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Kultur

Ebbe beim Tanz?

Die Tanzplattform 4fT und die Sebastian Weber Dance Company um die Zukunft zittern

  Ebbe beim Tanz? | Die Tanzplattform 4fT und die Sebastian Weber Dance Company um die Zukunft zittern

Besonders ernst sieht es für den Verein 4fT – Tanzplattform Leipzig aus. Die Tanzplattform hat sich die Vernetzung der oft sehr disparat agierenden Tanzszene in Leipzig auf die Fahnen geschrieben. Neben regelmäßigen Probetrainings vergab der Verein Residenzen an Gastkünstlerinnen, andere Tanzcompanys konnten in Showings vorstellen, an was sie gerade arbeiten und organisierte zudem ein kleines Workshop-Festival. Seit 3. Juli aber sind die Pforten zum angemieteten Studio geschlossen. »Wir haben alles versucht, einen Weg zu finden, den Betrieb aufrecht zu erhalten, leider ohne Erfolg. Ohne Förderung können wir unser Studio nicht weiter anmieten, unser Personal nicht bezahlen und unser Programm nicht weiter fortführen«, heißt es in einer Stellungnahme des Vereins zur Schließung.

Für die Leipziger Tanzszene, ohnehin nur bedingt sichtbar in der Stadt, ein harter Schlag, denn damit fällt in Leipzig das einzige regelmäßige professionelle Tanztraining weg, das für alle freischaffenden Tänzerinnen und Tänzer offensteht. Entsprechend enttäuscht sind die Vorstandsmitglieder Alma Toaspern und lldikó Tóth: »4fT ist der einzige Leipziger Ort zur Vernetzung in der professionellen Tanzszene, an dem eine deutschlandweite und internationale selbstorganisierte Tanzcommunity zusammenkommen kann und sichtbar wird. Wir sehen es als Aufgabe der Kommune, diese grundlegende Infrastruktur aufrecht zu erhalten.« Doch die bisherige Förderung kam vom Bund – im Zuge des Tanzpakts Reconnect – und war zeitlich begrenzt.

Angesichts der breiten Streuung des Programms mit 146 geförderten Projekten und einer Gesamtfördersumme von 16,8 Mio. Euro dürften dies nur die ersten Vorboten einer ganzen Reihe von Hiobsbotschaften sein, die in nächster Zeit die Tanzszene durchlaufen werden, denn im Juni endete planmäßig die Projektlaufzeit des Tanzpakts.

Auch der Sebastian Weber Dance Company, die mit ihrem zeitgenössischen Stepptanz international erfolgreich ist – zuletzt sogar mit einem Auftritt im schwedischen Fernsehen – droht das Aus. 150.000 Euro benötigt die Company pro Jahr, doch eine entsprechende Förderung steht für das Leipziger und sächsische Aushängeschild in Sachen zeitgenössischer Tanz ab nächstem Jahr in den Sternen. Das ist umso überraschender, als dass die Company zuletzt mit Produktionen wie »Cowboys«, »Folk Fiktion«, »Touch« oder »Bats« international gebucht war. Im letzten Jahr hat Sebastian Weber sogar ein neues Studio in Leipzig eröffnet, um endlich einen festen Probenraum und Sitz für seine Step-Company zu haben. Für 2024 ist zudem eine große Produktion mit der Dresdner Staatsoperette geplant, bei der das dortige Ensemble die Crew von Sebastian Weber unterstützen wird. Danach aber ist unklar, wie es finanziell weiter geht.

Denn nun laufen drei Förderungen gleichzeitig aus: Der Tanzpakt Reconnect, die Konzeptionsförderung durch den Fonds Darstellende Künste und die Konzeptionsförderung der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen. Allesamt zeitlich befristete Förderungen, die zum Erfolg der Company geführt haben. Ein langfristiges Förderkonzept, um die Grundkosten langfristig zu tragen und den Erfolg zu sichern, fehlt aber. Hier fühlt sich offenbar auch niemand in Bund, Land und Kommune verantwortlich. Leiter der Company, Sebastian Weber, bilanziert: »Die Strukturkosten, die wir haben, sind eine direkte Konsequenz aus dem Erfolg. Wir machen 41 Aufführungen im Jahr und das ist ohne Administration und Probenbühne nicht machbar. Wenn es keine Strukturförderung für Companys gibt, dann ist Erfolg der Todesstoß.«  

Bei 4fT sieht es derzeit nach Abwicklung aus und der Verein muss sehen, welche Aktivitäten in Zukunft noch möglich sind – ohne eigenes Studio und feste Finanzierung. Die Netzwerkarbeit auf hohem Niveau kommt auf jeden Fall erst einmal zum Erliegen. Bei der Sebastian Weber Company ist zumindest bis Sommer 2024 das Studio gesichert. Wie allerdings die 150.000 Euro für Fixkosten und Miete finanziert werden, bleibt offen.

Zwar hat die Stadt Leipzig bereits eine neue Förderrichtlinie Kultur in Aussicht gestellt, die neben einer Projektförderung auch eine Basisförderung in Aussicht stellt, auf welche die Company gute Chancen hätte, aber diese würde erst 2025 greifen. Auch die finanzielle Ausgestaltung ist derzeit offen und angesichts der schwierigen öffentlichen Kassenlage ohnehin mit vielen Fragezeichen behaftet.

Eine Spitzenförderung durch das Land Sachsen, wie Nordrhein-Westfalen sie seit Jahren anbietet und die genau diese Basis für ein kontinuierliches Arbeiten schafft, wäre ein Weg für die Webersche Company, doch bisher gibt es auf Landesebene keine Bestrebungen in diese Richtung. Das Land Sachsen duckt sich bei der kontinuierlichen Förderung von freien Companys konsequent weg. Der Aufbau nachhaltiger Strukturen jenseits der Stadt- und Staatstheater stagniert so einmal mehr.


Foto: Tom Dachs


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