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Stadtleben

»Es geht um den authentischen Spaß am Spiel«

Susanne Wagner hat ihre Bachelorarbeit über Leipziger Spielplätze geschrieben

  »Es geht um den authentischen Spaß am Spiel« | Susanne Wagner hat ihre Bachelorarbeit über Leipziger Spielplätze geschrieben  Foto: Christiane Gundlach

Spielplätze sind für Kinder und Eltern ein wichtiger Ort – zum Spielen, Lernen, Ausprobieren. In Leipzig gibt es mehr als 300. Susanne Wagner hat in ihrer Kindheitspädagogik-Bachelorarbeit die pädagogische Qualität von 13 Leipziger Spielplätzen untersucht. Im Interview erklärt sie, woran es manchen mangelt, welche die besten sind und worauf Eltern achten sollten.

Was genau haben Sie in Ihrer Arbeit untersucht?

Ich habe mir verschiedene Faktoren angeschaut, etwa die Materialvielfalt der Spielplätze. Auch, zu welchen Bewegungen die Kinder animiert werden und wie anregend der Spielplatz für die einzelnen Sinne ist.


Was macht einen guten Spielplatz aus Ihrer Sicht aus?

Es ist hilfreich, wenn viele natürliche Elemente im Spielplatz verbaut sind, denn alles Belebte regt den Organismus des Menschen mehr an als zum Beispiel unbelebte Stahlkonstruktionen. Was selten auf Spielplätzen vorhanden ist, ist die Veränderbarkeit. Also, dass die Kinder dort ihre Selbstwirksamkeit erfahren und sich einbringen können. Zum Beispiel ist Sand zwar für kleine Kinder super zum Konstruieren, für Ältere aber eher nicht spannend. Für Kinder ist es auch gut, wenn sie Nischen oder Höhlen und somit auch »ihre Privatsphäre« haben. Außerdem ist es von Vorteil, wenn der Platz viel Freifläche bietet, so dass die Kinder nicht diesem ständigen Beobachtet-Sein und den Bewertungen der Erwachsenen ausgesetzt sind, sondern sich frei ausprobieren können. 
 

Wie schneiden denn die untersuchten Leipziger Spielplätze ab?

Insgesamt werden den Kindern doch viele Bewegungserfahrungen ermöglicht, auch durch installierte Geräte. Was aber zum Beispiel rausfällt, ist dieser Punkt der Veränderbarkeit. Auch gibt es wenig integrierte Spielplätze, wo es auch Geräte für Erwachsene gibt, nicht immer nur Sportgeräte.
 

Die Eltern sollen bestenfalls mitspielen?

Ich glaube, dann wäre auch die Wertschätzung für das kindliche Spiel mehr gegeben, dieses Anerkennen durch die Erwachsenenwelt, wie wichtig das Spiel für die Kinder ist – das ist ja eigentlich die Arbeit der Kinder. Ich habe den Eindruck, dass das oft so abgetan wird, nach dem Motto: »Ja, du spielst ja nur.« Aber da steckt so viel mehr drin, weil das Kind in seinem Spiel immer lernt.
 

Wie spielen Eltern denn am besten mit? Und was ist, wenn man keine Lust hat?

Ich glaube, dass Spielen bei uns sehr viel mit Konkurrenz gleichgesetzt wird. Aber wenn ich in einem Spiel gewinnen will, dann habe ich wieder eine Intention. Dabei ist die Freiwilligkeit im Spiel sehr wichtig und dass es eine Zweckfreiheit hat. Wenn Eltern jetzt nur mitspielen, weil sie es machen sollen und dabei gar keinen Spaß haben, dann sollten sie es lieber lassen. Es geht um den authentischen Spaß am Spiel. Und wenn ich den gerade nicht habe, dann würde ich ehrlich zu dem Kind sein und sagen: »Ich habe gerade keine Lust zu spielen.« Aber man kann sich vielleicht auch mal auf den Spaß am Spiel einlassen. 
 

Wenn man das als Erwachsener überhaupt noch kann …

Ja, ich merke das auch bei mir, es ist eine Herausforderung. Aber wenn mehr Erwachsene sich dieser Herausforderung stellen würden, käme auch generell wieder mehr Lebendigkeit in unsere Gesellschaft. Irgendwie ist alles so starr und wir müssen dies und das, überall Druck und Zwang. Und dann findet man nicht in ein freies Spielen. 
 

Die Superlativfrage: Welches sind denn die besten Spielplätze in Leipzig?

Der Spielplatz in der Fockestraße, weil er sehr viele natürliche Elemente bereithält. Da habe ich gesehen, dass die Kinder mit Stöcken und Steinen auch Dinge konstruiert haben – das ist eben aufgrund der Umgebung in diesem Waldstück möglich. Auch der Spielplatz am Herderplatz in Connewitz, da war vor allem der Punkt der Barrierefreiheit sehr schön eingearbeitet. 
 

In Ihrer Arbeit heißt es, dass Kinder eigentlich in der Natur am besten spielen können. Sollte man da nicht gleich raus aus der Stadt, wenn möglich?

Generell glaube ich schon, dass die Natur immer besser ist als der Spielplatz. Allerdings ist es für viele Familien auch gar nicht machbar, wenn man in der Stadt wohnt. Und außerdem kann ja ein Spielplatz auch ein Treffpunkt für die Kinder sein.
 

Was passiert eigentlich mit den Erkenntnissen Ihrer Arbeit?

Mal sehen. Ich habe neulich bei einer Bürgerbefragung in Gohlis mit zwei Frauen, die für die Planung und Umsetzung von Spielplätzen in Leipzig zuständig sind, E-Mail-Adressen getauscht. Die beiden schienen sehr engagiert und offen.
 

Ich brauche noch einen persönlichen Ratschlag: Mein Sohn fängt nach drei Schritten auf dem Spielplatz an, ewig im Sand zu bauen. Soll ich ihn zu anderen Aktivitäten bewegen oder ihn einfach machen lassen? 

Einfach machen lassen. Der macht sein Ding und das ist gut so. Kinder lernen unbewusst im Spiel. Wenn das Kind das irgendwann langweilig findet oder mit dem, was auch immer es da zu lernen hat, fertig ist, dann wird es ganz von allein anfangen, andere Dinge zu machen. Aber erst mal sind scheinbar Buddeln im Sand und Bauen gerade super. 


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