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Kultur

Lass mal drüber reden

Autorinnen über Mutterschaft und über Sex

  Lass mal drüber reden | Autorinnen über Mutterschaft und über Sex

Unzählige Bücher überfluten den Markt. Linn Penelope Micklitz und Josef Braun helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl. Diesmal lauscht Literaturredakteurin Linn Penelope Micklitz in zwei Anthologien den Erfahrungen von Frauen. Luca-Anne Holmes versammelt Stimmen zu Sex und Erotik von Frauen weltweit. Barbara Rieger publizierte Geschichten und Gedanken deutschsprachiger Autorinnen zum Thema Mutterschaft und Kinderkriegen.

Sandra Gugić schreibt in ihrem Text über ihr Muttersein: »Der Akt der Befreiung ist, das Wort zu ergreifen.« Das tun Schriftstellerinnen ja qua Beruf sowieso schon, gewisse Themen sind aber immer noch unterrepräsentiert und oder verpönt. Umso wichtiger, dass die Veröffentlichung von Büchern zu solchen Dingen zunimmt. Autorin Barbara Rieger hat Kolleginnen gebeten, über das Muttersein zu schreiben, über Schwangerschaft, Geburt und dergleichen mehr — die Form ganz frei. Im Ergebnis hat dieses vielstimmige Buch darum Erzählungen als auch autobiografische Erfahrungen zu bieten. Eine abwechslungsreiche Lektüre, denn für alle, die es noch nicht wissen: Texte übers Muttersein sind alle unterschiedlich. Sie sind existentiell, sie bilden die Lebensrealität zahlreicher Menschen ab und bieten dabei doch gleichzeitig nur eine einzige, ganz individuelle Perspektive auf »die ärgste Sache der Welt«, wie es im Untertitel so schön heißt. »Arg« ist ein tolles Wort und trifft den Kern der Sache. Denn es kann ganz arg schöne und ganz arg schreckliche Dinge geben, und ganz arg viel dazwischen. So ist das mit Müttern: Kennste eine, kennste eine.

[caption id="attachment_129148" align="alignleft" width="220"] »Mutter werden. Mutter sein.«; Cover: Leykam Verlag[/caption]

In »Was wir lieben« erzählen Frauen aus der ganzen Welt zwischen 19 und 74 Jahren von ihrem Sexleben. Das das erschütternd, erstaunlich und gleichzeitig empowernd sein kann, zeigen Zitate wie diese: »Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, mich zu fragen, ob es mir gefallen hat. Vielleicht mache ich das beim nächsten Mal« oder »Ich stelle gerne Regeln für mich auf. Eine davon lautet, dass ich, wenn ich mit jemandem Sex habe, hinterher mindestens eine Stunde lang mit ihm öffentlich Händchen halten will« und »Da dachte ich mir: O mein Gott, wenn eine Frau wie sie [Samantha aus Sex and the City] Probleme im Schlafzimmer hat, dann ist es in Ordnung, die eigene Sexualität zu hinterfragen.«

[caption id="attachment_129150" align="alignright" width="213"] »Was wir lieben«; Cover: Heyne Verlag[/caption]

Der Effekt ist atemberaubend und heilsam: Alles, was da berichtet wird, ist Teil eines gigantischen Sex-Spektrums. Jeder Schmerz, jede Vorliebe, jede Abneigung ist möglich, der Begriff »normal« schließt mit einem Mal einfach alles ein. Jede liebt auf ihre Art. Und das ist okay. Jede Frau, die diese Berichte liest, wird ganz automatisch in Gedanken ihren eigenen ergänzen und sich einreihen in diesen Chor, der deutlich macht, dass Vielfalt nicht bedeutet, alles abseits der Normalität zuzulassen, sondern zu erkennen, dass Normalität alles umfasst.

»Die Welt verändert sich durch Geschichten«, schreibt Sandra Gugić. Lesen wir sie, und erzählen wir unsere!


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