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Sanktionen, die Ossis schonen, sind populistisch

Die Linke-Politiker Sören Pellmann will nicht unter den Gelackmeierten sein

  Sanktionen, die Ossis schonen, sind populistisch | Die Linke-Politiker Sören Pellmann will nicht unter den Gelackmeierten sein

»Die Ostdeutschen dürfen nicht die Gelackmeierten der Embargo-Politik sein.« Ja, richtig gelesen. Das Öl-Embargo gegen Russlands Angriffskrieg darf nicht Ostdeutschland schaden, so Sören Pellmann. Das Leipziger Bundestagsmitglied forderte just einen Tag nach dem EU-Kompromiss gegenüber der Nachrichtenagentur DPA: »Wenn es Ausnahmeregelungen für EU-Staaten gibt, sollte auch Ostdeutschland davon Gebrauch machen können.« Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich in der Nacht von Montag auf ein Teilembargo gegen russisches Öl verständigt: Gestoppt wird die Einfuhr von Tankeröl, Rohöl soll weiter über die »Druschba«-Pipeline importiert werden. Ungarn hatte darauf gedrungen und Pellmann ist über Viktor Orbans Stöckchen gesprungen. Und das, nachdem er in der Ukrainefrage zuvor schon keine gute Figur gemacht hatte.

Politik ist im Kern eine Frage des Timings. Man kann mit vielen Behauptungen wegkommen – nur nicht zu jedem Zeitpunkt. Und wenn man denn nach vorn prescht, muss man sich am Timing messen lassen. Nun ist klar, dass die Zeit manchmal pressiert. Ende Juni findet der Parteitag der Linken statt, auf dem sich Sören Pellmann zum Parteivorsitzenden wählen lassen möchte. Außerdem kommt ihm jede Chance zupass, sich als Ostbeauftragter der Linksfraktion zu profilieren. Er muss sich ins Gespräch bringen; selbst wenn er damit ins selbe Horn wie ein extrem rechter Staatschef stößt. Das nimmt dann Pellmann scheinbar in Kauf, um in die Schlagzeilen zu kommen.

Man kann nur hoffen, dass es allein schlechtes Timing war. Bisher hat Pellmann sich hinsichtlich des Ukraine-Krieg durch Zurückhaltung gegenüber Russland hervorgetan. Er unterzeichnete den Wagenknecht-Brief, der vor allem die USA für den russischen Angriff der Ukraine verantwortlich machte. Immerhin distanzierte er sich später davon. Wie er nun Frieden schaffen will, erklärte Pellmann auch nicht. Aber der Osten dürfe nicht der Gelackmeierte sein. Er forderte eine besonnene Sanktionspolitik, die den Sanktionierenden nicht mehr schaden dürfe als Russland. Dass das unmöglich ist, scheint Pellmann nicht aufzugehen. Natürlich schaden Sanktionen allen, gerade denen, die sich jahrzehntelang so abhängig gemacht haben von russischen Rohstoffen. Darauf baut Putin gerade. Harmlose Sanktionen zu fordern, ist naiv und populistisch. Dabei kein Wort über die leidenden und sterbenden Menschen in der Ukraine zu verlieren, hat nichts mit dem zu tun, was man sich unter einer solidarischen Linken vorstellt. Gewiss, es ist nicht die Zeit der einfachen Lösungen. Dazu zählt aber auch, diesen ewigen Jammer-Ossi-Reflex einmal zu unterdrücken.

 

Titelfoto: »Sören Pellmann«, Chris Colditz. CC BY-SA 2.0


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1 Kommentar(e)

Glienke 01.06.2022 | um 15:45 Uhr

kleine Logikdelle im Eifer des Gefechts: "Er (Pellmann) forderte eine besonnene Sanktionspolitik, die den Sanktionierenden nicht mehr schaden dürfe als Russland. Dass das unmöglich ist, scheint Pellmann nicht aufzugehen." – der Kreuzer fordert also eine Sanktionspolitik, die den Sanktionierenden MEHR schadet als Russland; aber wem genau soll das dann nützen...?