anzeige
anzeige
Essen & Trinken

»Fair wirtschaften ist möglich«

Kathrin Franke vom Café Patina 45 im Gespräch über Nachhaltigkeit und Modelle des Arbeitens

  »Fair wirtschaften ist möglich« | Kathrin Franke vom Café Patina 45 im Gespräch über Nachhaltigkeit und Modelle des Arbeitens  Foto: Rike Schindler

Kathrin Franke betreibt das Café Patina 45 in Neustadt-Neuschönefeld. Die studierte BWLerin weiß viel über Nachhaltigkeit und Modelle des (Zusammen-) Arbeitens. Im Gespräch erzählt sie auch von Kultur im Café, einer Gewinnbeteiligung für das Team und von Bio-Kaffee.

Was ist denn Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist Zukunftsfähigkeit, möglichst keinen Schaden verursachen – so wenig Abfall wie möglich, so wenig Heizung wie möglich. Und sie hat mit sozialer Gerechtigkeit und Partizipation zu tun. Wir müssen Arbeit, Wirtschaft und Erfolg neu denken.

Wie könnte das konkret aussehen?

Wenn ich hier zum Beispiel jeden Monat 5.000 Euro übrig hätte, würde ich mir die nicht in die eigene Tasche stecken, sondern gemeinsam mit den Mitarbeitenden entscheiden, wie sie verteilt werden sollen und welche Projekte wir unterstützen können.

Wie kamen Sie zum Thema Nachhaltigkeit?

Ich hatte fünfzehn Jahre lang ein eigenes Unternehmen für Wirtschaftlichkeitsberechnungen für neue Medizinprodukte. Das war klein und fein: Wir waren zu zwölft, trafen Entscheidungen gemeinsam, mein Gehalt als Geschäftsführerin war nicht wesentlich höher als das der anderen. Als ich an ein börsennotiertes Unternehmen verkaufte, war ich immer noch in leitender Position, aber alles lief ganz anders – das machte keinen Spaß mehr. Zu dieser Zeit kam ich an an einem Schild der hiesigen Initiative Gemeinwohlökonomie vorbei, auf dem stand: »Eine faire Wirtschaft ist möglich.« Und ich dachte: »Ja, klar! Warum soll sie denn nicht fair sein?« Oder anders gefragt: Warum ist Wirtschaft nicht fair?

Weshalb eröffneten Sie letztes Frühjahr das Patina 45?

Als der Laden leer stand, habe ich übernommen. Hier will ich Gemeinwohlökonomie umsetzen.

Die Gastronomie hat hohen Kostendruck und es ist wichtig, dass die Gäste zufrieden sind. Ist da Nachhaltigkeit nicht eher zweitrangig?

Nicht ganz. Wir erfüllen nicht jeden Wunsch der Gäste. Es gibt zum Beispiel draußen keine Heizpilze, wir haben ausschließlich Mehrweggeschirr, und es gibt keine Trinkhalme, die man sowieso nur wegwirft. Wegen der Trinkhalme sind schon Gäste gegangen. Wenn das Gästen nicht passt, dann ist das so. Die meisten finden unser Konzept gut.

Wie setzen Sie Nachhaltigkeit hier in Ihrem Café um?

Das fängt natürlich bei den Produkten an. Unser Kaffee ist der zweitnachhaltigste, der derzeit zu bekommen ist – der nachhaltigste ist deutlich teurer. Unsere Produkte erhalten wir nicht in Wegwerfverpackungen, sondern in Flaschen oder Gläsern, alle haben Bio-Qualität und stammen von sozial orientierten Unternehmen.

Und die Gemeinwohlökonomie?

Unser Team hat laut Arbeitsverträgen eine Gewinnbeteiligung von insgesamt vierzig Prozent. Die Finanz- und Warenströme sind transparent, es wissen also alle Bescheid, was reinkommt und was rausgeht. Alle können mitgestalten und Vorschläge einbringen. Längerfristig können wir noch mehr über das soziale Engagement für die Mitarbeitenden nachdenken. Und wir können überlegen, was wir noch mit unserem Gewinn machen, welche Veranstaltungen wir haben und wie wir im Viertel noch mehr andocken können.

Was für Veranstaltungen machen Sie denn?

Derzeit gibt es Kino an den Wochenenden, am 8. März eine Lesung und manchmal Konzerte gegen Spende.

Was bieten Sie im Café an?

Kalte und heiße Getränke, Cocktails sowie Snacks wie Quiche oder Suppe. Kuchen backen wir frisch. Das Speisenangebot erweitern wir in der warmen Jahreszeit, wenn wir die Fläche vor dem Laden bespielen. Und unser Raum eignet sich gut zum Feiern. Das Ziel ist: Der Laden soll sich so tragen, dass wir mit dem, was übrig bleibt, etwas auf die Beine stellen können, was die Nachbarschaft belebt – eine Art Plattform.

Was machen Sie neben dem Café?

Ich berate Unternehmen zu Gemeinwohlökonomie und zu Nachhaltigkeit, auch zu den Nachhaltigkeitsberichten, die ab nächstem Jahr für größere Unternehmen verpflichtend sind. Das ist eine Chance, Nachhaltigkeit jenseits von Recycling-Papier und Bio-Essen in Unternehmen zu integrieren, unter Beachtung sämtlicher sozialer, ökologischer und ökonomischer Belange. In Bildungseinrichtungen gebe ich Workshops zum Thema zukunftsfähige Wirtschaft.

Was bedeutet eigentlich der Name Patina 45?

So heißt der Farbton von unseren hübschen grünen Fliesen.
 

> Patina 45, Rabet 15, 04315 (Neustadt-Neuschönefeld), Instagram: cafe.patina.45, Winteröffnungszeiten Sa/So 13–18 Uhr


Kommentieren


0 Kommentar(e)