220 Veranstaltungen verloren. Wie lange es noch reicht, wissen wir nicht. Ich denke, im Dezember mache ich die Vorhänge runter.« Die Lage der einzelnen Spielstätten unterscheidet sich zwar, sie alle eint jedoch der Fakt, dass es so wie bisher schlichtweg nicht weitergehen kann.
Das Vertrauen der Besucherinnen scheint gebrochen. »Die Menschen sind tief verunsichert. Wir müssen das Vertrauen erst gewinnen. Wir sind zwar die wohl schönste Nebensache der Gesellschaft, aber wir müssen umso mehr investieren«, sagt Peter Matzke, Geschäftsführer des Krystallpalast Variéte Leipzig. Mit dem Ende warmer Tage, naht zudem das Ende von Open-Air-Veranstaltungen. Und die bisherige Motivation, in Zeiten der Pandemie, Veranstaltungen in geschlossenen Räumen zu besuchen, sei laut Leipziger Spielstätten noch geringer. Umso wichtiger, die Besucherinnen jetzt so schnell wie möglich zurückzugewinnen.
Der neue Plan soll dazu beitragen. Paul Simang vom Westbad erklärt: »Der Musketier-Plan soll zeigen: Wir wissen, dass wir Verantwortung tragen und wir gehen damit richtig um.« Für die Spielstätten bedeutet das in der konkreten Umsetzung: Keine Weitergabe der Gästedaten ohne behördliche Verfügung und absoluter Fokus auf die Gesundheit der Besucherinnen. Dafür würden konsequent durch Ordnungs- und Gesundheitsamt geprüfte und genehmigte Hygienekonzepte sowie eine Hygienebeauftragte sorgen. Letztere sei auch Ansprechpartnerin für potenzielle Sorgen und Kritik der Besucherinnen. Die genannten Punkte sollen auch von den Partnerinnen der Spielstätten vertreten werden.
In wenigen Wochen soll der Plan in einem Siegel Ausdruck finden – er stellt eine Art Selbstverpflichtung und Vertrauens-Symbol dar. Die Kulturschaffenden prüfen dabei selber, ob die Regeln eingehalten werden. Das Projekt soll allerdings auch mit Konsequenzen bei Nicht-Einhaltung einhergehen. Wie sich diese gestalten, steht jedoch bisher noch nicht fest.
Eine endgültige Lösung aus der Pandemie-Misere ist der Plan allerdings nicht. Pierre Gehrmann erklärt: »Rein wirtschaftlich reicht das Konzept nicht. Es geht uns eher darum zu sagen: Wir sind noch da, vergesst uns nicht, vergesst nicht, dass es noch ein Kulturleben gibt. Und nicht nur Netflix und Co.« So werde man im Notfall lieber auf ein paar Stühle verzichten, um die gesundheitliche Sicherheit der Besucherinnen zu gewähren. Zudem sollen neue Konzepte entstehen. Während also die monetäre Zukunft der Kulturschaffenden im Ungewissen verbleibt, scheint der Appell an die Besucherinnen klar. Roland Bergner vom Werk statiert: »Wir leben das, was wir beruflich machen. Ich erwarte von den Leuten in Leipzig, dass sie erkennen, dass wir bemüht sind.«