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Stadtleben

Editorial 09/23

Der September-kreuzer ist da

  Editorial 09/23 | Der September-kreuzer ist da  Foto: Illustration: Stefan Ibrahim Kutschera; Gestaltung: Daniel Kobert

An dieser Stelle veröffentlichen wir das Editorial der September-Ausgabe des kreuzer. Interim-Chefredakteur Tobias Prüwer schreibt, warum Statistiken Spaß machen können und was Sie, außer spannenden Zahlen, von der neuen Ausgabe erwarten können.

Die Tugend nistet, wie der Rabe, mit Vorliebe in Ruinen.

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, die Tauben auch, wenn der Spatz wieder lieber in der Hand ruht: Menschen mögen keine Statistiken. Zumindest die meisten nicht. Trockene Zahlen, Fußballfeld- und Saarlandgeplapper, Listenlangeweile – all das schreckt ab. Gleichwohl können Statistiken Spaß bereiten. Zumindest glauben wir das. Deshalb stellt kreuzer-Autor Eyck-Marcus Wendt numerisch Wissenswertes und Kurioses über Leipzig vor. Sie erfahren in seiner Titelgeschichte, in welchem Viertel die meisten Hunde leben (Hint: Klischee erfüllt), auf wie viele Schwelms und Franzburgs es die hiesigen Grün- und Blauflächen bringen. Fantasievoll illustriert hat das statistische Material Stefan Ibrahim Kutschera. Aber sehen Sie selbst. (S. 22–27)

Gut gebrüllt, Löwe.

Sommerloch and the living is easy: Zumindest, wenn man Journalist ist und wieder ein wilder Problem-Wels oder -Bär auftaucht. Und man bequem darüber schreiben kann. Just so geschehen in Berlin. Und da es die Hauptstadt nicht unter dem König der Tiere macht, sollte dort eine Löwin unterwegs sein – zumindest im Speckgürtel. Schon berichten sogar die New York Times und der Guardian, so groß ist wohl das Sommerloch des globalen Nordens. Schwein gehabt: Wir nutzten die Gunst der Stunde, um auf ein verbrieftes Stück Leipziger Lokalgeschichte hinzuweisen: Worum es bei der Leipziger Löwenjagd vor exakt 110 Jahren ging, können Sie auf kreuzer-leipzig.de nachlesen. Am besten nicht mit nüchternem Magen.

Die Eule der Minerva beginnt …

... erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug. Nüchtern müssen Sie nicht bleiben, wir haben zum Beispiel eine Wein-Dinner-Empfehlung für Sie (S. 82). Voll ist auch dieses Heft mit Texten, die Sie bildungsbesoffen machen könnten. Gibt es Schöneres, als jeden Tag etwas zu lernen, beschwipst zu sein im Wissenstaumel? Was man aus der Geschichte mitnehmen kann und was nicht, erklärt der Historiker Dirk van Laak im großen Interview. (S. 30 ff.) Von ihm ist auch zu erfahren, warum sich seine Wissenschaft mehr einmischen könnte und aktuelle Debatten nicht allein jenen überlassen sollte, die mit Umfragewerten und Zahlen um sich werfen. Denn niemand mag Statistiken, außer Politikern. Doch eindeutige Antworten sind selten zu haben, Differenzieren ist das Gebot der Stunde. Da hat van Laak völlig Recht. Wenn Sie weiteren Wissensdurst verspüren, besuchen Sie doch den Deutschen Historikertag, der heuer in Leipzig tagt. Die Veranstaltungen sind öffentlich. Falls das nicht reicht: Allein vier Science-Slams locken in diesem Monat. Die Termine finden Sie unter »Grenzgänge« im Theater-Teil, den ich Ihnen besonders ans Herz legen möchte. Er wird nur getoppt von den anderen Rubriken im Heft. Und sind selbst die der Neugierstiller nicht genug, können Sie am 10. September, dem Tag des offenen Denkmals, viele Türen einrennen.

»Gramprophet!«, rief ich voll Zweifel, »ob Du Vogel oder Teufel!«

Sie werden es längst erkannt haben, wahrscheinlich bereits daran, dass kein Song-
zitat dieses Editorial einleitet: Hier schreibt kein Benjamin Heine. Der war im Urlaub, weshalb ich ihn vertrat. Eine kreuzer-Mauser sozusagen. Nun ist er wieder zurück. Ich verabschiede mich. Danke für Aufmerksamkeit, Geduld, Interesse. Denn seien wir ehrlich: Es mögen viele Menschen Statistiken scheuen. Aber wirklich niemand liest Editorials.

Kommen Sie gut durch den September, lächeln Sie dann und wann in den Spiegel – oder sogar Ihre Mitmenschen an.

Einzig dies und sonst Nichts mehr.

TOBIAS PRÜWER

chefredaktion@kreuzer-leipzig.de

PS: Der Bierschnegel ist Weichtier des Jahres. Wir gratulieren der Nacktschnecke von Herzen. Bitte rutschen Sie nicht aus!


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