Ein feministischer Western aus Sachsen: In dieser Woche startet »The Stolen« im Luru. Hinter der Kamera hat der deutsche Koproduzent Actrio Studio aus Leipzig die Postproduktion nach Mitteldeutschland geholt und auch der Ton wurde von Leipzigern gemacht. Handlungsort ist aber Neuseeland in den 1880er-Jahren: Gangster machen Charlotte nicht nur zur Witwe, die Mörder ihres Mannes entführen auch noch ihr Baby. Als die offiziellen Wege ins Leere führen, nimmt die junge Frau die Dinge selbst in die Hand. Nachdem der Film durch die Pandemie lange auf Eis lag, kommt er nun bundesweit in die Kinos.
»The Stolen«: 24., 26./27.3., Luru-Kino in der Spinnerei (OmU)
Film der Woche: In den Filmen von Mike Mills sind Männer meist das schwache Geschlecht. Sein Spielfilmdebüt »Thumbsucker« ist eine bittersüße Coming-of-Age-Story, in »Beginners« muss sich Ewan McGregor mit dem Coming Out und dem nahenden Tod seines Vaters Christopher Plummer auseinandersetzen und »20th Century Women« schließlich stellte die Frauen als Vorbild für einen heranwachsenden Jungen in den Siebzigern in den Mittelpunkt. In »C‘Mon C‘Mon« darf Joaquin Phoenix, dessen diabolische Darbietung in »Joker« ihm zuletzt einen Oscar einbrachte, einen verletzten Einzelgänger mimen, der sich um den Sohn seiner Schwester kümmern muss. Die beiden verbringen einige Tage in New York, an denen beide wachsen und sich einander nähern. Viv muss sich um ihren mental kranken Ehemann Paul kümmern. Das Verhalten des Vaters und die Abwesenheit der Mutter haben tiefe Spuren bei Jesse hinterlassen, als er Johnny kennenlernt. Der Teenager lässt sich nur zögernd auf seinen Onkel ein, bis sie eine Reise nach New York unternehmen, wo Johnny für ein Dokumentarfilmprojekt Kinder interviewen muss, die ihm von ihrem Leben erzählen. In den Tagen im Big Apple lernen sich die beiden kennen, Johnny erfährt, was es heißt, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen und Jesse lernt, wie es ist, ein Erwachsener zu sein und ein eigenes Leben zu wählen. Mills erzählt in ruhigen Dialogen und wunderschönen Schwarz-Weiß-Bildern von einer keimenden Freundschaft und von der Schönheit am Leben zu sein.
»Come on Come on«: ab 24.3., Passage Kinos, Regina Palast
Michael Bay, Regisseur von »Bad Boys«, »Armageddon« und der »Transformers«-Reihe erzählt in seinem neuen Film die Geschichte zweier Bankräuber, deren Coup schief geht. Auf ihrer Flucht schießen sie erst einen Polizisten an, müssen dann improvisieren und landen schließlich in genau dem Rettungswagen, in dem der Polizist liegt und ins Krankenhaus gebracht werden soll. Kurzum nehmen sie die Sanitäterin und den Verwundeten in Geiselhaft und liefern sich mit der Polizei eine Verfolgungsjagd.
Wer den Regisseur und seine Werke kennt, weiß, dass dieser kein Filmemacher der leisen Töne ist. Style über Story – das war schon immer sein Motto. Zugegeben: Das macht es dem Publikum leicht, sich für oder gegen den Film zu entscheiden. Wen zwei Stunden Explosionen, Kugelhagel und Pathos unterhalten, dem sei auch dieser Actionstreifen ans Herz gelegt. Wirkliches Drama, plausible Motive, eine Figurenentwicklung oder gar einen kohärenten Spannungsbogen sucht man hier jedoch vergeblich. Da ist es fast bezeichnend, dass das Sounddesign ordentlich knallt, die von Jake Gyllenhaal gespielte Hauptfigur und dessen Versuche, Humor einzubauen, hingegen zu keinem Zeitpunkt funktionieren. Zwar liefern Eiza Gonzáles als Rettungssanitäterin und Yahya Abdul-Mateen II als Verbrecher mit Gewissensbissen ein besseres Bild ab, wirklich im Gedächtnis bleiben aber auch sie nicht.
Wer fälschlicherweise inszenatorische Finesse erwartet, der kann sich nach über zwei Stunden zumindest darüber freuen, dass Michael Bay seine Markenzeichen wie Slow-Motion, Gegenlicht, auffällige Produktplatzierungen und wehende Amerikaflaggen jetzt auch noch um wilde Drohnenfahrten erweitert hat. Als Vollangriff auf die Netzhaut und Trommelfelle hält »Ambulance« keine Überraschungen parat, aber zumindest hält er, was der Regisseur mit seinen Filmen seit Jahren verspricht.
KAI REMEN
»Ambulance«: ab 24. März, Cineplex, CineStar, Regina Palast
Von einem Moment zum anderen verliert Nikola, ein Tagelöhner in der serbischen Provinz, alles. Seine Frau liegt stumm im Krankenhaus, seine Kinder hält das Sozialamt fest. Ohne einen Ausweg marschiert er los. Hunderte Kilometer von Süd-Serbien nach Belgrad, um für sein Recht zu kämpfen. Regisseur Srdan Golubović (»Klopka – Die Falle«) macht ehrliche Filme, mit denen er sich immer wieder gegen soziale Ungerechtigkeit einsetzt. In »Otac – Vater« gelingt ihm das absolut meisterhaft. Geholfen hat dabei die Leipziger Produktionsfirma Neue Mediopolis. kreuzer hat im Dezember mit deren Geschäftsführer gesprochen.
»Otac – Vater«: 25.–27.3., Cineding (OmU), am 26.3. mit einem Filmgespräch mit dem Produzenten Alexander Ris
Weitere Filmtermine der Woche
20.000 Meilen unter dem Meer
USA 1916, R: Stuart Paton, D: Allen Holubar, Dan Hanlon, Edna Pendleton, 105 min
Kulturhof Gohlis, 25.03. 20:00 (Newsound-Kino)
Stummfilm nach Jules Verne mit livemusikalischer Begleitung.
A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani
IRN/F 2021, R: Asghar Farhadi, D: Amir Jadidi, Mohsen Tanabandeh, Sahar Goldust, 127 min
Passage-Kinos, 27.03. 16:00 (Preview)
Der verurteilte Straftäter Rahim gerät in ein Geflecht aus Lügen, als er unerwartet zu Geld kommt, mit dem er sich freikaufen könnte. Das neue Werk von Oscarpreisträger Asghar Farhadi (»Nader und Simin«).
Der Pate 2
USA 1974, R: Francis Ford Coppola, D: Al Pacino, Robert De Niro, Robert Duvall, 202 min
Cineplex, 27.03. 11:00
Der Mittelteil von Francis Ford Coppolas meisterhaftem Mafia-Epos.
Anime Night 2022: Jujutsu Kaisen 0
29.3., Prisma, UCI, Cineplex
Der Pate
USA 1972, R: Francis Ford Coppola, D: Marlon Brando, Al Pacino, James Caan, 175 min
Zazie bis 30.3. tgl. 20 Uhr OmU
Wiederaufführung von Francis Ford Coppolas Klassiker zum 50. Geburtstag.
Django Unchained
USA 2012, R: Quentin Tarantino, D: Jamie Foxx , Christoph Waltz , Leonardo DiCaprio, 164 min
Kinobar Prager Frühling, 25.03. 19:00 (Internatonaler Tag des Gedenkens an die Opfer der Sklaverei und des transatlantischen Sklavenhandels, OmU)
Der Sklave Django (Jamie Foxx) wird vom deutschen Kopfgeldjäger Dr. Schultz befreit und hilft ihm zum Dank dabei, mehrere Gangster auszuschalten. Schultz wiederum unterstützt Django bei der Suche nach dessen versklavter Frau. Tarantinos Mischmasch aus Sklavendrama und blutigem Western funktioniert erstaunlich gut – so gut, dass das Drehbuch sowie Christoph Waltz für seine Rolle als Dr. Schultz den Oscar bekamen.
Garagenvolk
D 2020, Dok, R: Natalija Yefimkina
Cineding 25.03. 21:15 (OmU), 26.03. 21:15 (OmU)
Die Garage als Zuflucht des russischen Mannes, Fluchtpunkt aus dem trostlosen Alltag und Symbol für große Träume.
International Ocean Film Tour Volume 8
Werk 2/Halle A, 28.03. 19:30
Surffilmrolle auf Tour.
Ivie wie Ivie
D 2020, R: Sarah Blaßkiewitz, D: Haley Louise Jones, Lorna Ishema, Anne Haug, 112 min
Cinémathèque in der Nato, 26.03. 19:30 (mit Regiegespräch im Anschluss, OmeU)
Die afrodeutsche Ivie lebt in Leipzig und wird von allen nur »Schoko« genannt. Eines Tages wird sie mit ihrer Halbschwester Naomi konfrontiert.
Jujutso Kaisen 0
J 2022, R: Sung-ho Park, 105 min
Cinestar, 29.03. 17:00, 20:00
Cineplex, 29.03. 17:30, 20:00, 20:10 (Anime-Night, OmU)
Anime um einen Jungen auf der Suche nach einem Schamanen, der ihn von einem Fluch befreien soll.
Lesbian Encounters Shorts
Kinobar Prager Frühling 24.03. 20:00 (überwiegend OmeU)
Gezeigt werden die Kurzfilme »Exibidas«, »Dubbing, »Rico, Rico«, »Testing My Poise – OvO«, »Girl Gang« und »Lumilust«.
Los Lobos
MEX 2019, R: Samuel Kishi, D: Martha Reyes Arias, Maximiliano Nájar Márquez, Leonardo Nájar Márquez, 95 min
Ost-Passage-Theater, 30.03. 20:00 (OmU)
Zwei Kinder immigrieren in die USA mit ihrer Mutter. Alleingelassen in einem winzigen Apartment halten sie sich an der Hoffnung fest, Disneyland besuchen zu können.
Loving Highsmith
CH/D 2021, Dok, R: Eva Vitija-Scheidegger, 84 min
Passage-Kinos, 30.03. 19:30 (Preview, QueerBLICK)
Dokumentarisches Porträt der Autorin Patricia Highsmith.
Nicht die Regel
A 2021, Dok, R: Tanya Schauenstein, 73 min
Kinobar Prager Frühling, 27.03. 11:00 (anschließendes Filmgespräch mit der Filmemacherin und Gästen, Sonderveranstaltung mit der Endometriose-Vereinigung Deutschland, Eintritt frei)
Erhellende Dokumentation über die Frauenkrankheit Endometriose.
RRR
IND 2021, R: S.S. Rajamouli, D: N. T. Rama Rao Jr., Ram Charan, Alia Bhatt, 187 min
Cinestar, 25.03. 19:00 (OmU)
Actiondrama um zwei indische Revolutionäre , die sich gegen die britische Kolonialherrschaft und die Fürsten von Hyderabad auflehnen.
Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen
F 2015, Dok, R: Cyril Dion, Mélanie Laurent, 118 min
Digitaler Raum, 24.03. 19:00 (Reihe: Einfach machen! Gemeinwohl-Ökonomie)
Der Aktivist Cyril Dion und die Schauspielerin Mélanie Laurent besuchen Experten, Initiativen und Projekte, die auf der Suche nach Antworten auf die dringendsten Fragen unserer Zeit sind. Anmeldung und Stream unter gwoe-mitteldeutschland.de
Titelbild: Filmstill aus »Come On, Come on«; Credit: Metropolitan FilmExport