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Kultur

Ornament und Versprechen

Isabel Lewis lädt zur Barock-Performance auf Schneckenlinie

  Ornament und Versprechen | Isabel Lewis lädt zur Barock-Performance auf Schneckenlinie

»Ich heile den politischen Körper«: Über den Boden schieben sich zwei Leiber. Er und sie schlängeln ein Duett, bewegen sich unterm Mischpult durch, bevor sie zum Halt kommen. Welches Muster ihren Verrenkungen wohl zugrunde lag? Mit Ornamenten sind auch die Stoffe verziert, die in riesige Metallrahmen gespannt und im Saal der Spinnerei-Residenz aufgestellt wurden. Farbreste auf dem Boden bezeugen den noch unfertigen Zustand beim Probenbesuch von »Total Romance: Partial Repair«, einem Stück von Isabel Lewis, Residenzkünstlerin am Schauspiel Leipzig.

In schleppenden, nachholenden Schritten tanzen dann zwei andere Menschen durch den Raum. Sie positionieren sich zueinander, fallen in Rhythmusloops, werden kurz schneller und verzögern wieder. Eine der beiden ist Lewis, die Choreografin der Performance, die aus dem Barock schöpft. »Das Ornament, die Spirale inspirieren unsere Bewegungen«, sagt sie. Sie sucht in dieser Arbeit nach dem westlichen Bild des Menschen, wer reinpasst, wer nicht und wie es anders aussehen könnte. Sie hat sich mit Anthropologie, politischer Gewalt und Ökosystemen auseinandergesetzt und übersetzt das nun in ihre künstlerische Arbeit.

Beim Barock setzt sie an, weil hier sich hier das humanistische Weltbild formte und die modernen Naturwissenschaften sich auszubilden begannen, die mitverantwortlich zum späteren Raubbau an der Natur wurden. In dieser Zeit begann auch das Zeitalter der Entdeckungen, in welchen es beim Entdecken nicht blieb. Lewis gestaltet ihre Bewegungen zu gesampelter E-Musik, die auch barocke Elemente enthält. Dagegen schneidet sie Ovids »Metamorphosen«: jene Szene, in der der Jäger Aktaion von seinen eigenen Hunden zerfleischt wird, weil ihn die Göttin Diana in einen Hirsch verwandelte. Er hatte sie zuvor beim Nacktbaden beobachtet.

Ein freies Mäandern ist dann auf dem Flur zu sehen. Das tanzende Paar zieht in wellenähnlichen Bewegungen durch den schlauchförmigen Raum. So, wie das Publikum sich frei bewegen können wird in der assoziationsreichen Installation der Isabel Lewis, deren Form auch beim Probebesuch noch Rätsel aufgibt. So wie sich Spiralmotive als Schneckenlinien vom Zentrum aus erst allmählich von diesem immer weiter entfernen – es aber stets umkreisen, statt geradlinig davon wegzubewegen.

»Total Romance: Partial Repair«, 13.–16., 18.12., 20 Uhr, Schauspiel/Residenz

Foto: Rolf Arnold / Schauspiel Leipzig


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