Ich bin ein Raubtier
Ich kann mich selbst regieren
Ich bin alt genug, groß und stabil
Ich bin ein Fadenschein, ich bin klein, ich bin kalt wie ein Stein
Weggekickt mit nem Stiefel und ich weiß nicht von wem
Doch ich nehm mal an
Es war mit Sicherheit ein Mann
– Nichtseattle, am 19.10. bei der 20-Jahre-Staatsakt-Gala im Conne Island und am 27.10. beim Literarischen Herbst im TdJW
»Seite schnell verlassen«, »Notausstieg« – Diese Buttons habe ich in den letzten Monaten bei meiner Recherche oft auf Webseiten gesehen. Sie rutschen mit, wenn man scrollt, und führen mit einem Klick zu einer neutralen Seite wie der Google-Suche. Diese Buttons sind gedacht für Frauen, die sich im Netz informieren, wo und wie sie Hilfe bei häuslicher Gewalt bekommen und dabei jederzeit von ihrem Partner, Mann, Freund überrascht werden könnten. Denn es ist trauriger Fakt: Der gefährlichste Ort für eine Frau ist ihr Zuhause, ihr Partner statistisch gesehen die gefährlichste Person für sie. Ich schreibe bewusst »Frauen«. In 80 Prozent der Fälle sind sie die Opfer, Männer dagegen zu 79 Prozent die Täter – um der Ich-kenne-sie-schon-zur-Genüge-Diskussion vorzubeugen.
Aber das Gute ist: Es gibt Hilfe. Das Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen, Beratungsstellen, Täterarbeit, Frauenhäuser. Nur, oft ist das alles nicht genug. Das Leipziger Hilfenetzwerk arbeitet seit über zwanzig Jahren aufopferungsvoll, aber wie überall fehlen Fachpersonal und Geld.
Wir haben mit Mitarbeiterinnen aus Frauenhäusern und Beratungsstellen gesprochen, bei der Stadt Leipzig und dem Sächsischen Ministerium für Justiz, Demokratie, Europa und Gleichstellung nachgefragt, uns durch politische Leitlinien und Haushaltspläne gewühlt.
Beeindruckt haben mich die Mitarbeiterinnen des Netzwerks. Sie sind täglich mit Schicksalen konfrontiert von Menschen, die teilweise jahrelang in Gewaltbeziehungen gelebt haben. Sie hören sich die Geschichten an, versuchen zu helfen, aufzufangen, aufzubauen. Sie helfen und haben dabei das Gefühl, nicht allen helfen zu können. Und doch habe ich bei allen eine Tatkraft gespürt, die vermutlich dadurch entsteht, dass sie sehr genau wissen, wie wichtig ihre Arbeit ist. Auch wenn ihnen die Wertschätzung und öffentliche Anerkennung dafür fehlt.
Es gäbe noch viel mehr zu sagen. Aber jetzt lass ich Sie erst mal in Ruhe lesen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Maika Schmitt
online[at]kreuzer-leipzig.de