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Stadtleben

Editorial 04/2022

Das April-Heft ist da!

  Editorial 04/2022 | Das April-Heft ist da!

An dieser Stelle veröffentlichen wir das Editorial der neuen Ausgabe. Interims-Chefredakteur Tobias Prüwer verabschiedet sich und reflektiert noch ein letztes Mal diese seltsame Textform.

Einen Clown frühstücken. Täglich passiere ich obiges Graffito; seit zwei Jahren. Mal fühle ich mich von dem Hanswurst an der Wand veralbert, mal verstanden. Und immer
 gärt in mir die Frage, ob dieser ganze Wahnsinn nicht wirklich ein Aprilscherz sein könnte. Ich weiß, vorher war auch nicht alles super. Aber mit der Pandemie kam noch eine zusätzliche Belastung auf uns zu, eine sehr, sehr schwere. Wir mussten psychologische, wirtschaftliche und gesundheitliche Strapazen auf uns nehmen. Viele Menschen leiden noch immer an Covid und Long-Covid, und nie vergessen dürfen wir diese Zahl: Mehr als 130.000 Menschen starben allein in Deutschland an dem Virus. Und die Pandemie hält an. Das ist hart zu ertragen und wir haben allen Grund zu trauern. Ja, wir müssen trauern. Denn das bedeutet auch bewältigen. Trauern braucht Zeit und ist wichtig, um wieder ein Leben in neuer Normalität zu führen. Und das zu führen sind wir uns schuldig, sind Sie sich und Ihren Lieben schuldig.

Danke sagen! Beeindruckend finde ich die Hilfe für die Kriegsgeflüchteten. Neun Millionen Euro Sonderbudget haben Stadt und Stadtrat locker gemacht. Viele Freiwillige haben Menschen bei der Flucht geholfen. Noch viel mehr helfen hier vor Ort. Danke! Danken kann ich auch nur Ihnen, den geduldigen Leserinnen und Lesern, die meine Interimszeit am kreuzer-Steuer ertrugen und unerschütterlich über meine Editorials hinwegblätterten. Denn ich verstehe diese Textsorte noch immer nicht richtig, weiß nicht, was man da so hineinschreibt und ob das jemand liest. Gewiss, ein Heft muss irgendwo anfangen und da braucht es eine Art Türschwelle. Aber über eine solche gleitet man ja fix drüber und sie sind nicht besonders ausgeschmückt. Warum soll man das bei Editorials anders machen? Also schreibe ich einfach weiter, was mir einfällt, okay? Es ist ja vorerst mein letztes Editorial. Benjamin Heine wird ab April die Redaktionsgeschicke leiten. Ich bedanke mich bei Andreas Raabe, bei Juliane Streich sowieso. Dem kreuzer bleibe ich als buchbarer Freiberufler und Theaterfuzzi erhalten. (S. 9)

Der Eisvogel schrumpft! Sind Sie noch da? Das ist tapfer. Ich bin halt noch nicht durch mit dem Editorial, es ist noch zu viel Weißraum unten (↓) übrig. Gleich nicht mehr, versprochen. Zurück zum Eisvogel. Natürlich schrumpft nicht das individuelle Exemplar, aber der Bestand des Vogels in Leipzig. Der ist 2021 zurückgegangen, wahrscheinlich aufgrund eines recht frostigen Winters. Beeinträchtigungen durch menschliche Störungen sind wohl nicht dafür verantwortlich. Das hat das jährliche Eisvogel-Monitoring festgestellt. Dabei wurde auch beobachtet, dass an Floßgraben und Lauer eine Biberfamilie gezogen ist. An Weißer Elster und Pleiße brüteten Milane. Das ist doch hübsch. Und nun: Endspurt.

Tränchen wegdrücken. Neulich begegnete ich einer Straßenmusikerin, die das Lied »Zombie« von den Cranberries auf der Geige spielte. Mir kamen unvermittelt die Tränen. Schwer, diese Zeiten zu ertragen, dabei bin ich pandemisch gesehen im Homeoffice und mir bombt niemand das Dach weg. Ihnen hoffentlich auch nicht. Ich bin mit den Gedanken bei der Ukraine. Und bei allen, die an und in der Pandemie leiden. Natürlich dürfen wir alle anderen Elendigen in der Welt nicht vergessen. Etwas Tröstliches fällt mir leider nicht ein, muss mir diese Unfähigkeit eingestehen. Diesen seltenen Moment dürfen Sie, der und die Sie bis hierher durchgehalten haben, mit mir teilen. Aber bitte nicht weitersagen.

Bleiben Sie stabil. Denken Sie an den Spiegeltrick (reinlächeln!). Und machen Sie es gut.

Ein gutes Clown-Frühstück,

TOBIAS PRÜWER

chefredaktion@kreuzer-leipzig.de

PS: Die Rotbuche ist Baum des Jahres 2022. Ich gratuliere herzlich – und gehe eine von ihnen umarmen. Bin jetzt wirklich weg.


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