Nils Fischer wird erster Leipziger Nachtbürgermeister und damit Schnittstelle zwischen Clubkultur und Stadtverwaltung. Das Amt soll die Nachtkultur nach den harten Lockdown-Monaten stärken. Noch vor Amtsantritt erntete die Personalie Kritik – »haltlose Anschuldigungen«, heißt es aus dem Kulturausschuss.
Beim Wort »Nachtbürgermeister« mag so manch einer an Kinderbücher oder Mittelalter-Laternen denken. Tatsächlich versteckt sich hinter der Bezeichnung ein neu geschaffenes Amt für Leipzig: »Städtischer Fachbeauftragter für Nachtkultur« lautet die offizielle Bezeichnung. Im Klartext: Der Nachtbürgermeister soll ab Oktober zwischen Leipziger Clubzene, Stadtverwaltung, Ordnungsbehörden und Politik vermitteln. Er ist eine Art Schnittstelle und Ansprechperson zugleich, die Bars und Clubs nach den harten Lockdown-Monaten stärken, neue Standorte suchen und mit allen Beteiligten kommunizieren soll. Das Amt vervollständigt die sogenannte Leipziger »Botschaft der Nacht«. Hinter dem poetischen Namen stecken der »Nacht-Rat« sowie die »Koordinierungsstelle Nachtleben«: Zwei Institutionen, die die freie Szene Leipzigs momentan aufbaut, um Clubbetreiber, städtische Vertreter sowie die Polizei zusammenzubringen und die Nachtkultur zu stärken.
Nils Fischer, der den Job ergatterte, wurde 1991 in Braunschweig geboren. 2011 verschlug es den 30-Jährigen nach Halle, wo er Kunstgeschichte, Wirtschaftswissenschaften und Denkmalpflege studierte. Nach dem Studium widmete er sich der kommunalen Kulturarbeit: Zunächst arbeitete er vier Jahre lang als freier Mitarbeiter im Fachbereich Kultur der Stadt Halle, 2019 folgte hier die Festanstellung. In seiner damaligen Tätigkeit zeigen sich Parallelen zum neuen Amt: Fischer kümmerte sich jahrelang um die Zusammenarbeit zwischen hiesiger Kunst-Kulturszene und Verwaltung.
Feststeht, dass sich der 30-Jährige im zweistufigen Auswahlverfahren gegen starke Konkurrenz behaupten konnte. »Die Auswahlkommission hat sich für Nils Fischer entschieden, der sich unter 119 Bewerberinnen und Bewerben durchsetzen konnte«, heißt es auf der Website der Stadt Leipzig. Teil der entscheidenden Kommission sind Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke, Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal und Katrin Gruel, Geschäftsführerin des Werk 2.
Kurz nach Bekanntgabe kritisierte Grünenpolitiker Jürgen Kasek die Personalentscheidung auf Twitter. Zunächst wunderte er sich über Fischers fehlenden Bezug zur Stadt: Seiner Meinung nach hätte es durchaus auch kompetente Leipziger für den Job gegeben. In seinen nächsten Tweets wurden Ton sowie Sarkasmus deutlich schärfer: Die jetzige Leipziger Kulturamtsleiterin Anja Jackes habe zuvor mit Fischer in Halle gearbeitet, sie leitete dort den Fachbereich Kultur der Stadt Halle. Für Kasek also kein Wunder, dass Fischer als Sieger aus dem Auswahlverfahren hervorgegangen ist: »Vitamin B ist immer noch die beste Bewerbung«, kommentiert er das ganze auf Twitter.
Thomas Kumbernuß, der mit Kasek im Kulturausschuss sitzt, sieht in den Anschuldigungen seines Stadtratskollegen dagegen »viel zu viel Spekulation«. Von Vitamin B sei ihm nichts bekannt, ganz im Gegenteil: Er habe mitgekriegt, dass Fischer schlicht der beste Kandidat war. »Das ist halt ein demokratischer Prozess«, sagt Kumbernuß. »Das hat ja auch nicht Frau Jackes entschieden, sondern eine unabhängige Kommission.« In Fischers jahrelanger Mitarbeit im Fachbereich Kultur sieht der Linkenpolitiker eher einen Vorteil. »Der hat jede Menge Erfahrung«, ist sein knappes Urteil. Prinzipiell findet Kumbernuß es »schwierig, von vorneherein jemanden zu beschuldigen, der noch gar nicht im Amt ist.« Sein Credo: »Erst informieren, dann posten.«