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Dreißig Nazis in Dessous

Die Muko landet mit »The Producers« von Mel Brooks einen Kassenknaller

  Dreißig Nazis in Dessous | Die Muko landet mit »The Producers« von Mel Brooks einen Kassenknaller  Foto: Kirsten Nijhof

Am Anfang – 1968 – war »The Producers« ein Film, der 2001 ein Musical wurde, das wiederum 2005 verfilmt wurde. Die neue Inszenierung an der Musikalischen Komödie orientiert sich an diesen Vorbildern. Das ist gut, denn Erwartungshaltungen werden nicht enttäuscht. Und man freut sich über die abgespeckte Version – Leipzig ist kein Broadway –, die manche Idee aber gekonnt weitertreibt.

Die Wohnung des erfolglosen Produzenten Max Bialystock ist hier grau, grau wie inzwischen sein Leben. Wenn Max seinen grauen Bademantel trägt, verschwindet er quasi in einer großen Depression, aus der ihn dann ein junger Finanzbeamter herausreißt. Der hat die Idee, dass man rein rechnerisch mit einem Flop mehr Geld verdienen könnte als mit einem Hit. Will niemand das Stück sehen, würde es vorzeitig abgesetzt werden. Mit dem gesparten Budget könnte sich Max nach Rio absetzen. Gesagt, getan: Ein miserables Stück ist schnell gefunden, ein miserabler Regisseur, ein miserabler Hitler auch, denn das Stück heißt »Springtime for Hitler«. Doch zur Premiere wird das Schlechte als Satire verstanden und damit zum Erfolg. »Dreißig Nazis in Dessous, warum gab es keine Buhs?!« Der Produzent kommt vor Gericht, weil der Finanzbeamte, jetzt Kompagnon, mit dem Geld durchbrennt, und landet im Gefängnis; schließlich folgt doch noch ein Happy-End.

Darf man über Hitler lachen? Die Frage wirkt antiquiert. Charlie Chaplin, Helge Schneider, Mel Brooks haben sie beantwortet. Brooks bedankte sich bei der Oscar-Vergabe für »Producers«: »Thanks to Hitler for being such a funny guy on stage.« Andreas Rainer zeigt in der Muko einen Hitler, ohne wie viele andere auf die Stimme zu setzen. Er ist an Chaplins »Der große Diktator« dran, setzt auf Körperlichkeit – toll! Darf man über Schwule lachen, über Geschlechterklischees, über alte Frauen, über Indianerdarsteller? Regisseur Dominik Wilgenbus stellt diese Fragen neben die Hitlerfrage. Er trägt dick auf – so dick, dass man sich in die gute, alte Zeit versetzt fühlen kann –, fügt aber augenzwinkernd Brüche ein: Ein Statist mit viel sichtbarer weißer Haut, weil in Unterhose, allerdings mit prächtigem Federschmuck ist eben nicht als Rothaut geschminkt und bringt das Dilemma auf die Bühne.

Interessant wird es auch bei den Nebenfiguren. Vor allem bei Franz Liebkind, Autor von »Springtime«. Wie stellt man jemanden dar, der Hitler »im Frühling« sieht? Ist das heute ein Reichsbürger? Ein Identitärer? Wilgenbus zeigt einen bodenständigen Mittfünfziger in Ledermantel, mit Wehrmachtshelm, Lederhose und Wadenstrumpf, er verzichtet auf visuelle Aktualisierungen. Auch der Text bleibt original, sieht man von »NSDAfD« ab, deren Mitglied der Mann nicht sein will. Liebkind züchtet Tauben, jede hat einen Namen. Wie in der »Heute-Show« verwechselt er Bernd mit Björn. Die dressierten Tauben zeigen auf Kommando den Hitlergruß. Wilgenbus geht es um den Alltagsrassismus und -nazismus. Das Publikum bemerkt’s, stimmt klatschend zu, dass die Regie das problematisiert, aber nicht plakativ an die Wand malt.

Das Orchester ist ganz groß und klingt beim Dirigenten Christoph-Johannes Eichhorn fein ausbalanciert. Die Solisten singen und sprechen mit Mikroport. Das ist gut für die Ohren, aber manchmal mulmig im Klang. Ansonsten alles wundervoll. Die Sekretärin Ulla von Nora Lentner ist spielerisch, sängerisch, tänzerisch immer 200 Prozent – wie sie da in die Vollen geht, ist eine großartige Leistung, die beste am Abend.

Unterm Strich ist das eine gelungene Sache mit einer überzeugenden Bühnenlösung, dezenten Aktualisierungen, viel Spielfreude, die dankbar aufgenommen wird und sich ins Publikum überträgt. Langer Applaus, hier und da Standing Ovations. 

 

> »The Producers«: 19./20.12., 19.30 Uhr, Musikalische Komödie


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