»Hier stehen 427 Salate.« – Stefan Korn weist auf die ordentlichen Reihen vor sich, in denen unter anderem Eichblattsalate und Mairübchen wachsen. Anderswo stehen Postelein, Radieschen und Spitzkohl im Beet. Noch sind die Pflanzen klein, ist zwischen ihnen viel Platz. Das Gemüse wächst im Norden von Leipzig, in Wiederitzsch, auf einer Fläche von gerade mal einem Viertelhektar. Hier arbeitet Stefan Korn nach dem Prinzip einer Marktgärtnerei: viel Handarbeit, standardisierte Beete, eine durchdachte Mikrolandwirtschaft. Er hat keine Sorten, die – wie Kartoffeln – viel Fläche oder große Geräte benötigen: »Marktgärtnerei heißt: Auf kleiner Fläche arbeite ich so effizient wie möglich.«
Diese Mikrolandwirtschaft nutzt Techniken aus der Landwirtschaft wie aus dem Gartenbau: »Ich erfinde das Rad hier nicht neu – in einem Kleingarten ist das ähnlich.« Stefan Korn steht auf seinem überschaubaren Areal und führt Handgeräte aus dem Schuppen vor, mit denen er seine neunzig Beete bearbeitet. Zum Beispiel eine ausgefeilte Sämaschine – mit ihr sät er etwa Karotten oder Red-Russian-Blattkohl. Wenn er mit der Markierwalze über das Beet gegangen ist, sieht er, wo er die Pflanzen hinsetzen muss. Eine Radhacke erleichtert die Pflege der Beete. Doppelgrabegabel und Tilther sorgen für einen aufgelockerten Boden ohne Umgraben, gedüngt wird mit Kompost: »Den Rest erledigen die Mikroorganismen.« Indem er auf mineralischen Dünger verzichtet, setzt Korn auf den organischen Prozess, was seiner Meinung nach einen zusätzlichen Vorteil hat: »Ich finde, dass das Gemüse einfach anders schmeckt.« Übrigens: Sowohl die Samen als auch die Jungpflanzen, die Korn verwendet, haben Bioqualität.
Was Korn erntet, wandert in kaltes Wasser und dann in den Kühlschrank. Der Strom dafür kommt von der Solaranlage, die auch noch Platz auf dem Grundstück findet. Korn vertreibt seine Ernte gekühlt und in Direktvermarktung: Achtzig Gemüsekisten verlassen jede Woche das Grundstück zu den drei Verteilstationen im Süden, Westen und Osten Leipzigs. Außerdem beliefert er etwa ein Dutzend gastronomische Betriebe im ganzen Stadtgebiet, darunter so beliebte Namen wie Zest, Mala, Fela, Hotel Michaelis, Vleischerei, Schwung und Schwebe, Cantona und Pekar. Für die Restaurants hat er einige speziellere Kulturen wie Gundelrebe oder Olivenkraut, außerdem Microgreens, Daikon-Rettich oder Melonengurken – Letztere, erklärt Korn, sehen aus wie Gurken und schmecken wie Melonen. Andere Besonderheiten in Korns Angebot sind Edelpilze, Ingwer, Szechuan-Pfeffer und essbare Blüten. Und: »Schnittsalat ist mein signature product. Das macht niemand sonst. Und er ist supergut.« Korn ist völlig begeistert. Abgeschnitten kann der Salat von unten nachwachsen, für einen weiteren Schnitt: »Was ich abschneide, muss nur noch gewaschen werden und ist fertig für den Verzehr.« Und es hält sich, so Korn, länger als andere Salate.
Vor zwei Jahren ist Stefan Korn hier mit 25 Arten gestartet, in diesem Jahr sind es 40 bis 45. Zum Gartenbau kam er über Umwege. Der Arbeits- und Organisationspsychologe war viele Jahre im Bildungsbereich tätig, orientierte sich dann aber neu. Über die Kleingärtnerei und eine Anleitung zum Gemüseanbau lief sein Quereinstieg in die Landwirtschaft nach den Prinzipien der Marktgärtnerei. Bei aller Effizienz auf Mikrolevel könnte ein bisschen mehr Platz dabei nicht schaden: »Eine Vergrößerung auf einen Hektar wäre nicht schlecht.« Derzeit bemüht sich Korn um Land bei der Stadt Leipzig, die mit ihrer Landwirtschaftsstrategie Biolandbau und Regionalität stärken möchte. Ein Hektar wäre eine Vervierfachung der Gemüsegärtnerei Korn. Dort gäbe es dann doppelt so viele Beete. Hecken würden die Fläche vor Wind schützen, Schatten spenden und für mehr Artenvielfalt sorgen. Korn denkt daran, Khakis und Feigen anzubauen. Und auf einer Streuobstwiese möchte er alte Apfelsorten kultivieren.
> Gärtnerei Korn, Bahnhofstr. 16, 04158 (Wiederitzsch), Tel. 01 76/21 45 93 46, www.gaertnerei-korn.de, Instagram: @gaertnereikorn