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Politik

18. September: Prunk, Protz und ein neuer Stadtrat

In feierlicher Atmosphäre nahm der neue Stadtrat seine Arbeit auf

  18. September: Prunk, Protz und ein neuer Stadtrat | In feierlicher Atmosphäre nahm der neue Stadtrat seine Arbeit auf

2019 trug sich noch der jetzige britische König Charles III. mit seiner Frau Camilla im Festsaal des Alten Rathauses ins goldene Buch der Stadt ein. Fünf Jahre später findet dort eine ähnlich hochkarätige Gruppe zusammen: Der neu gewählte Stadtrat trifft sich im holzvertäfelten, mit Leuchtern geschmückten Festsaal unter den Augen der Porträts von Leipziger Ratsherren, Bürgermeistern und Stadtrichtern, um sich für ihr Amt zu verpflichten. Eine Premiere.

Nach dem Auftritt des Thomanerchors tritt Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) ans Mikrofon. Auch der Schmuck um seinen Hals ist hochkarätig: Er trägt die 2,5 Kilo schwere, mit Malachiten geschmückte Leipziger Amtskette (18 Karat). Sie träfen sich im Alten Rathaus, um deutlich zu machen »auf welchen Schultern wir stehen«. 1905 zog der Stadtrat in das Neue Rathaus, woraufhin über den Abriss des Alten Rathauses diskutiert wurde. Mit 31 zu 31 stimmte der damalige Stadtrat für den Erhalt des Gebäudes (der Vorsteher des Stadtrats hatte eine doppelte Stimme). »Es kommt also auf die eine Stimme an«, mahnt der Oberbürgermeister.

Dann beglückwünscht er die neuen Stadträtinnen und Stadträte zur Wahl und bedankt sich, dass sie das Amt ausüben. »Sie haben sich ihr Ehrenamt wahrlich erkämpft«, sagt Jung. Denn die Atmosphäre sei aufgeheizter und polarisierter als in früheren Jahren gewesen. Um einer ähnlichen Stimmung im Stadtrat entgegenzuwirken, bittet Jung: »Arbeiten Sie, wenn es irgend geht, zusammen.« Mit elf Parteien und sieben Fraktionen ist der Rat vielfältiger als je zuvor – dazu gibt es keine klare Mehrheit. Das Leipziger Modell, wonach es keine festen Koalitionen gibt, sondern vor jeder Abstimmung eine Mehrheit gefunden wird, sei gefragt.

Jung ruft dazu auf »die Sorgen der Wählerinnen und Wähler im Bezug auf Asyl, den Ukraine-Krieg und sozialen Frieden ernst zu nehmen«. Dabei richtet er das Wort an die sieben Stadträte der neuen Fraktion des Bündnis Sahra Wagenknecht. »Ich werde nicht morgen gleich nach Moskau reisen«, aber er teile die Sorge um die Folgen des Krieges. Außerdem sei er froh, dass dieses Thema von einer Partei, »die sich im demokratischen Spektrum klar positioniert«, in die politische Diskussion eingebracht werde. Jung hofft aber auch darauf, dass der Stadtrat die humanitären Hilfen für die Ukraine weiter mitträgt.

Am Schluss seiner Rede wird Jung nochmal persönlich. Er habe sechs Stadtrats-Perioden erlebt – unterschiedlichster Art. Aber: »Wenn es um die Wurst ging, haben wir zusammengehalten.« Jung habe sich auf seinen Stadtrat verlassen können und das möchte er auch in Zukunft. »Lasst uns miteinander die großen Themen möglichst zum Wohle der Stadt miteinander vereinbaren und auf breite Schultern legen«, bittet der Oberbürgermeister den Stadtrat und »nicht 31 zu 31 abstimmen, damit das Rathaus stehen bleibt.«

Zum Abschluss fordert er die anwesenden Stadträtinnen und Stadträte zum Aufstehen auf. Im Chor wird die Eidesformel nachgesprochen und Leipzig hat einen neuen Stadtrat.


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