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Stadtleben

Erst O.K., jetzt K.O.?

Das Southpaw Gym in Connewitz wird abgewickelt. Der kreuzer war auf Milieu-Verbindungen des Interim-Chefs gestoßen.

  Erst O.K., jetzt K.O.? | Das Southpaw Gym in Connewitz wird abgewickelt. Der kreuzer war auf Milieu-Verbindungen des Interim-Chefs gestoßen.  Foto: Henrik Merker

Das Southpaw in Leipzig. Linkes Kampfsportgym, Trainingsort für Kinder, Anbieter von Deeskalationskursen. Die Betreiber hatten den Anspruch, antirassistische und humanistische Werte zu vertreten. Das Gym war im Viertel lange Zeit bekannt für sein progressives Image.

Und auch die Betreibergesellschaft Helianthus galt vielen als progressive Agentur für Gewaltprävention und Deeskalation. Auftraggeber waren große Verbände wie die Diakonie. Wir schreiben in der Vergangenheit, denn nach einer Anfrage des kreuzer werden Sportclub und Betreibergesellschaft jetzt abgewickelt. 

Zu wenig Information

Unsere Recherche beginnt ganz unspektakulär, mit einem internen Newsletter an Mitglieder des Southpaw Gyms. Die Mitteilung kommt von der Geschäftsführung der Leipziger Helianthus GmbH, Betreiberin des Gyms:

»Es gibt einige News, über die wir euch heute gern informieren wollen. [...] Unser neuer Geschäftsführer ist Maik«.

Maik. Nur ein Vorname. Bei so wenig Information werden wir neugierig. Denn das Southpaw war bereits Thema im kreuzer. Mehrere Trainerinnen und Trainer hatten 2023 ihre Jobs verloren, die Gewerkschaft FAU erstritt am Ende die Gehaltsnachzahlung. Seitdem war es still um das Connewitzer Gym und die Betreibergesellschaft Helianthus GmbH.

Ende 2023 wird ein neuer Interims-Geschäftsführer eingesetzt. Die Mitglieder des Gyms erfahren das erst am 9. Februar 2024, im oben zitierten Newsletter. Wir fragen uns: Wer ist der Mann, der das Gym wieder auf Kurs bringen soll? Wir erfahren von Quellen, dass es sich bei ihm um den ehemaligen Chef der Leipziger Hells Angels handeln soll. Dieser Information gehen wir nach.

Die Plattform Northdata sammelt Firmendaten, sie liefert uns ein erstes Ergebnis: den Nachnamen. Maik R. heißt der neue Mann im Gym, geboren 1964. Er fungiert laut Northdata tatsächlich als Geschäftsführer der Helianthus, was später vom Gym bestätigt wird.

Vor seiner Tätigkeit im Connewitzer Gym leitete der Mann andere Unternehmen in der Region, aktuell vertritt er noch eine »Beauty-Firma« als Prokurist. Zuvor betrieb seine Big Apple UG eine Tabledance-Bar in Halle. Die Daten der Angels Gastronomie GmbH verweisen ebenfalls auf Maik R: Er war dort bis zur Liquidation 2011 Prokurist. Firmensitz war die Dessauer Straße 24 – seit Jahren Sitz des Leipziger Bordells »Angels World«. Es wird den Hells Angels zugerechnet. Deren Leipziger Chapter hatte sich 2016 nach einer Schießerei auf der Eisenbahnstraße aufgelöst. Wir recherchieren weiter.

Über die Beauty-Firma identifizieren wir den Facebook-Account des Mannes. Ein Maik R. bewirbt sie dort, bezeichnet sie als »unsere neue außergewöhnliche [...] Firma«. Ein Blick in die Freundesliste von Maik R. verrät: Er ist mit anderen Personen aus dem Southpaw befreundet: Mit der Anwältin Doreen B.-V. und mit Michael B. Beide stehen in der Gesellschafterliste.

Facebook Screenshot

»Mehr Sicherheit im Alltag«

In Facebook-Beiträgen von R. ist die Rede von »grünen Idioten« und »zwangsfinanzierten Sendern«. Ein Beitrag richtet sich gegen die Entscheidung des MDR, dem neu-rechten Komiker Uwe Steimle keine Bühne mehr zu geben.

In einem Post schreibt R., man solle den Bundestag »um mindestens 300 unnötige Sitze entmüllen«. Er teilt einen Beitrag, in dem es heißt, Geflüchtete aus Syrien sollten »vor Scham im Boden versinken«, weil sie ihre Frauen und Kinder »schutz- und hilflos in einem Kriegsgebiet zurückgelassen« hätten.

Das Southpaw Gym wirbt auf seiner Startseite mit dem Satz: »Das Gym soll ein diskriminierungsarmer, geschützter Ort sein«.

Auffällig ist auch die Freundesliste von R.: zahlreiche Rocker, Männer mit AfD-Slogans im Profilbild, teils offen rechtsextreme Akteure. Darunter auch: Toni Schneider, früherer Identitären-Aktivist, heute für die AfD im Landkreis Bautzen aktiv. 

Der Rocker-Spur gehen wir weiter nach. Ein Maik R. gab 2011 der LIZ Interviews – als Chef der Leipziger Hells Angels. Das Alter des Angels-Chefs und von Maik R. sind gleich, beide sind heute 60 Jahre alt. Was uns unsere Quellen bereits bestätigten, wird durch unsere Recherche gestützt: Maik R. und der ehemalige Leipziger Hells Angels Chef scheinen ein und dieselbe Person zu sein.

Derweil wirbt das Southpaw mit dem Slogan »Mehr Sicherheit im Alltag«. Wir fragen R. per Mail: Waren Sie der Chef der Hells Angels Leipzig? Haben Sie der LIZ 2011 das Interview gegeben? Wir bekommen bis zum Redaktionsschluss keine Antwort, fragen Doreen B.-V. und Michael B. vom Gym, was sie über die Vergangenheit R.s wissen, was sie zu seinem Facebook-Auftritt sagen und wie er zum Geschäftsführer wurde.

Ein schnelles Ende

Beide antworten uns. Frau B.-V. äußert sich nicht zu den Fragen, beruft sich auf ihre anwaltliche Schweigepflicht. Michael B. antwortet ausführlicher, allerdings nicht auf unseren Fragenkatalog. Stattdessen schickt er ein Statement des Southpaw.

Offener Brief am Gym

Demnach wurde B. noch am 7. März – dem Tag unserer Anfrage – zum Liquidator der das Gym betreibenden Helianthus GmbH bestellt. Er soll die Firma jetzt abwickeln. Zuvor hatte man offenbar eilig eine Gesellschafterversammlung einberufen. Das Gym sei mit sofortiger Wirkung geschlossen, schreibt B. Und im Anhang schickt er ein Statement, das auch am Gym aushängt. Am Freitag geht das Statement per Mail an alle Mitglieder:

»Wir waren uns der Vergangenheit des ehemaligen Interims nicht bewusst. [...] Auch wenn nur die Hälfte der aufgeworfenen Fragen inhaltlich stimmen sollte, ist für uns ein weiterer Betrieb des Southpaw-Gyms absolut nicht tragbar.«

B. betont, er habe keine Verbindungen in Milieu-Strukturen und distanziere sich »komplett und vollumfänglich von Rechtsextremismus, verfassungsfeindlichem AFD-Gedankengut, Ausgrenzungen anderer Kulturen, Diskriminierungen jedweder Art in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft«. Darüber hinaus distanziere er sich auch »von Linksextremistischem Gedankengut«. Mittlerweile sind Doreen B.-V. und Michael B. nicht mehr mit Maik R. auf Facebook befreundet.

Wir haben das Southpaw und die Helianthus GmbH außerdem gefragt, ob Maik R. Zugang zu den Daten – Namen, Adressen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern – derjenigen hatte, die im Gym trainierten. Auf die Frage erhielten wir keine Antwort.


Transparenzhinweis: Der Autor des Textes trainierte bis Ende 2022 selbst im Southpaw Gym.

 


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2 Kommentar(e)

Maik 09.03.2024 | um 20:52 Uhr

Wer Uwe Steimle als neu-rechts bezeichnet, sollte der Fairness wegen Jan Böhmermann auch als linksradikal bezeichnen. Mir wäre es lieber, man würde dieses ständige Framing und Einordnen von bekannten kritisch-denkenden Menschen in gewisse Schubladen bleiben lassen. Auf Grund des Bekanntheitsgrades kann sich jeder Bürger eine eigene Meinung bilden und benötigt keine Bevormundung durch Zeitungsautoren.

Lutz 13.03.2024 | um 20:15 Uhr

Fairness*lol* .... oder bevormundende Kommentare, die bevormunden, sollte man auch einfach lassen &~} .... Fairness eben.