Im Mai erschien erstmals eine Biografie über den Comic-Verleger Rolf Kauka, der vor allem mit Fix & Foxi erfolgreich war. Im Buch geht es aber weniger um seine Verleger-Tätigkeit – sondern um seine Verstrickung mit dem BND und seine rechte Gesinnung.
Am Geburtshaus von Rolf Kauka in Markranstädt erinnert nichts an den einst prominenten Comic-Verleger. Das ist womöglich besser so. Nicht nur, weil Kauka (Fix & Foxi, Bussi Bär) seine größte Zeit im anderen Dreiviertel Deutschlands und lange vor dem Mauerfall hatte. Sondern vor allem, weil er politisch äußerst weit rechts stand und seine Publikationen für Kinder immer wieder dazu nutzte, politisch zu indoktrinieren. Etwa wenn er die Römer in Gallien zu US-Besatzern umdeutet, und die Kelten Asterix und Obelix germanisiert.
Dass Kauka weitgehend vergessen ist, gilt nicht nur für Leipzig oder Ostdeutschland. In Markranstädt lebte er – Jahrgang 1917 – bis in die dreißiger Jahre; erste Zeichnungen publizierte er hier. Obwohl seine Titel zu Lebzeiten Millionenauflagen erfuhren und ihn so reich machten, dass er sich erst eine Villa bei München, dann eine Farm im US-amerikanischen Süden kaufte, und obwohl sein Name ganz oben auf jedem von ihm verlegten Comic-Heft prangte. Zu Lebzeiten war Kauka der einzige Comic-Verleger in Deutschland, der den Produkten von Walt Disney zumindest wirtschaftlich etwas entgegensetzen konnte: Fix & Foxi erschien von 1953 bis 1994 mit einer Vielzahl Spin-offs, sein Kleinkindmagazin Bussi Bär seit 1966 bis heute. Durch den Erfolg seiner Titel hat Kauka Millionen Kindheiten im alten Westdeutschland geprägt.
Dass erst beinahe ein Vierteljahrhundert nach Kaukas Tod die erste Biografie über den einst umstrittenen Verleger erscheint – und dann noch beim Langen Müller Verlag, der aktuell auch einschlägigen Autoren wie Thilo Sarrazin verlegerische Heimat bietet –, ist Zeichen dafür, wie sehr die Zeit über Kauka hinweg gegangen ist. Der Autor Bodo Hechelhammer ist Geheimdienstexperte und BND-Mitarbeiter. Dass er kein Comic-Experte ist, zeigt sich an diversen Sachfehlern: aus dem Mosaik-Erfinder Hannes Hegen wird ein Hans, dem belgischen Dupuis-Verlag wird ein »s« geklaut und dessen Verlagssitz Marcinelle ein »r«. Da fehlt die Kompetenz.
Aber man merkt dem Buch an, dass Hechelhammer eigentlich eine Geschichte über die Verstrickung Kaukas mit dem Bundesdeutschen Nachrichtendienst schreiben wollte, aus der eher zufällig eine Biografie wurde. Da ist die Kompetenz. Diese Verstrickung ist es wert, erzählt zu werden, sie darf es nur nicht. Seit 2018 ist eine Klage am Bundesverwaltungsgericht anhängig, die Akten Kaukas beim BND einzusehen – Ausgang offen. Bis dahin kann, darf Hechelhammer nur Indizien vorlegen. Die aber sind spannend genug. Sie erzählen, wie viele Geschichten von Karrieren aus der alten Bundesrepublik, von einer ungebrochenen Kontinuität seit dem Dritten Reich. Aus dem geht Kauka, schon vor dem Krieg überzeugter HJ-Pimpf und Nationalsozialist, hochdekoriert hervor und beginnt in München den Aufbau eines Verlages. Dabei helfen ihm die alten Seilschaften, etwa des Wehrmachtsmajors Gerhard Wessel. Wessel war in den letzten Kriegsmonaten Kaukas Vorgesetzter gewesen, nach dem Krieg Mitarbeiter und später Leiter des BND. Er besorgte Kauka in den Fünfzigerjahren lukrative Aufträge zur Produktion von Lehrfilmen für die Bundeswehr. Dafür bot sich Kauka als BND-Mitarbeiter gegen die »rote Gefahr« an.
Andere bekannte Namen aus der NS-Zeit waren etwa Traudl Junge, Hitlers letzte Sekretärin, Ruth Kalder, die Lebensgefährtin des KZ-Massenmörders Amon Göth, und Bernd von Freytag, Adjutant im »Führerbunker« 1945. Alle arbeiteten zeitweilig für Kauka, der aus seiner Ablehnung der westdeutschen Nachkriegsverhältnisse nie einen Hehl machte.
Auch deshalb nannte der spätere SPD-Kulturstaatsminister Michael Naumann Kauka eine »rechte Socke«. Naumann kannte Kauka privat, er war der Schwiegersohn von BND-Leiter Gerhard Wessel. Die anderen Gründe finden sich in Kaukas Comics. Dabei hat er, der bis in die späten Vierzigerjahre als Karikaturist tätig war, diese Comics nie selbst gezeichnet. Aber als dominanter Verleger, der jedes Detail kontrollierte, fand seine Weltsicht Eingang in die Comic-Hefte. Bekanntester Fall ist die Kauka-Eindeutschung von »Asterix« zum deutschnationalen »Siggi und Babarras« in den Sechzigerjahren, die zum deutsch-französischen politischen Eklat führte. Weniger bekannt ist Kaukas Weihnachtsgruß in einem Fix & Foxi-Heft an den in Spandau einsitzenden ehemaligen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Kauka nutzte seine Hefte zur unverhohlenen politischen Indoktrinierung, zu Kampagnen gegen den SPD-Kanzler Brandt oder zur Rehabilitierung von Wehrmachtssoldaten.
Ein wiederkehrendes Motiv bei Hechelhammer ist Kaukas Dominanz. Er schildert, wie Kauka jedes seiner Kinder enterbte, wenn sie nicht machten, was er wollte. Wie er unbedingte Loyalität von Mitarbeitern verlangte und jeden bestrafte, von dem er sich hintergangen fühlte. Der Verleger Kauka duldete keinen Widerspruch – wie er es in der Wehrmacht gelernt hatte. Bei Lektüre des Buchs erschreckt immer wieder, wie weit Kauka damit kam, zeitweise stand er sogar mit Beinahe-Kanzler Franz-Josef Strauß in Kontakt.
Aber ist Kauka deshalb vergessen? Hechelhammer liefert keine eindeutige Antwort, dabei schimmert sie in seinem Buch deutlich durch. Kauka wie seine Comics waren Produkte bundesdeutscher Kontinuitäten über den NS-Staat zur Adenauer-Republik bis zur Kohl-Kanzlerschaft. Der Außenminister Klaus Kinkel, ebenfalls Wessel-Intimus, besorgte Kauka das Bundesverdienstkreuz. Erster Klasse, natürlich. In Kaukas Lebensgeschichte, wie der vieler, die nach der NS-Zeit zu Ruhm und Geld gelangten, zeigt sich das Bild eines Menschen, der gleichzeitig unfassbar reich und mächtig war, der sich aber dennoch nach zwei verlorenen Weltkriegen als zu kurz gekommen sah, als »Herrenmensch«, der keiner sein durfte.
Die Füchse Fix und Foxi – die, um ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, von einer Vielzahl talentierter Autoren und Zeichner gestaltet wurden – waren dabei unter Kaukas Aufsicht die ewigen Pimpfe in einem Geist, mit dem erst Jahrzehnte nach dem Ende des Nationalsozialismus halbwegs gebrochen wurde. Vergessen ist Kauka, weil er diese alte, zum »Dritten Reich« hinstrebende Republik verkörperte. Gebrochen hat Kauka auch mit Leipzig. Obwohl die Möglichkeit ab 1990 bestanden hätte, hat Kauka nie das Gebiet der ehemaligen DDR betreten. Als die Mauer fiel, lebte er längst in Georgia, auf einer Farm, die von Schwarzen Bediensteten betrieben wurde, wo er 2000 starb. »Herrenmensch« bis zum Schluss.
Bodo V. Hechelhammer: Fürst der Füchse. Das Leben des Rolf Kauka. Langen/Müller 2022. 392 S., 25 €
Korrektur: in einer früheren Version des Artikels wurde Klaus Kinkel als Finanzminister bezeichnet. Wir haben dies korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.