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Stadtleben

MDR spielt Radio Moskau

Kreml-Propaganda dient nicht der Meinungsvielfalt – Querdenker-Positionen auch nicht.

  MDR spielt Radio Moskau | Kreml-Propaganda dient nicht der Meinungsvielfalt – Querdenker-Positionen auch nicht.

»Mein erster Kommentar im MDR«, twitterte TV- und Event-Moderation Rommy Arndt über ihre Verdammung von Waffenlieferungen an die Ukraine. Darin bedient sie Kreml-Narrative und verschwörungsmythische Motive, behauptet die Unwahrheit und betreibt Geschichtsklitterung. Arndts einschlägige Social-Media-Posts zu Corona und Krieg mögen ihre Privatsache sein. Das hätte für den MDR aber Anlass für eine Faktenprüfung sein sollen. Zumal es nicht der erste Fauxpas in dieser Hinsicht ist.
Bei der Medienberichterstattung können Fehler passieren, wie in allen andere Bereichen auch, wo Menschen arbeiten. Gerade bei gesellschaftlich sensiblen Themen sollte aber besondere Sorgfalt walten. Der MDR ließ bei der Berichterstattung über die Covid-Schutzimpfung bereits mehrfach die Sorgfalt missen. So stellte die Sendung »Sachsen-Anhalt aktuell« im Oktober 2022 eine »Selbsthilfegruppe Impfschäden« in Stendal vor. Nicht transparent gemacht wurde, dass die Initiatorin eine Mitgründerin der Querdenken-Bewegung nahestehende Partei Die Basis ist und eine im Beitrag befragte Augenärztin ebenfalls Parteimitglied ist. Erst auf kreuzer-Nachfrage wurde der Hinweis nachträglich in der Mediathek eingefügt. Trotz weiterer Auffälligkeiten des Beitrags sah ihn der MDR insgesamt nicht in Frage stehend (kreuzer 12/2022). Er wurde ebenso im Querdenker-Milieu beklatscht wie ein Bericht über viel zu hohe Impfnebenwirkungen, der auf einer unwissenschaftlichen Studie basierte.

Und nun kommentiert eine Event-Moderatorin den russischen Angriffskrieg und die mögliche Lieferung von Kampfpanzern. Eigentlich sei ein Krieg gegen Russland im Gange, in welchen die »USA, Grüne und die Medien« den Bundeskanzler Olaf Scholz durch Forderungen nach Waffenlieferungen treiben – und Deutschland mit. Das ist klassischer verschwörungsmythischer Slang. Über den russischen Angriff schweigt Arndt, Russland statuiere ein »Exempel« gegen eine expansive Nato. Dann rüstet sie zu moralisierender Geschichtsklitterung. Deutschland habe im zweiten Weltkrieg so viel Leid und Zerstörung in Russland angerichtet, da könnte man nun nicht die Ukraine mit Panzern gegen Russland ausrüsten. Sie unterschlägt, dass die Ukraine Teil der Sowjetunion war, die Deutschland damals angriff – nicht Russland. Und tatsächlich wüteten die Deutschen besonders auf ukrainischem Gebiet. Das verschweigt Arndt, die sich im Fahrwasser der Kremlpropaganda bewegt.

Der MDR verteidigt den Kommentar mit dem Programmauftrag »die Vielfalt von Perspektiven und Meinungen in einer Gesellschaft breit und differenziert abzubilden.« Lediglich von den Äußerungen über eine behauptete Verbindung der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zur Rüstungsindustrie distanzierte sich die Redaktion. Warum eine Journalistin ein Thema kommentiert, bei dem es ihr an Kompetenz mangelt, erklärt der Sender nicht. Zumal sich Rommy Arndt privat auf Twitter mit deutlicher Sympathie für Pandemieleugner und Impfskeptiker, AfD-Positionen und die russische Perspektive nicht zurückhält. Sie teilte die Falschinformationen eines Stefan Homburg über Covid-19 oder einen Beitrag, der den »Sturm auf den Reichstag« 2020 zu einer Inszenierung von Verfassungsschutz und Medien erklärte. Den Einsatz gegen eine Reichsbürger-Gruppe, die mutmaßlich die Regierung stürzen wollte, nannte sie die »größte Anti-Terror-Razzia seit dem Aussterben der Dinosaurier« und zweifelte dessen ernsten Hintergrund an. Oder sie schreibt solche Geschichtsrelativierungen: »Die Ausstellung über ›Ausgrenzung und Gewalt 1937 bis 1945‹ in der Gedenkstätte Buchenwald ist jetzt auch 2G. Das heißt, Ungeimpfte werden ausgegrenzt. Die ganze Geschichtsvergessenheit unserer Zeit in einem Bild.«

Meinungsvielfalt ist wichtig, gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen. Und natürlich ist gerade bei so existenziellen Fragen wie einem Krieg eine gesellschaftliche Diskussion nötig. Zu dieser kann es aber nicht gehören, Unwahrheiten zu verbreiten und Fakten zu verdrehen, kurz: Kreml-Propaganda zu betreiben. Ja, der MDR steht unter Druck, weil pro-russische Stimmen wie auch Querdenker im Osten besonders verbreitet sind. Diesen darf sich der Sender aber nicht anbiedern, wie er es einen Tag nach dem Kommentar tat und die Möglichkeit, in einer Sendung anzurufen – ein Call-In – als Umfrage verkaufte: »Soll Deutschland der Ukraine Kampfpanzer liefern? Die meisten Anrufer sprachen sich in einer Umfrage gegen solche Lieferungen aus.« Sorgfaltspflicht sieht auch in diesem Fall anders aus.

Nachdem Arndt zwischenzeitlich behauptet hatte, ihr Twitter-Account sei gehackt worden und nicht alle Tweets stammten von ihr, hat sie ihn am Donnerstag komplett gelöscht. 


Titelbild: Symbolfoto. Stephan Flad/MDR.


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8 Kommentar(e)

Panta 27.01.2023 | um 13:12 Uhr

Puh, zum Glück gibt es noch mutige, geistreiche Journalisten wie euch vom Kreuzer, die dafür sorgen, dass Kritik an der Regierung in schönster Regelmäßigkeit denunziert wird. Obwohl man unter anderem Dank euch weiß, dass Verschwörungstheorien seit Jahren die größte Bedrohung des Wertewestens sind, seid ihr doch selbst die fleissigsten Verschwörungstheoretiker. Kein Interesse an weiterer Kriegseskalation? Opfer von Kremlpropaganda! Kritik an totalitären Maßnahmen, die die Teilnahme an der Gesellschaft durch höchst fragwürdige Gesundheitskomtrollen regulieren? Rechtsradikale Querdenker! Wenn man durch fleissiges Kreuzerlesen nicht wüsste, dass ein guter Mensch heute nun einmal so 'denkt', könnte man fast meinen, dass eine konformistische, obrigkeitstreue Haltung den kritischen Geist schon lange ausgemerzt hat und man nur staunend zuschauen kann, zu welchen Ekelhaftigkeiten ein solch moralisch aktiviertes Völkchen noch alles bereit sein wird.

rote Zora 27.01.2023 | um 13:55 Uhr

Lieber Kreuzer, bei diesem Artikel muss ich an Bertolds Gedicht denken: DER KÄLBERMARSCH Hinter der Trommel her Trotten die Kälber Das Fell für die Trommel Liefern sie selber. Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt. Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen Marschiern im Geist in seinen Reihen mit. Sie heben die Hände hoch Sie zeigen sie her. Die Hände sind blutbefleckt Doch immer noch leer. Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt. Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen. Marschiern im Geist in seinen Reihen mit. Sie tragen ein Kreuz voran Auf blutroten Flaggen Das hat für den armen Mann Einen großen Haken. Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt. Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen Marschiern im Geist in seinen Reihen mit.

Max 27.01.2023 | um 14:36 Uhr

Zum ersten Absatz dieses Artikels: Nach dieser Argumentation des Kreuzer-Journalisten müsste man bei jedem Experten oder Teilnehmer einer TV-Talkshow bekanntgeben welches Parteibuch er besitzt, oder welcher politischen Richtung er oder sie nahe steht.. Das gebietet schon Artikel 3 des Grundgesetz. (Gleichbehandlung aller Menschen) zum 2. Absatz: Das vor allem die Parteiführung der Grünen die Lieferung von Panzern fordert und die SPD damit unter Druck setzt, ist eindeutig keine Verschwörungstheorie. Auch in den Leitartikeln der großen deutschen Zeitungen werden Panzerlieferungen gefordert. Gemäßigte, mahnende Stimmen werden kaum abgebildet. Auch das ist also keine Verschwörungstheorie. zum 4. Absatz: Einer MDR-Journalistin die eine abweichende Meinung zu den vorherrschenden Narrativen vertritt, der Kreml-Propaganda zu bezichtigen, grenzt schon an Diffamierung.

Gesine Cresspahl 30.01.2023 | um 12:42 Uhr

Ein überaus ärgerlicher Artikel, schnell geschrieben im üblichen Twitter-Stil, d.h. die Autorin wird verunglimpft, Argumente fehlen. Statt Argumenten wird von Kreml-Propaganda gesprochen, um jede Diskussion im Keim zu erschlagen. („Das ist klassischer verschwörungsmythischer Slang.“) In Fachkreisen wird dieses rhetorische Mittel als „reductio ad Kremlum“ bezeichnet, d.h. man beendet eine Diskussion mit der Äußerung, das Argument des Gegners erinnere an Kreml-Propaganda. Dem folgen in Ihrem Artikel gleich wunderbare Beispiele für DDR-Propaganda „Er wurde ebenso im Querdenker-Milieu beklatscht wie ein Bericht über viel zu hohe Impfnebenwirkungen, der auf einer unwissenschaftlichen Studie basierte.“ Wenn du diese Äußerung tätigst, spielt das dem Klassenfeind in die Hände, also lass es, hieß es in der DDR. Dann geht es mit klassischem Whataboutism weiter: „Zumal sich Rommy Arndt privat auf Twitter mit deutlicher Sympathie für Pandemieleugner und Impfskeptiker, AfD-Positionen und die russische Perspektive nicht zurückhält. Sie teilte die Falschinformationen eines Stefan Homburg über Covid-19 oder einen Beitrag, der den »Sturm auf den Reichstag« 2020 zu einer Inszenierung von Verfassungsschutz und Medien erklärte…“ Sie gehen wieder nicht auf die von Rommy Arndt angeführten Argumente gegen die Lieferung von Kampfpanzern ein, sondern bemühen die nächsten angeblich schlimmen Taten der Autorin, die mit ihrem Kommentar zu den Kampfpanzern natürlich nichts zu tun haben. Und am Ende wieder der endgültige Dolchstoß für die Kollegin: „… Kreml-Propaganda..“ Ist es so schwer geworden, echte Argumente anzuführen? Ist es so schwer geworden, eine andere Meinung auszuhalten? Ist es so schwer geworden, den Inhalt zu beurteilen und nicht die Person? Ist es so schwer geworden, Kritik in Form rationaler Fairness zu äußern?

ybacu 30.01.2023 | um 14:07 Uhr

Es ist legitim über die Hintergründe vom wem auch immer zu berichten und Mängel der journalistischen Sorgfaltspflicht (wie bei der angebliche Umfrage - die aber nicht mal im entferntesten eine repräsentative Umfrage darstellt) hinzuweisen. Und wenn es den Vorrednern hier noch so sehr nicht gefällt.

Rosa 31.01.2023 | um 15:46 Uhr

Kreuzer halt. Subjektiv, infantil. Kann man nicht ernst nehmen.

Marco 03.02.2023 | um 17:19 Uhr

https://twitter.com/Gerashchenko_en/status/1618991509847805953?s=20 Sie meint sicherlich die "94-Prozent-Telefonumfrage" des MDR zur Panzerfrage. Schäbig, MDR!

Diddi 07.02.2023 | um 15:10 Uhr

Vielen Dank für den Beitrag. Er trifft mit jedem Satz den Nagel auf den Kopf. Unerträglich, für solche prorussische Propaganda auch noch Gebühren bezahlen zu müssen. Dass eine Moderatorin mit einem derartigen Hinterrgrund dort arbeitet, sagt mehr über den mdr aus als über die Moderatorin. Das hätte man von RT erwartet, wo Frau Arndt auch besser aufgehoben wäre.