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Stadtleben

Nicht k. o. und nicht o. k.

Ehemalige Trainerinnen und Trainer des Southpaw-Gyms kämpfen um ausstehende Löhne

  Nicht k. o. und nicht o. k. | Ehemalige Trainerinnen und Trainer des Southpaw-Gyms kämpfen um ausstehende Löhne

Im Regelwerk des Boxens gibt es drei Befehle, die der Ringrichter oder die -richterin geben kann: Stop (aufhören zu kämpfen), break (auseinandergehen) und box (kämpfen). Diesen Kommandos haben die Beteiligten Folge zu leisten, sonst droht die Disqualifikation. Und sie passen erstaunlich gut zu dem Konflikt, in dem sich mehrere ehemalige Trainer und Trainerinnen des Southpaw-Gyms mit der Führungsebene seit Sommer letzten Jahres befinden. Im Wesentlichen geht es dabei um ausstehende Lohnzahlungen, der Streit kulminierte vorerst in einer Kundgebung vor dem Gym im März dieses Jahres. Wie konnte es zu dieser Eskalationsstufe kommen und wie ist der Stand der Auseinandersetzung zwischen Geschäftsführung und ehemaligen Trainern und Trainerinnen?


Stop

Das Southpaw-Gym (»Southpaw« bedeutet Rechtsausleger im Kampfsport-Jargon) in der Brandstraße in Connewitz gibt es seit 2019. Sein Fokus liegt auf »Striking«, einem Konglomerat von Kampftechniken, die im Stehen ausgeführt werden – etwa Boxen, Kickboxen und Taekwondo – und »Grappling«, also Bodenkampf. Es gibt gesondert organisierte FLINTA-Kurse. Schnell zog das Gym, auch wegen des in den letzten Jahren gestiegenen Interesses an Kampfsport in linken Kreisen, neue Mitglieder an und wuchs beständig. Anders als viele Kampfsporteinrichtungen, die als eingetragene Vereine organisiert sind, ist das Southpaw-Gym eine GmbH, hat also das Ziel, rentabel zu sein. Klassische Vereine dagegen verstehen sich als gemeinschaftliche Projekte, bei denen der gemeinsam ausgeübte Sport im Vordergrund steht. Zu moderaten Beiträgen kommen gegebenenfalls Unterstützungen von Bund und Ländern. Wegen der steigenden Mitgliedszahlen des Southpaw-Gyms beschloss die Geschäftsführung im Juli 2022, das Kursangebot zu erweitern, und versprach den Trainern und Trainerinnen einen Stundenzuwachs von fünf Stunden die Woche, der auch einmal ausbezahlt wurde. Diese erzählten später, sie hätten sich darüber gefreut. Wenige Wochen später, kurz vor den Sommerferien, kam für sie der Schock: Die Geschäftsführung eröffnete, sie könne aus wirtschaftlichen Gründen keine Stundenerhöhung vornehmen, sondern müsse ganz im Gegenteil das Trainingsangebot einschränken, also Stunden und damit Geld kürzen.


Break

Die Betroffenen erzählen dem kreuzer, sie seien aus allen Wolken gefallen: Weniger statt mehr Geld auf dem Konto stellte eine enorme finanzielle Belastung dar. Um gemeinsam eine Lösung herbeizuführen, hätten sie sich zusammengesetzt und einen Forderungskatalog an die Geschäftsführung erarbeitet. Das Verhältnis zwischen Geschäftsführung und Coaches vor dem Einschnitt wird von den Beteiligten – auch den Inhabern und Gesellschaftern – als freundschaftlich beschrieben. Doch in der Situation blocken die Geschäftsführer ab und bestellen die Trainer und Trainerinnen einzeln zum Personalgespräch in die Anwaltskanzlei einer Gesellschafterin des Gyms ein. Die Betroffenen lehnen dies ab, woraufhin die Geschäftsführung ihnen vorwirft, nicht ernsthaft gesprächsbereit zu sein. Die Kommunikation zwischen den Parteien spitzt sich mehr und mehr zu. Im November wenden sich die Betroffenen an die Gewerkschaft FAU, da noch Lohnansprüche sowie nicht bezahlte Überstunden und nicht bezahlter Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausstehen. Für die zugesandte Geltendmachung der ausstehenden Posten lässt das Gym die Zahlfrist verstreichen, die FAU organisiert daraufhin eine Kundgebung. Diese findet am 30. März vor dem Southpaw statt, um Druck auszuüben und auf die Zustände hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt haben bereits fünf ehemalige Coaches gekündigt, die Fronten sind verhärtet.


Box

Die Kundgebung habe Wirkung gezeigt, erzählen die Betroffenen. Viele Mitglieder des Gyms, die von der Auseinandersetzung vorher nichts mitbekommen hatten, wurden nun darauf aufmerksam gemacht. Auch die Geschäftsführung meldete sich mit einem persönlichen Gesprächsangebot bei der FAU. Trotzdem war eine Einigung nicht absehbar, die ehemaligen Trainer und Trainerinnen zogen nach und schalteten ebenfalls einen Anwalt ein, um den fortlaufenden Konflikt zu klären. Auf Nachfrage des kreuzers konstatieren die Inhaber des Gyms, erfasste Arbeitszeiten würden fehlen, weswegen die Ansprüche der Coaches teilweise nicht geklärt werden könnten. Zur Zeit des Redaktionsschlusses Mitte Juni wird noch korrespondiert. Die Betroffenen erzählen von einem unzufriedenstellenden Angebot seitens der Anwältin (die gleichzeitig Gesellschafterin der GmbH ist), das sie deshalb abgelehnt haben. Neben den ausstehenden Zahlungen wird von den Betroffenen vor allem eine manipulative und intransparente Kommunikation moniert. Die nächste Eskalationsstufe ist der Gang vor das Arbeitsgericht. Im Boxkampf wie im echten Leben gilt: Gibt es nach den vorgesehenen Runden im Ring keinen Sieger durch k. o., liegt es an den Punktrichtern, eine Entscheidung zu fällen.


Foto: FAU.


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