Es ist dunkel, es ist kalt und es ist etwas gruselig, als ich in Kleinzschocher aus der Tram steige. So weit in den Süd-Westen von Leipzig hat es mich verschlagen, weil hier das einzige Quadball-Team der Stadt seinen Trainingsplatz hat. Quadball sagt den meisten Menschen erst mal nichts, dafür aber der ursprüngliche Name des Sports: Quidditch. Quidditch ist der herrlich magische Name für die populärste Sportart im Harry-Potter-Universum. Dort werden auf Besen herumfliegende Quidditch-Spielende so gefeiert wie Fußballer in unserer Muggel-Welt.
Wir gehen gemeinsam über einen Fußballplatz, ehe wir auf einer Wiese mit Flutlichtmasten ankommen. Zwar hat es um 18.30 Uhr an diesem November-Abend nur etwa zwölf Grad, aber Quadball wird immer draußen gespielt. Nach zwei Runden Einlaufen versammeln sich etwa 15 Männer und Frauen zu einem Dehnkreis – so weit, so normal. Danach geht es in die Technik-Schulung, die sich heute ums Tackeln dreht. Mir wird erklärt, dass Quadball eine Vollkontaktsportart ist, die Elemente aus Handball, Rugby und Dodgeball (mit Völkerball verwandt) miteinander vereint. Charakteristisch ist, dass alle Spielerinnen und Spieler einen »Besen« zwischen den Beinen halten müssen – in der nicht-magischen Welt ist das eine PVC-Röhre. Dann gibt es drei Chaser, die mit einem Volleyball Handball spielen, einen Keeper, der zusätzlich die Tore bewacht, und zwei Beater, die mit Gummibällen Völkerball spielen. Nach etwa 20 Minuten kommt dann der berühmte Schnatz, beim Quadball Flag Runner genannt, ins Spiel: Die Person hat einen Tennisball in einer Socke am Hosenbund befestigt, den die Seeker beider Teams erbeuten wollen. Die Tore sind im Quadball drei unterschiedlich hohe Reifen. Eine weitere Besonderheit ist, dass sich von den sieben Spielenden nur vier dem gleichen Geschlecht zugehörig fühlen dürfen. Darauf muss auch bei den Auswechslungen geachtet werden.
Nach dem Tackeln geht es ans Spielen. Für Laien ist es schwer, im Spiel ein System zu erkennen, aber die Quadball-Spieler und -spielerinnen von den Looping Lux Leipzig wissen genau, was sie tun. Zugegeben: Viel mit der magischen Sportart Quidditch hat Quadball nicht mehr zu tun. Das sei aber auch beabsichtigt, wird mir erklärt. Zum einen gehören Warner Bros immer noch die Rechte an Harry Potter, also auch an Quidditch – und da der Sport wachse und Sponsoren brauche, wolle man sich von dem Unternehmen lösen. Zum anderen möchten viele Quadball-Spielende sich von der Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling und ihren umstrittenen Aussagen beispielsweise über Trans-Personen distanzieren. Es gelte zumeist das Motto: »Die Menschen kommen wegen Harry Potter und bleiben wegen des Sports.«
Nach dem Spiel sind alle erschöpft. Der Sport ist sehr physisch, und in regulären Liga-Spielen werden die Spielenden nach drei bis vier Angriffen ausgewechselt. Einige der Sportlerinnen und Sportler verabreden sich nach dem Training noch zu einem Döner. Vielleicht gibt es dazu auch Butterbier.
> Looping Lux Leipzig: Training Mi 18.30–20.30, So 14–16 Uhr, Karl-Siegmeier-Sportanlage, Windorfer Str. 63, verein-lsv-suedwest.de