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Kultur

Welttaumel

»Circus of Resistance« vereint Artistik mit Aktivismus

  Welttaumel | »Circus of Resistance« vereint Artistik mit Aktivismus

Die Erde kreiselt und taumelt, scheint aus der Umlaufbahn. Im wirbelnden Kreisrund ist ein Mensch gefangen, windet sich eine schwangere Frau. Sie kann die Balance nicht finden in aus dem Gleichgewicht geratener Welt, in einer Gegenwart aus den Fugen. Während der Luftring weiter rotiert und die Frau aka Menschheit mitreißt, fragt eine Kinderstimme aus dem Off: »Wenn die Erde stirbt, sterben wir dann auch?« – Zugegeben, manchmal geht es ein bisschen plakativ zu, in diesem »Circus of Resistance«, der zeitgenössischen Zirkus mit zeitkritischem Engagement verschmilzt.

Mal kurz die Welt retten? Natürlich vermag das die Kleinkunst-Revue nicht. Aber sie legt mit Kurzweil den Finger in gesellschaftliche Wunden. Rabules Collective nennt sich die Gruppe hinter der Show, die personell durchwechselt. Zur Premiere im Centralkabarett treten vier Frauen und zwei Männer auf. Hochkarätige Akrobatiknummern sind zu sehen, zu denen jeweils gruppenchoreografische Tanzszenen überleiten. Diese sind nicht immer gelungen, besonders vor der Pause ruckelt das Timing, was sich aber noch einspielen kann. Ob die antouchierten Botschaften über Plastikmüll und Konsumrausch, Arbeitswahn und Klimawandel das Publikum zum Nachdenken bringen, ist ungewiss. Aber warum soll nicht auch das Varieté Dinge von Gewicht verhandeln? Zumal die einzelnen Akte wirklich sehenswert sind. Zuschauerinnen und Zuschauer sollten aber frühzeitig erscheinen, damit sie bei freier Platzwahl nicht zu weit hinten sitzen müssen.

Auf engem Raum wird beim einbeinigen Einradfahren mit Keulen jongliert. Derselbe Akteur hat seine Objekte davor bereits aus dem Handgelenk in winzigen Loops um seinen Körper bewegt. Grotesker Stuhltanz, Kontaktjonglage mit Bällen und Hula-Hoop-Akrobatik erfüllen die Sehsucht ebenso wie mehrere Luftnummern. Fürs Vertikalseil und -tuch ist der flache Raum nicht gemacht und dennoch gelingt es drei Akrobatinnen, mit Präzision, Kraft und  Körperbeherrschung zu verblüffen. Überhaupt strahlen alle sechs Schönheit und Attraktivität jenseits optischer Varieté-Klischees aus. Tätowiert und gepierct sind diese muskulös-flexiblen Körper, die man eher vom Zoro-Extremtanz kennt – und die der Show damit noch einen Reiz mehr verleihen.

> »Circus of Resistance«: 3./4.2., 20 Uhr, Centralkabarett


Foto: Promo Zirkus Kabarett.


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