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Kultur

42 Kilometer traurig tanzen

Cindy Hammer und die Go-Plastic-Company laden zum kollektiven Seufzen

  42 Kilometer traurig tanzen | Cindy Hammer und die Go-Plastic-Company laden zum kollektiven Seufzen  Foto: Jana Mila Lippitz

Die Go-Plastic-Company ist eine Hausnummer in Dresden für alle an zeitgenössischem Tanz Interessierten. Und sie kennen Cindy Hammer, die zusammen mit der Dramaturgin Susan Schubert der künstlerische Kopf der Company ist. In Leipzig steht diese seit vielen Jahren mit dem Lofft in produktiver Verbindung. Das neue Stück »Melancholic Marathon« widmet sich der Schwermut.

Das erste Mal bewusst wahr nimmt die Autorin dieses Textes Cindy Hammer 2017 im Dresdner Tanzstudio Tenza: Hammer wechselt die Klamotten, unterhält sich kurz mit einer Kollegin, verschwindet dann allein im Saal und beginnt zu trainieren. Musik. Sie macht einen ernsten Eindruck, irgendeines ihrer Kleidungsstücke leuchtet neonfarben. Vielleicht leuchtet aber auch etwas aus dem Hier und Jetzt neonfarben in die Erinnerungen hinein.

Anfang Dezember 2022 führen wir ein Gespräch. Gerade läuft im Europäischen Zentrum der Künste Hellerau das Festival Time and Space, mit dem Go Plastic ihr zehnjähriges Bestehen feiern. 25 Stücke hat die Company bis heute unter die Menschen gebracht. Das Gespräch streift Bad Muskau, den Ort, wo Cindy Hammer aufgewachsen ist und wo nicht so viel gegangen ist in Bezug auf die Förderung ihres Tanzinteresses. Hammer erfährt später, wie es sich anfühlt, die Aufnahmeprüfung an der Palucca-Schule für Tanz in Dresden zu bestehen, die beste Freundin aber nicht. Mit zwanzig hat Hammer das Tanzdiplom in der Tasche und startet in die Selbstständigkeit. Das ist ungewöhnlich, da die Ausbildung auf eine Festanstellung in einer Company ausgerichtet ist. Mit ihrem damaligen Freund gibt sie Club-Performances und gründet Go Plastic. Hammer spricht über das Glück des perfekten Timings. Denn genau in jener Zeit öffnen sich Möglichkeitsräume. Unter anderem gründet sich das Tanz-Netz Dresden, ein sich selbst organisierendes Netzwerk der freien Tanzszene, in welchem sich Hammer bis heute ehrenamtlich engagiert. Seither arbeitet sie als Tänzerin, Choreografin, künstlerische Leiterin, mitunter in allen Positionen innerhalb eines Stückes. Aber sie betont, dass an allen Produktionen immer viele Köpfe unterschiedlicher Disziplinen beteiligt sind.

Um jedes Stück entstehe ein eigener Kosmos mit einer individuell gestalteten Internetpräsenz. Mit dem zeitgenössischen Tanz als Kerndisziplin sind Go Plastic an unterschiedlichen neuen Ausdrucks- und Zugangsformen interessiert. So mündet zum Beispiel die Produktion »Asphaltwelten« in einer App und wird das Stück »Motel Vibes« in eine Graphic Novel überführt (s. kreuzer 07/22).

Der neue »Melancholic Marathon« ist eine Solo-Tanz-Performance, allerdings eine multidisziplinäre und interaktive, die zum gemeinsamen Melancholisch-sein einlädt. Für diejenigen, die sich die Produktion anschauen möchten, lohnt es sich, schon einmal nachzuspüren, wo im eigenen Körper die Melancholie zu verorten ist. 

> »Melancholic Marathon«: 24.11., 20 Uhr, 25.11., 18 Uhr, 26.11., 16 Uhr, Lofft

 


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