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Kultur

»Kultur ist Lebensmittel«

Die Arena-Geschäftsführer Matthias Kölmel und Philipp Franke sprechen über große Acts, Krise und Optimismus

  »Kultur ist Lebensmittel« | Die Arena-Geschäftsführer Matthias Kölmel und Philipp Franke sprechen über große Acts, Krise und Optimismus

kreuzer: Wie würden Sie das derzeitige Verhalten ihres Publikums beschreiben?
Matthias Kölmel und Philipp Franke: Auch in unserem Haus bemerken wir die Zurückhaltung der Besuchenden und Gäste. Dennoch verzeichnen unsere Veranstaltungspartner bei Bands mit großer Fanbasis sehr gute Verkäufe, wie bei Depeche Mode, Backstreet Boys, The Cure oder Kraftklub. Insbesondere Bands, die vor allem die jüngere Zielgruppe ansprechen (z. B. K.I.Z, SDP oder Apache 207), sind gefragt.

Kann man die Zurückhaltung beziffern?
In der Branche wird aktuell ein Rückgang von cirka 30 Prozent im Ticketkauf registriert. Wir sehen hier vor allem eine Zurückhaltung bei älterem Publikum und bei eher wiederkehrenden Shows.

Hat sich das Publikumsverhalten seit dem Ende der Lockdowns zwischenzeitlich verändert?
Tickets werden vermehrt kurzfristig vor einer Veranstaltung gekauft. Ein kurzfristiger Ticketkauf ist natürlich immer noch besser als kein Ticketkauf.

Wie erklären Sie sich die Zahlen?
Die Gründe für den Rückgang sind sicherlich vielschichtig. Zum einen gibt es nach dem Lockdown ein »Überangebot«, entstanden durch verschobene und neue Veranstaltungen. Verunsicherung und Entwöhnung – resultierend aus den vergangenen zwei Jahren – spielen vermutlich auch eine Rolle. Zum anderen beeinflusst ebenfalls die allgemeine Kostensteigerung das Ticketkauf-Verhalten der Besuchenden. Generell nehmen wir Tendenzen in unserer Gesellschaft wahr, dass das verfügbare Geld beisammengehalten wird, insbesondere werden wohl Abstriche bei den Freizeitaktivitäten gemacht.

Was wünschen Sie sich vom Publikum und von der Politik?
Wir freuen uns, wenn das Publikum wieder zuversichtlicher wird und zu uns in die Arena kommt. Denn ein emotionales Veranstaltungserlebnis ist gerade in den derzeit schwierigen Zeiten wichtig. Jeder sollte Kultur nicht als Luxusgut, sondern gern als wichtiges Lebensmittel verstehen. Wir sehen es als unsere große Aufgabe an, unsere Gäste wieder zurückzugewinnen. Die Kampagne »Leipzig Live Codex« des Runden Tisches Leipziger Spielstätten, die wir mit initiierten, ist ein Ansatz, um Besuchenden mitzuteilen, dass zum einen alle Veranstaltungen stattfinden, die angekündigt werden, und dass zum anderen der Besuch von Veranstaltungen sicher ist.

Wie schauen Sie grundsätzlich in die nächsten Jahre?
Wir sind grundsätzlich optimistisch und sehen guter Dinge in die Zukunft. Hauptsache die Veranstaltungen können nach zwei Jahren Pandemiepause stattfinden. Wir werden noch bis Mitte nächsten Jahres viele »verlegte« Veranstaltungen abspielen. Diese waren zumeist gut verkauft, somit werden die Besucherzahlen hier höher liegen. Im nächsten Jahr freuen wir uns schon auf große Open-Air-Konzerte, wie Depeche Mode, Broilers, Santiano, Deichkind oder Herbert Grönemeyer.

Haben die staatliche Hilfen Sie unterstützt, wie haben Sie die Bürokratie bei den Anträgen erlebt?
Ja, wir konnten dank den umfangreichen staatlichen Hilfsprogrammen, wie Kurzarbeitergeld oder die Überbrückungs- und Wirtschaftlichkeitshilfen zumindest die Pandemie rational gesprochen aushalten, auch wenn es aus emotionaler Sicht sehr schwer war. Wie in allen Bereichen unserer öffentlichen Verwaltung, wäre es sicherlich möglich, Hilfs- und Förderprogramme bürokratieärmer und ressourcenstärker auszustatten.


Titelfoto:  Matthias Kölmel und Philipp Franke. Copyright: Christian Modla. 


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