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Stadtleben

Versuch von Realität und Normalität

Netzwerk für geflüchtete Wissenschaftler plant Ukraine-Konferenz

  Versuch von Realität und Normalität | Netzwerk für geflüchtete Wissenschaftler plant Ukraine-Konferenz

Die BWL-Professorin Carmen Bachmann der Universität Leipzig baut einen virtuellen Austausch für Forschende und Studierende aus der Ukraine auf.

Schon seit 2015 gibt es die Initiative Chance for Science – ein Projekt von Carmen Bachmann –für geflüchtete Akademiker, vorwiegend aus Syrien und der Türkei. Dabei geht es vor allem um die Vernetzung zu deutschen Fachkollegen und die Einbindung in den wissenschaftlichen Diskurs. »Die Initiative hat damals in den internationalen Medien stark Anklang gefunden«, erzählt Bachmann.

Aufgrund des damaligen positiven Echos und dem derzeitigen Kriegsstand in der Ukraine kamen in den vergangenen Wochen erneut immer mehr Akademiker auf sie zu und fragten nach Hilfe, um Forschungsdaten zu sichern und diese deutschen Kollegen zu übergeben. Die Infrastruktur sei teilweise komplett zerstört, die Menschen säßen in der Ukraine fest und suchen nach Austausch, da die eigenen Kollegen weg wären, berichteten sie.  Innerhalb kürzester Zeit gab es schon bis zu acht Anfragen und Bachmann musste sich mit ihrem Doktoranden Johannes Gebhardt eingestehen, dass eine eigenhändige Vernetzung von den Kapazitäten her nicht möglich ist: »Sie haben mich am Anfang einzeln angeschrieben, mit der Bitte, um Vernetzung.« Daher beschlossen sie, eine Online-Konferenz zu planen, die jetzt am 22. April auf Zoom stattfinden wird. Derzeit sind schon 62 Wissenschaftler aus der Ukraine angemeldet, die jeweils zehnminütige Vorträge zu ihrem Forschungsstand halten können. Insgesamt haben sich 300 Personen zum Zuschauen angemeldet. Die Anmeldung erfolgt kostenlos auf der Chance for Science-Website und ist für jeden frei zugänglich. Man bekommt per Email einen Einladungslink zu der Konferenz, kann einzelne Sessions schauen und mit den Menschen bei Bedarf in Kontakt treten. Es laufen fünf verschiedene Blöcke gleichzeitig, sortiert nach Politik, Pädagogik, Wirtschaft, Chemie, Psychologie und anderen Wissenschaften. Zudem wird The National Research Foundation of Ukraine berichten, wie derzeit der Stand für Wissenschaftler im Kriegsgebiet ist.

Die Akademiker aus der Ukraine seien froh über diese Möglichkeit: Es sei gut, das zu machen, da es ablenkt, während sowieso nur auf den nächsten Angriff gewartet wird, sei Bachmann zugetragen worden. Die Menschen sollen sich weiterhin mit ihrem jeweiligen Forschungsgebiet auseinander setzen können, da es nach wie vor zu ihnen und ihrem Leben gehöre. Durch den Austausch sei vielleicht ein Funken von Realität gegeben und die Identität der Betroffenen wird trotz der derzeitigen Situation gewahrt, denn: »Biologe bleibt Biologe, auch wenn er im Kriegsgebiet sitzt«, sagt Bachmann. Zudem hofft sie auf Anstoß für ein Zusammenfinden von Mitstreitern, um zukünftig weitere Konferenzen zu ermöglichen. Denn solange noch keine finanzielle Förderung da ist, sieht das eher schwierig aus. Erst einmal zählt jedoch, diesen ersten Schritt zu gehen, denn: »Es ist besser eine Konferenz zu machen als gar keine«, so Bachmann.

 

Foto: Mo Zaboli


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1 Kommentar(e)

Prof. Dr. Alfonso de Toro 23.04.2022 | um 11:21 Uhr

Eine glückliche, notwendige und gelungene Initiative, die künftig massiv unterstützt werden sollte de Toro