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Kultur

Klein-Klein mit Ansage

Der Standort des Schulmuseums wird infrage gestellt

  Klein-Klein mit Ansage | Der Standort des Schulmuseums wird infrage gestellt

Die Leipziger CDU will das Schulmuseum aus seinem derzeitigen Standort verjagen. Offene Konflikten aus der Vergangenheit kommen auf, die es nun anzupacken gilt.

Mittlerweile muss die Ratsversammlung am 4. September 2019 als historisch eingestuft werden. Ausgerechnet ein Antrag der AfD geriet zu einem Schlagabtausch über die Zukunft des geplanten Forum für Freiheit und Bürgerrechte auf dem Gelände des Matthäikirchhofs. Damals schloss Oberbürgermeister Burkhard Jung ganz offensichtlich genervt die Debatte zum Museum in der Runden Ecke sinngemäß mit den Bemerkungen, dass es ohne Zweifel Kritik an der jetzigen Situation gibt und inhaltlichen Verbesserungsbedarf gäbe. Viel lieber sprach er aber von dem »Zutrauen auf die Entwicklung des Matthäikirchhofs, gemeinsam mit vielen Partnern Schwung in eine neue Gedenk-, Erinnerungs- und Demokratiekultur« zu bringen. Es gelte »ein wirklich großartiges Areal zu gestalten«, weshalb er sich 2019 nicht in einem »Klein-Klein« verlieren wollte.

Für das geplante Forum im Matthäikirchhof gibt es seit vergangenem September ein Positionspapier, das drei verwaltungsinterne Fachlabore erarbeiteten. Laut Papier »spiegelt es den Diskussionsverlauf und die Mehrheitsmeinung der beteiligten Dezernate, Einrichtungen und Ämter wider.« Es betont sowohl den historischen als auch den zukünftigen Aspekt für die Stadtgesellschaft. Leitthema für die Nutzungsentwicklung ist es, einen zentralen Ort der gelebten Demokratie, der Vielfalt und Teilhabe in Leipzigs Innenstadt zu schaffen. Dazu zählen laut Positionspapier die Rolle des zivilgesellschaftlichen Engagements, das Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft sowie die Zukunft der Demokratie.

Neben dem Museum Runde Ecke, dass das Bürgerkomitee Leipzig mit öffentlichen Geldern von Stadt, Land und Bund unterhält, nimmt das in städtischer Hand befindliche Schulmuseum in direkter Nachbarschaft einen wichtigen Ort innerhalb des zukünftigen Forums ein. Nach der entwickelten Ideenskizze zum Gesamtareal soll nun in einem Raumprogramm festgelegt werden, was wer an Platz benötigt. »Es soll dann als Grundlage für die notwendigen politischen Beschlüsse genutzt werden.«

Der Plan für den neu zu schaffenden Ort in der Innenstadt klingt gut. Die CDU stellte nun einen Antrag, der zuerst ganz nett und engagiert klingt, im Hinblick auf die Debatten der letzten Jahre um den Saalbau dann doch aber wie Mobbing wirkt. Der Antrag ist überschrieben: »Das Schulmuseum als moderner Ort für lebendiges Lernen - evaluieren, fördern, entwickeln!« Die Christdemokraten empfehlen darin eine Evaluation des Museums. Daran anschließend soll der Oberbürgermeister bis zum Ende des vierten Quartals 2021 »die Möglichkeiten eines neuen, erweiterten Standortes für das Schulmuseum« prüfen.

Begründet wird der Antrag mit der wertvollen Arbeit des Schulmuseums. »Unser Ziel ist es, diese Arbeit weiter zu qualifizieren. Der derzeitige Standort ist für die umfassende Leipziger Bildungsgeschichte zu einseitig vorgeprägt.« Die CDU benennt als neue Museumsinhalte die Arbeiter- und Frauenbildungsvereine. Außerdem scheint die Nähe zur Runden Ecke nicht förderlich für die Museumsarbeit. Ganz offensichtlich wirken die Stasi-Geschichten nach christdemokratischer Blickachse zu tief in das Schulmuseum. So erscheint der Wegzug als ein Rettungsschlag für die Institution. Im Antrag ist von einem grundlegenden Neustart mit neuem Standort – empfehlenswerter Weise nahe einer Schule – die Rede und der Notwendigkeit einer »neuen konzeptionellen Ausrichtung«.

Die Christdemokraten wollen sich nun also für die Frauenbildung sowie die sozialdemokratische und kommunistische Arbeiterbildung des 19. und 20. Jahrhunderts im Schulmuseum starkmachen. Aber warum sollten diese Inhalte nur in der Nähe einer Schule vermittelt werden? Es stellen sich mit dem Antrag eine Reihe von Fragen: Welche Interesse verfolgt die CDU? Wem könnte der Wegzug des Schulmuseums besonders gefallen? Wer benötigt Platz? Oder handelt es sich bei dem Antrag um ein doch eher plumpes Ablenkungsmanöver, um ganz prinzipiell festhalten zu wollen, dass sich Parteien nicht in die objektive Museumsarbeit einzumischen haben?

Genau hier fängt das nie zu Ende gegangene Klein-Klein wieder an. 2024 soll mit den baulichen Maßnahmen auf dem Matthäikirchhof-Areal begonnen werden. Viel Zeit für Manöver einerseits, aber auch für Lernprozesse, dass gelebte Demokratie nicht damit verwechselt werden darf, dass derjenige, der am lautesten schreit, Recht besitzt.


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