Bei der Corona-Soforthilfe im Frühjahr ging Judith van Waterkant leer aus. Nun greift für Soloselbstständige auch die Novemberhilfe nicht. Ein Beispiel für die Missachtung von Freiberufler-Realitäten
»Wo ist denn diese Bazooka für uns?«, fragte Judith van Waterkant im Frühjahr beim kreuzer-Gespräch. Damals war gerade klar geworden, dass die Corona-Soforthilfen des Bundes Soloselbstständige wie van Waterkant ausschloss. Die Leipziger Musikerin und Dozentin fühlte sich und viele andere Freiberufler von der Regierung im Stich gelassen. Nun im zweiten, leichteren Lockdown ist dieses Gefühl zurück.
»Das hat mich hart getroffen, das ist ein Schock«, sagt sie dem kreuzer. Van Waterkant gibt an Schulen Lehreinheiten zur Gesundheitsförderung und Suizidprävention sowie Improvisations- und Entspannungskurse. Diese finden nun nicht statt. »Ich habe fest damit gerechnet, dass ich die Novemberhilfe bekomme«, so die Leipzigerin. Aber ihre Steuerberaterin verneinte und erklärte ihr, dass nur unterstützt wird, wer von den verordneten Maßnahmen zur Schließung direkt betroffen ist. Das sei sie in diesem Verständnis nicht. »Die Schulen sind offen, aber ich darf nicht hinein. Daher sind theoretisch die Schulen von den Schließungsmaßnahmen nicht betroffen«, so die Dozentin. »Das ist absurd, dass ich deshalb nicht berechtigt bin. Würde ich in einem Club unterrichten, dann bekäme ich die Hilfen.«
Für die Situation am Anfang der Pandemie hat van Waterkant Verständnis, auch wenn sie leer ausging. »Im Frühjahr musste es schnell gehen mit den Maßnahmen, da passieren Fehler.« Schon damals zeigte sich, dass die Regierenden von den Realitäten der Arbeitswelt wenig Ahnung haben und das Angestelltendasein als Modell für alle herhielt. Während diese mit subventionierten Kurzarbeitergeld aus den Sozialsystemen gehalten wurden, sollten Soloselbstständige Arbeitslosengeld-II beantragen. Nun gehen die Maßnahmen – dass Novemberhilfen im Dezember erst kommen, ist für jene mit Anspruch darauf auch hart – zum Teil wieder an der Wirklichkeit vorbei. »Die Politik hat auch nach neun Monaten nicht kapiert, welche verschiedenen Existenzen es gibt«, kritisiert Judith van Waterkant. »Ich habe mir das über drei Jahre genauso aufgebaut, ich bin Künstlerin und Dozentin und will es in dieser Kombination sein. Es war genauso, wie ich es wollte, es fühlte sich gut an.« Und nun fällt sie damit wieder durch das Raster. Sie ist nicht nur sauer über die Ignoranz der Politik, sondern fürchtet um ihr Auskommen. »Letztes Jahr hatte ich einen guten Monat, damit komme ich jetzt durch, dachte ich. Und dann werden wir wieder nicht mitbedacht. Das bricht mir unternehmerisch endgültig das Genick.«