Mit der Weinkostbar hat die Gourmétage ein Restaurant eröffnet. Es hat ganztags ein exklusives Angebot von hochwertigen Lebensmitteln und guten Weinen
Am Dittrichring grüßen wieder Schirme. Dort, wo jahrelang der beliebte Telegraph beheimatet war, ist im Juni neues gastronomisches Leben eingezogen, indem sich der Leipziger Feinkosthandel Gourmétage Richtung Restaurant erweiterte. Dies bestimmte wohl ein wenig auch seine Kundschaft: »Die Leute sitzen gerne an den Tischen vor dem Geschäft in der Mädlerpassage, essen und trinken«, sagt Oliver Laugisch, im neuen Restaurant der Maître. Ein Vorteil des Restaurants: »Es schließt nicht bereits um 20 Uhr.«
Vor der Eröffnung stand eine Generalüberholung der Räume. »Wir haben bis zum Rohbau alles rausgerissen und komplett renoviert«, sagt Laugisch. »Vom Tresen über die Lüftung bis zu den Leitungen ist alles neu.« Auch der Fußboden mit den hübschen schwarzen Fliesen wurde freigelegt. Sie bilden einen Kontrast zum Weiß der Wände und zum grellen Orange der Sitzmöbel.
In diesem frischen Design, mit Blumensträußchen auf dem Tisch, lässt es sich vom Frühstück bis zum Absacker nach dem Abendessen über den Tag kommen. Den Schwerpunkt für die erste Mahlzeit des Tages liegt bei frisch zubereiteten Eierspeisen. Neben Kreationen wie Egg Atlantic – pochiertes Ei auf English Muffin mit hausgebeiztem Lachs und Sauce Hollandaise – oder œufs Cocottes – mit Spinat und Crème fraîche gebacken und nach Wahl mit Parmaschinken, Forelleneiern oder schwarzem Trüffel – stehen auch drei Rühreier oder süße Croissants auf der Karte. Exklusiver wird es mit Austern oder Beluga aus deutscher Aquakultur mit Blini (100 €). Letztere sind für die weiteren Mahlzeiten im Tagesverlauf ebenso im Angebot wie Käse, Wurst und Antipasti, die frisch aus dem Tresen kommen und mit Butter und Brot serviert werden, als Platte auch für mehrere Personen. Backwaren wie die Panini stellt die Küche entweder selbst her oder bezieht sie von Handwerksbäckern aus Bennewitz oder Bad Düben, so den Teig für den Flammkuchen (9,50 €).
Überhaupt stammen die Lebensmittel nicht von irgendwoher, sondern entsprechen dem Qualitätsanspruch des Feinkostladens: der Büffelmozzarella aus Italien, der Hering für Matjes oder Bismarck (15 €) aus Stralsund, die Sardinen aus einem galizischen Familienbetrieb. Die Färse für das Tatar oder das Boeuf Bourguignon (16 €) stammt aus der Bundesrepublik. Ihr Filetsteak liegt auf einem hübsch, aber ohne Manieriertheit angerichteten Teller an einem gemischten Salat mit verschiedenen Blattsalaten, roten Zwiebeln, Tomaten und zurückhaltendem Dressing.
Das Fleisch ist in jeder Hinsicht auf den Punkt und gut mit Salz und Pfeffer gewürzt, was die Jus um eine Spur Rosmarin verlängert. Die Kartoffeln dazu schmecken jung und kommen enorm zart aus dem Grill, direkt überraschende Akzente setzt die Erbscreme. Die Zubereitung geht nicht allzu flott, was auf Frische hindeutet. Inzwischen schmeckt schon mal der Wein. Nicht wenige Tropfen von der Karte sind in den nahen Anbaugebieten Sachsen und Saale-Unstrut gewachsen. Der Edelacker Riesling GG vom Weingut Pawis passt mit seiner leichten Fruchtigkeit und der Mineralität gut zum Teller – wie das charmante Servicepersonal schon im Vorfeld mit kenntnisreichen Attributen zu bestätigen wusste.
Gegenüber der Kunstecke mit Drucken oder Malerei im Rahmen schauen gut gekleidete Schaufensterpuppen Richtung Matthäikirchhof und werben für den Maßlounge genannten Bekleidungsausstatter auf der Galerie, die einst den Raucherbereich beherbergte. Übrigens soll auch dem Kellerclub neues Leben eingehaucht werden. Derzeit wird er ebenfalls von Grund auf renoviert und umgebaut. Laugisch sagt: »Dort planen wir eigene Veranstaltungen, Gäste können sich einmieten. Und ansonsten wird es Musik geben.« Ein Eröffnungstermin steht noch nicht fest. Aber Laugisch versichert, dass die Stadt rechtzeitig davon erfahren wird.
Der Text erschein zuerst in der Oktober-Ausgabe des kreuzer 10/21.