In Sachen Fahrraddiebstahl scheint etwas Bewegung in die Leipziger Polizei zu kommen, wenn auch noch zögerlich und eher informell. Unser u:boot-Autor berichtet von einer glücklichen Erfahrung
Als Radfahrer in Leipzig bin ich ein gebranntes Kind: Drei Diebstähle in drei Jahren haben mich zu einem regen Nutzer von Secondhand-Plattformen werden lassen. Lieber ein Rad selbst aufbauen, als ein teures klauen lassen. Die Entscheidung traf ich auch, als meine Tochter Ambitionen anmeldete, mit ihren Eltern mal sportliche Runden fahren zu wollen. Also sollte es etwas mit schmalen Reifen (schnell!) und flachem Lenker (sicher!) werden. Unter Zeitdruck standen wir nicht, so dass ich immer wieder bei Ebay-Kleinanzeigen reinschaute. Am 10. Juli wurde ich fündig: »Genau so würde ich ein kleines Erwachsenenrad für ein groß geratenes zehnjähriges Kind aufbauen!« Nach dem Blick auf die Bilder war schnell klar: Das Rad hatte ich selbst über den Zeitraum von anderthalb Jahren aufgebaut. Es war unserem großen Kind vor fast zwei Jahren gestohlen worden.
Nie hätte ich damit gerechnet, es geografisch so nahe wiederzufinden. Ich ging davon aus, dass es längst in Osteuropa in Einzelteile zerlegt worden war. Was darauf folgte, war ein kleiner Krimi: Ich stieß am selben Tag, immerhin ein Sonntagnachmittag, auf einige sehr motivierte Polizistinnen, die ihr Bestes gaben. Allerdings hatten sie Schwierigkeiten, die Anzeige gerichtsverwertbar zu sichern, und baten mich, wegen eines fehlenden Ebay-KA-Kontos, selbst einen »Besichtigungstermin« zu vereinbaren. Als dann klar war, dass am Sonntag kein Termin mehr zustande kommen würde, suchten sie schließlich diensthabende Kollegen vom Montag mit Erfahrung im Bereich »Hehlerei im Internet« heraus und informierten diese vorab.
Und tatsächlich gelang es am Montagmorgen, ein Treffen mit dem Anbieter meines Fahrrads, also das meiner Tochter, zu vereinbaren. Als der Ort – ein Garagenhof – bekannt war, wurde ich gebeten, mit dem Privat-Pkw zu kommen. Zwei unauffällige Autos schienen den beiden Beamtinnen besser geeignet, um eine mögliche Flucht zu verhindern. Nach kurzer Inspektion des Rades und dem Abgleich der Rahmennummer offenbarte sich die mich begleitende Polizistin den Verkäufern als Kriminalitätsbremse. Sie beschlagnahmte das Rad und zog uniformierte Kollegen hinzu: Da der Verdacht aufkam, dass sich in der Garage weiteres Diebesgut befand, durfte ich mein Fahrrad nach etwas Papierkram mitnehmen.
Der professionellere Umgang mit bewiesenem und mutmaßlichem Diebesgut zeigte sich auch bei anderen Erfahrungen. Als just beim Diebstahl des Rades meines Sohnes die Täter ein Van Moof E-Bike (niederländische Räder mit GPS-Tracker) zurückgelassen hatten, weigerte sich die Polizei zunächst, dieses sicherzustellen. Erst nachdem Van Moof den Eigentümer kontaktiert hatte und dieser Anzeige erstattete, wurde sie aktiv. Zwei Jahre später stellte sie wieder Fahrräder sicher, bei denen eine »unklare Auffindesituation« vorlag – um sie in Ruhe auch gegen Diebstähle abzugleichen, bei denen keine Rahmennummer oder eine mit Zahlendrehern vorliegt. Das ist nicht selbstverständlich. Also: Besser auch Fotos von Fahrrädern anfertigen und aufheben, auch wenn sie keine Rahmennummer besitzen. Man kann damit im Zweifelsfall seine Eigentümerschaft beweisen.
Meine Erfahrung könnte Leipziger Radfahrerinnen und Radfahrer positiv stimmen. Ebenso die Tatsache, dass viele Beamte von sich aus darauf hinwiesen, dass ihre Motivation auch darin liegt, den Rufverlust durch »Fahrradgate« wieder auszubügeln. Dabei sollen sich Leipziger Polizistinnen und Polizisten jahrelang bereichert haben, indem sie Fahrräder aus der Asservatenkammer unrechtmäßig verkauften. Die Ermittlungen dauern an. Doch die Änderungen sind nicht struktureller Natur. So wurde die nach dem Skandal aufgelöste »Ermittlungsgruppe Fahrrad« noch immer nicht neu gegründet. Es kann sich also niemand sicher sein, bei Diebstahlmeldung oder Kleinanzeigenfund an kompetente und motivierte Beamte zu geraten oder vermittelt zu werden. Hoffen wir, dass die Entwicklung weitergeht und formalisiert wird, denn noch immer ist Leipzig Hauptstadt des Fahrradklaus und die Aufklärungsquote kleiner als in anderen Großstädten.
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