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Kultur

Zwischen Südvorstadt und Hundestrand

»Jochen macht Triathlon« ist eine ungewöhnliche Heldenreise mit Südpflanzenfeeling

  Zwischen Südvorstadt und Hundestrand | »Jochen macht Triathlon« ist eine ungewöhnliche Heldenreise mit Südpflanzenfeeling

Was haben Luke Skywalker und Frodo Baggins, Simba und Dorothy Gale mit Jochen gemeinsam? Sie alle stehen im Zentrum von Heldenreisen. Sie erhalten den Ruf ins Abenteuer, bestehen Prüfungen und führen die Handlung zum Happy-Finale. Damit enden die Parallelen. Denn während die anderen Charaktere außergewöhnlich sind, ist Jochen sehr normal: 47, Raucher, arbeitslos – immerhin aber Held eines absonderlichen Films.

Mit »Jochen macht Triathlon« wagte sich Larsen Sechert an seinen ersten Film. Man kennt ihn als Schauspieler und Regisseur aus Leipzigs freier Theaterszene und als Kopf vom Knalltheater. »Ich hatte einfach die fixe Idee, einen Film über Triathlon zu machen. Da gibt es kaum Beispiele und ich wollte diesen Sport vorstellen.« Sechert ist nämlich selbst angefixt von der Qual, schwimmend, radelnd und laufend Strecke zu machen: »Im Film steckt meine halbe Seele. Teile meiner Biografie sind darin verarbeitet.«

Als er circa dreißig war, kam er zum Triathlon. »Druckfrei etwas für sich zu machen, das fühlte sich einfach geil an. Wenn man einen Triathlon beendet hat, weiß man, dass es nicht umsonst war.« Sechert klingt noch immer begeistert, wenn er von seinem Hobby erzählt: »Man hangelt sich von Bestleistung zu Bestleistung, und das nur für sich.« Und das wollte er im Film abbilden. »Mir ging es um eine Form, wie man zu dem Sport finden kann.«

Jochen hangelt sich zunächst von einem kleinen Ziel zum nächsten. Eine Runde ums Haus drehen, ohne zu kollabieren. Dann noch eine Runde durchhalten, um sich danach eine Fluppe anzustecken. Und das macht der große schlaksige Typ anfangs nicht für sich. Seine Tochter, von deren Existenz er nichts wusste, tritt in sein Leben, und er will sie durch den Sieg beim Cossi-Men-Triathlon beeindrucken. Also beginnt Jochen mit dem Training.

Sechert hat einen hochkomischen Film gedreht, der geprägt ist vom Knalltheater-Humor und von Improvisationen. Kleine Absurditäten begleiten am Wegesrand die Einsamkeit des Langstreckenläufers. Die Jobcenter-Mitarbeiterin fährt etwa ihren Schreibtisch rauf und wieder runter, um anzudeuten, das Jochen keine Chance auf Umschulung hat und sich im Call-Center oder bei Amazon bewerben soll.

Durch den Film zieht sich zugleich eine wehmütige Melancholie, die so das Mittvierziger-Lebensgefühl zwischen Südvorstadt und Hundestrand prägt (selbst wenn Jochen in Grünau wohnt). Dafür ist zum einen der Protagonist verantwortlich. »Jochen ist in schönster Weise naiv«, sagt Sechert. Er hat in Daniel Weißbrodt einen idealen Helden gefunden – der übrigens auch schon einmal einen autodidaktischen Film gedreht hat. Sein Thema: die längste Paddelwanderfahrt der Welt (s. kreuzer 11/2014). Weißbrodt verkörpert überzeugend den Nicht-Sportler, der sich ungelenk zum Schwitzen aufrafft. Übertreibungen, Slapstick oder große Geste braucht es nicht. »Ich musste nur verhindern, dass Daniel zu spielen beginnt«, sagt Sechert. »Dann hätte es gekünstelt gewirkt.«

Langsamkeit lautet der zweite Faktor, der diese seltsame eigentümlich-warme Leipzigstimmung erzeugt. »Ich nehme Längen in Kauf, ich mag den Mut zu Pausen, statt mit schnellen Schnitten alles zu überblenden.« Dass es nicht jedermanns Film ist, weiß Sechert.

Er ist froh, den Film überhaupt fertiggestellt zu haben. »Ich habe mich vollkommen übernommen.« Dankbar ist er den vielen Menschen, die ihn unterstützt und die Idee mitgetragen haben. »Der Filmgott war auf unserer Seite. Wir hatten immer gutes Wetter, schauspielermäßig hat es sich super gefügt.« Natürlich nimmt er sich als Film-Regisseur auch nicht ganz ernst, filmische Fehler wie der direkte Blick in die Kamera sind ihm erst in der Postproduktion aufgefallen. Und er hat sie dann im Film kommentiert. »Im Theater falle ich ja auch aus der Rolle.«

Entstanden ist ein im besten Sinn eigentümlicher Film. Das intime Kammerspiel in der Weite des Leipziger Raumes transportiert das Lebensgefühl hiesiger Südpflanzen. Es spricht vielleicht nur diese an, aber das tief im Herzen.

»Jochen macht Triathlon«: 3.6., 21.30 Uhr, Sommerkino auf der Feinkost, 12.6, 20 Uhr, Kinobar Prager Frühling

Foto: Filmstill


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