Im Stadtrat geht die Diskussion um die Vergabe des Leipziger Weihnachtszirkus in die nächste Runde. Parallel zur Debatte Tradition versus Tierwohl werden Fragen laut, inwiefern diese Entscheidung überhaupt ein Thema im Stadtrat sein sollte.
Eine Petition der Gesellschaft der Zirkusfreunde e.V. fordert den Erhalt des Zirkus Aeros am Cottaweg, zwei Fraktionen und zwei Stadträte haben dazu Änderungsanträge eingebracht. Mit einem historischen Vortrag über den Zirkus als Kulturgut und den Zirkus Aeros eröffnet Volker Külow (Linke) etwas feierlich die Debatte. Sein wichtigstes Argument: Die Jahrzehnte lange gemeinsame Geschichte von Stadt und Aeros. Dem vorausgegangenen Versuch des Marktamtes, sich mit dem Stardust International Weltweihnachtszirkus eine Attraktion für ein „hochkarätigeres zahlungsfähigeres Zielpublikum“ einzuholen, kann seine Fraktion nichts abgewinnen. Das Motto sei »mehr Leipzig, weniger Hypezig«, sagt Külow. Zumindest bei Zirkusfragen ist man sich hier mit der CDU einig: Aeros soll bleiben.
Die CDU hatte sich bereits zu Beginn des Jahres kritisch gegenüber den Plänen des Marktamtes geäußert und die Beliebtheit von Aeros betont. Zudem hatte die Linke in einem Antrag vom 18. Januar mehr Transparenz bei der Vergabe gefordert. Man solle den Stadtrat in die Entscheidung miteinbeziehen, hieß es. Der niederländische Weihnachtszirkus Stardust International hatte sich unterdessen bereits aus den gemeinsamen Plänen zurückgezogen. Vorerst gibt es also keinen Ersatz für Aeros. Doch die Frage, welche Ansprüche ein Zirkus der Zukunft erfüllen muss, steht weiterhin im Raum.
Für Thomas Kumbernuß (die Partei) spiegele der Antrag der Linken lediglich ostdeutsche Befindlichkeiten wider. Und einmal angefangen, verteilt er direkt noch weitere Zuschreibungen: Die AfD bespiele die Realitätsverleugner, die Grünen und FDP die Besserverdienenden. Und die Partei? Die bediene laut ihm eben gutaussehende, junge, intelligente Leute. Thematische Fragen bleiben offen: Braucht ein Zirkus überregionale, vielleicht gar internationale Attraktivität? Für wen soll er bezahlbar sein? An welcher Stelle steht die Tradition? Auch beim Thema Tiere fehlt der Konsens: Während die AfD das Tierwohl bei Aeros stets in besten Händen zu wissen glaubt, findet Christian Schulze (SPD) Dressurreiten in der Manege noch akzeptabel. Für Kumbernuß (die Partei) schließen sich Zirkus und Tierwohl grundsätzlich aus.
Schulze wirkt unterdessen genervt: Er sei sich nicht mehr sicher, ob er wieder als Stadtrat antreten wolle, wenn sich hier immer mehr Akteurinnen und Akteure eine Jury oder Auswahlkommission gönnten. Bei einem Thema wie diesem sei das übertrieben, findet er.
Schlussendlich einigen sich die Fraktionen auf den Verwaltungsstandpunkt. Zukünftig soll eine Jury, bestehend aus Vertretern aller Fraktionen, dem Marktamt und der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH über die Vergabe des Weihnachtszirkus entscheidend. Soziale Aspekte und Fragen der Nachhaltigkeit sollen dann ausschlaggebend sein. Für den gänzlichen Verzicht auf Tiere, wie ihn Kumbernuß fordert, gibt es im Stadtrat keine Mehrheit. Auch der Antrag der Grünen, das Tierwohl mit in die Vergabekriterien aufzunehmen, wird abgelehnt. Damit ist die Vorstellung vorerst vorbei.
Illustration: Stefan Ibrahim