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Kultur

»Aus Liebe zur Buchmesse«

Rettendes Notfallpflaster: Verleger Leif Greinus über die »Buchmesse Popup 2022«

  »Aus Liebe zur Buchmesse« | Rettendes Notfallpflaster: Verleger Leif Greinus über die »Buchmesse Popup 2022«

Die dritte Absage der Leipziger Buchmesse in Folge wollten die Verleger Leif Greinus und Gunnar Cynybulk so nicht hinnehmen und haben eine einmalige Alternative initiiert: »Buchmesse Popup 2022«. Leif Greinus (Voland & Quist) sprach mit dem kreuzer über die Beweg- und Hintergründe und warum es wichtig ist, jetzt ein Signal zu senden – auch an die Buchmessestadt.

kreuzer: Warum sollte die Buchmesse in Leipzig stattfinden?

Leif Greinus: Weil wir Buchmenschen diese Messe zwingend brauchen und sie sich unter der sich abzeichnenden Pandemie-Entwicklung mit entsprechendem Konzept hätte weitestgehend sicher umsetzen lassen.

kreuzer: Der Schriftsteller Gregor Sander hat eine Petition #wirwollenlesen gestartet, in der es heißt: »Wir sind wütend, traurig, fassungslos.« Was war Ihre erste Reaktion auf die Messeabsage?

Greinus: Tief bestürzt und vor Wut schnaufend. Zum Glück haben wir aber rasch wieder die Fassung erlangt und die Energie positiv genutzt.

kreuzer: Als Verleger haben Sie der Buchmesse keine Absage geschickt?

Greinus: Wir im Verlag haben unbändige Lust, unsere Autorinnen und Autoren dem Publikum auf der Messe und bei Abendveranstaltungen vorzustellen und fieberten nach zwei Jahren ohne Frühjahrsmesse diesem schönen und wichtigen Impuls fürs Büchermachen entgegen.

kreuzer: Mit der Absage begann eine heftige Debatte über den Zustand der Bücherbranche, hagelt es Schuldzuweisungen, wurde gefragt, ob wir solch große Messen überhaupt noch brauchen. Brauchen wir sie?

Greinus: Das scheinen die Verlage unterschiedlich zu sehen. In einer sich weiter digitalisierenden Welt sind analoge, persönliche Begegnungen in solch einem großen Glashaus wie der Leipziger Messe enorm wichtig für uns. Wir investieren seit Jahren einen veritablen Anteil unseres Jahresumsatzes in die Messeteilnahme.

kreuzer: Sie haben zusammen mit anderen unabhängigen Verlagen entschieden, kurzfristig ein alternatives Programm auf die Beine zu stellen. Wer steht hinter der Initiative?

Greinus: Die Idee entstand am Tag der Absage. Gunnar Cynybulk vom Kanon Verlag und ich telefonierten dazu, haben uns unserer Liebe zu Leipzig und der Buchmesse versichert und dann kurz und knackig »Buchmesse Popup« als Slogan kreiert und losgelegt.

kreuzer: Wie waren die ersten Reaktion?

Greinus: Durchgängig positiv. Wir haben in einem ersten Schritt Verlagshäuser wie Aufbau, Suhrkamp und Klett-Cotta angerufen und schnell Zusagen erhalten.

kreuzer: Können Sie etwas zum Programm verraten?

Greinus: Wir wollen die Halle A des Werk 2 mit Messeständen von Freitag bis Sonntag bespielen. Begleitend wird es in den Cammerspielen und in der Halle D ein Leseprogrammm geben. Bisher haben unter anderem die Verlage Suhrkamp, Wagenbach, Aufbau, Klett-Cotta, Mare, Verbrecher, Kampa, Katapult, Kunstmann, Matthes & Seitz zugesagt. Die Kurt-Wolff-Stiftung ist dabei wie auch das Netzwerk der Literaturhäuser.

kreuzer: Wie wuppt man so etwas in der kurzen Zeit?

Greinus: Ha. Das werden wir erst am 20. März beantworten können. Macht aber großen Spaß, der Absage ein so frohes Werkeln entgegensetzen zu können. Hilfreich ist auf jeden Fall die starke Vernetzung von Gunnar und mir. Einerseits in der Buchbranche, anderseits konkret hier vor Ort in Leipzig.

kreuzer: Was versprechen Sie sich von der Initiative?

Greinus: Nichts weniger als ein rauschendes Buchfest.

kreuzer: Da drücken wir natürlich die Daumen und hoffen auf einen ordentlichen Bücherrausch! Eine letzte Frage noch: Wie ist Ihre Prognose für die Buchmesse 2023?

Greinus: Sie wird wieder regulär stattfinden und die »Buchmesse Popup« wird staubsicher verpackt. Wer weiß, vielleicht wird eines Tages die Buchmesse in Frankfurt abgesagt, dann hat man eine schnell umzusetzende Alternative im Koffer.

Interview: Martina Lisa – Foto: Voland  Quist / Sven Hassel

 

Popup findet vom 18. bis 20. März mit mehr als fünzig Verlagen statt, die ihre aktuellen Titel präsentieren, u. a. die Aufbau Verlage, C.H.Beck, Hanser, Jung und Jung, Kampa, Kanon, Katapult, Klett-Cotta, Kunstmann, Mare, Matthes & Seitz, Schöffling, Suhrkamp/Insel, Verbrecher, Voland & Quist und Wagenbach. Die Initiative ist als ein einmaliges Ereignis gedacht und richtet sich weder gegen die etablierte Messe noch gegen die Verlage, die aus nachvollziehbaren Gründen ihre Teilnahme abgesagt haben, betonen die Initiatoren.

Werk 2, 18. 3., 12–18 Uhr; 19. + 20. 3., 10–18 Uhr, Tickets sind zum Preis von 6 Euro erhältlich


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1 Kommentar(e)

Johannes Schroth 17.02.2022 | um 17:53 Uhr

Danke. Großartig. Glückwunsch. Aufstand der Kleinen gegen das große Geld. Gutes Gelingen!